02.10.2019

25 Jahre TeleZüri

Ein TV-Pionier feiert Geburtstag

Vor 25 Jahren ging der Regionalfernsehsender erstmals auf Sendung. Der von Medienpionier Roger Schawinski gegründete Sender war in mehrfacher Hinsicht revolutionär und veränderte die Schweizer Fernsehlandschaft. Videojournalismus war damals neu.
25 Jahre TeleZüri: Ein TV-Pionier feiert Geburtstag
Gründete TeleZüri: Roger Schawinski, aufgenommen 1994. (Bild: Keystone)

Als erster Sender in der Schweiz setzte TeleZüri auf ein stündlich wiederholtes, einstündiges Programm aus News und Talk und arbeitete kostengünstig mit Videojournalisten statt mit den damals üblichen dreiköpfigen TV-Equipen. Das Konzept wurde von den meisten Regionalsendern später kopiert und ist bis heute «State of the Art» bei Schweizer Regional-TV-Sendern.

TeleZüri ging am 3. Oktober 1994 erstmals auf Sendung. Videojournalismus war damals neu für die Schweiz. Es war für einmal nicht Roger Schawinskis eigene Erfindung, sondern er entdeckte das Konzept beim New Yorker Stadtsender NY1 und adaptierte es für Zürich. In Windeseile rekrutierte Schawinski 15 junge Leute und bildete sie in nur zwei Monaten zu Videojournalisten aus.

Matthias Ackeret, Videojournalist der ersten Stunde und heutiger Verleger von «persönlich» und persoenlich.com, erinnert sich gegenüber Keystone-SDA: «Keiner von uns hatte vorher je eine Kamera in der Hand gehabt. Plötzlich hatte ich drei Berufe: Journalist, Kameramann und Tontechniker.» Natürlich habe man am Anfang Lehrgeld bezahlen müssen, sagt Ackeret: «Es gab unscharfe Bilder, unschöne Quadragen und Interviews von unten in die Nasenlöcher gefilmt.»

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Anfänglich wurden die Videojournalisten noch belächelt, doch sie wurden schnell besser und zur ernsthaften Konkurrenz für die SRG. Oftmals waren sie schneller vor Ort und flexibler einsetzbar. Heutzutage arbeiten nicht nur praktische alle Regionalfernsehsender mit Videojournalisten, sondern auch beim Schweizer Fernsehen kommen sie immer häufiger zum Einsatz.

Wiederholschleife als Erfolgsfaktor

Ungewohnt war beim Start auch das Programmschema. TeleZüri bot kein Vollprogramm, sondern lediglich eine Stunde Programm, das stündlich wiederholt wurde. Die Kernelemente sind bis heute gleich geblieben: Eine tägliche Newssendung und eine halbstündige Talkshow. Alternativ ein Unterhaltungsformat wie «Lifestyle». Das Wiederholungsprinzip wurde zur eigentlichen DNA des Senders. «Die Stundenschlaufe war ein massgeblicher Erfolgsfaktor», sagt Markus Gilli, langjähriger Chefredaktor und Programmleiter des Senders, zu Keystone-SDA. «Planbarkeit ist für die Zuschauer ganz wichtig. Fernsehschauen hat viel mit Gewohnheiten zu tun.»

Heute erreicht TeleZüri mit seinen Sendungen nach eigenen Angaben täglich fast 300'000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Das Flaggschiff «ZüriNews» erreichte in der ersten Jahreshälfte 2019 durchschnittlich 137'000 Zuschauer. Der Marktanteil für die Erstausstrahlung um 18 Uhr beträgt im Grossraum Zürich 15,3 Prozent.

Neue Stilmittel

TeleZüri prägte die Schweizer Fernsehlandschaft sowohl inhaltlich als auch stilistisch. Die Newssendungen fokussieren bis heute vor allem auf die drei P: Polizei, Politik und Prominenz – wobei Blaulichtgeschichten einen besonders hohen Stellenwert haben.

