15.09.2004

Druckindustrie

Doch noch mit neuem GAV

Unter dem Strich keine Verbesserungen.

In der angeschlagenen Druckindustrie haben sich die Vertragspartner nach viereinhalb Monaten vertragslosem Zustand auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) geeinigt. Er bringt den rund 12'000 direkt Betroffenen höhere Mindestlöhne, aber auch tiefere Zuschläge.

Die Mindestlöhne werden ab Anfang 2006 in drei Stufen bis Anfang 2008 erhöht, wie der Branchenverband Viscom und die Gewerkschaften comedia und SYNA am Mittwoch bekannt gaben. Sie hatten am Vortag nach einem zwölfstündigen Verhandlungsmarathon in Bern eine Einigung erzielt. Ab 1. Januar 2008 sollen demnach Gelernte im ersten Berufsjahr einen Mindestlohn von 3700 Franken, ab fünften Berufsjahr von 4375 Fr. erhalten. Ungelernte verdienen neu mindestens 3300 Fr. und Maschinenführer ab viertem Berufsjahr 3500 Franken.

Die Arbeitnehmervertreter mussten aber auch Konzessionen machen. So werden die Zuschläge von 100 Prozent für Arbeiten am Samstagabend und vor Feiertagen bei unregelmässiger Schichtarbeit gestrichen. Und der gesetzliche Zeitzuschlag für Nachtarbeit von 10 Prozent kann neu mit dem GAV-Zuschlag von 100 Prozent verrechnet werden.

Kostenneutral ausfallen werden Änderungen bei der Finanzierung der Krankentaggeldversicherung. Insgesamt ist der neue GAV verglichen mit seinem Vorgänger etwa gleichwertig, wie es beim Viscom und den Gewerkschaften auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda hiess. Erfolglos blieben die Gewerkschaften dagegen mit ihren Forderungen nach Allgemeinverbindlichkeit und einer generellen Lohnerhöhung. Zuletzt hatten die Arbeitnehmervertreter noch "minimale 30 Franken." mehr Lohn verlangt. Auch der Kündigungsschutz wird nicht verbessert.

Gemessen am "Abbauprogramm des Viscom vom Januar" haben die Arbeitnehmer nach Ansicht der comedia aber "eine Abwehrschlacht gewonnen". Die Gewerkschaften seien vor der Wahl gestanden, mit leeren Händen dazustehen oder das bestmögliche am Tisch zu erzielende Ergebnis auszuloten und dies zur Abstimmung vorzulegen.

Ob sich die Angestellten mit dem Ergebnis begnügen, wird sich bei den Abstimmungen im Spätherbst zeigen. In Kraft treten würde der neue GAV dann voraussichtlich auf Anfang 2005. Er soll vier Jahre gelten. Der alte GAV war Ende April ausgelaufen. Die Verhandlungen für eine Verlängerung scheiterten und die beiden Gewerkschaften kündigten Kampfmassnahmen an.

Mitte Juni demonstrierten rund 1000 Personen in Solothurn anlässlich einer Delegiertenversammlung des Viscom für bessere Arbeitsbedingungen. In verschiedenen Städten fanden zudem Warnstreiks statt. Für den Herbst drohten die Gewerkschaften mit einem landesweiten Streik.


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