Neu für die Schweiz waren beim Start nicht nur die Boulevardthemen, sondern auch die Tatsache, dass bei TeleZüri oft «der kleine Mann von der Strasse» zu Wort kam. Strassenumfragen und Zeugenaussagen wurden zu einem prägenden Stilmittel des Regionalfernsehjournalismus.

«Die SRG merkte schnell, da kommt etwas Frisches, Dynamisches, das auch etwas den Zeitgeist widerspiegelte», sagt der ehemalige VJ Matthias Ackeret. «Das beeinflusste auch die Themenwahl und die Art der Berichterstattung beim Schweizer Fernsehen.»

Wechselnde Besitzer

TeleZüri gehörte anfänglich zu je einem Drittel Ringier, Tamedia und Roger Schawinskis Belcom. 2001 verkaufte Schawinski den Sender zusammen mit Radio 24 für 92 Millionen Franken an Tamedia. 2011 reichte Tamedia den Sender für eine unbekannte Summe an Peter Wanners AZ Medien weiter.

Zusammen mit Tele M1 und TeleBärn bildet TeleZüri seither eine Sendergruppe, die eng miteinander kooperiert. Mit dem Joint Venture von AZ Medien und der NZZ-Mediengruppe sind neu auch die NZZ-Sender TVO und Tele1 in dieser Gruppe. Hinzu kommen die nationalen Sender TV24, TV25 und S1, die ebenfalls aus den Studios von TeleZüri im Zürcher Steinfels-Areal produziert werden.

Neue Konkurrenz

TeleZüri und andere Lokalsender sind längst nicht mehr die einzigen Anbieter von regionalen Videobeiträgen. Die grossen Onlineportale wie auch die Agentur Keystone-SDA haben heute ihre eigenen Videoabteilungen. Diese Konkurrenz spürt auch TeleZüri. «Der Druck steigt von Tag zu Tag, früher waren wir die ersten, die um 18 Uhr über einen schweren Unfall berichteten», sagt Markus Gilli, «heute sind die Videobilder schon kurz nach dem Ereignis online zu sehen. Also müssen wir unseren Zuschauern am Abend mehr bieten können als die anderen». Auch bei Stellenausschreibungen spüre man zunehmend die Konkurrenz: «Ausgebildete Videojournalisten mit Erfahrung sind gesucht.»

Digital in die Zukunft

Um der Konkurrenz der Onlineportale Paroli zu bieten, baut auch TeleZüri zusammen mit den Partnersendern das Video-Onlineangebot laufend aus. Markus Gilli: «TV wird auch in den nächsten Jahren noch lange ein Abendmedium sein, aber sicher kein Tagesmedium. Wir müssen unsere Inhalte auch auf weiteren Kanälen verbreiten.»

Trotz des digitalen Wandels bleibt Gilli überzeugt: «Gerade in einer globalisierten Welt spielt die Region, in der man lebt, eine zentrale und zunehmend wichtigere Rolle.» Die Rolle von TeleZüri wird also bleiben, die Verbreitungswege werden sich in den nächsten 25 Jahren aber wohl ändern. (sda/cbe)



In der Oktober-Ausgabe von «persönlich» erscheint eine Bildstrecke zu 25 Jahre TeleZüri.

Lesen Sie auch das Interview mit Markus Gilli.



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Kommentare

  • Victor Brunner, 03.10.2019 08:25 Uhr
    In den letzten 40 Jahren gab es in der Schweiz nur 3 wirkliche Pioniere, Spuhler, Hayek und eben Schawinski! Die Werke von Spuhler und Hayek wirken, die Werke von Schawinski sind durch Besitzerwechsel bis zur Unkenntlichkeit eingedampft, Tele Züri ist Tele Mittelland, je grösser die Region je langweiliger, Radio 24 müht sich und wird zum Sender die auch nach 3x zuhören nichts verstehen, dann wiederholen die ModeratorInnen halt 4x.
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