11.01.2023

Höhle der Löwen

«Eine sauberere Berichterstattung wäre angebrachter gewesen»

Was ist dran an den Vorwürfen vom SonntagsBlick gegen die TV-Sendung «Die Höhle der Löwen Schweiz»? persoenlich.com hat nachgefragt bei Roger Elsener, Geschäftsführer Entertainment und Mitglied der Geschäftsleitung von CH Media.
Höhle der Löwen: «Eine sauberere Berichterstattung wäre angebrachter gewesen»
«Ich sehe den Artikel nicht als ‹mediale Attacke›», sagt Roger Elsener zum Bericht vom SonntagsBlick. (Bild: CH Media)
von Matthias Ackeret

Herr Elsener, der SonntagsBlick behauptete in seiner letzten Ausgabe, manche Gründer, die sich in der Sendung «Höhle der Löwe» präsentieren, fühlten sich im Nachhinein «geprellt». Warum entstand dieser Eindruck?
Der SonntagsBlick hat die Tatsache aufgebauscht, dass Deals, welche in der Sendung geschlossen wurden, im Nachhinein noch scheitern können, und daraus eine typische Boulevardgeschichte gemacht. Dieselbe Geschichte wurde so oder ähnlich auch schon früher in der Schweiz und in anderen Ländern gebracht, in denen das Format «Höhle der Löwen» ausgestrahlt wird. Von «TV-Beschiss» oder einer «Hölle der Löwen» kann aber keine Rede sein. Der SonntagsBlick hat zudem einen arg unseriösen Titel gewählt. Der Gründer des Modelabels «Finelli», Khawar Awan, der im Text prominent vorkommt, hat sich im Anschluss an den Artikel selbst auf Social Media geäussert und sich vom Blick-Text distanziert. Ebenso Lukas Speiser, welcher als Löwe bei diesem Deal im Lead war.

Hatten Sie nachträglich persönlichen Kontakt mit den Betroffenen?
Mein Team war und ist sowohl mit Khawar Awan als auch mit den Löwen in Kontakt. Generell pflegen wir einen guten Austausch mit Protagonisten aus unseren Sendungen.

Was hat es mit den «knüppelharten» Verträgen auf sich, die die pitchenden Gründer angeblich unterzeichnen müssen?
Bei den Verträgen zwischen den Start-ups und 3+ handelt es sich um normale Protagonistenverträge, die unsere Rechte sichern, die Sendung ohne Einflussnahme von Dritten zu schneiden, zu vertonen und auf 3+ sowie Oneplus auszustrahlen. Zudem werden die Rechte des Formatgebers Sony geschützt. Die Gründer dürfen zum Beispiel nicht einfach ungefragt das Label von «Höhle der Löwen» auf ihren Produkten verwenden. Dies alles ist nicht «knüppelhart», sondern ganz normal.

«Wir nehmen keinen Einfluss auf die Deals»

Stimmt der Vorwurf, wonach viele Deals im Nachhinein scheitern? Und bei denjenigen, die nicht scheitern, dauere es sehr lange, bis Geld an die Gründer fliesse?
Der grundsätzliche Vorwurf ist, dass Deals nach Ausstrahlung der Sendung noch platzen können. Wenn ein Deal platzt, dann meistens in der sogenannten Due-Diligence-Phase, die nach der Produktion der Sendung ansteht und die mit 3+ nichts zu tun hat. Denn diese Phase findet ausschliesslich zwischen Gründern und den Löwen statt. Due Diligence steht für die sorgfältige Prüfung des Unternehmens, in das investiert werden soll. Hier können einige Deals noch scheitern. Es kann übrigens durchaus auch vorkommen, dass die Gründer in der Due Diligence noch aussteigen. Es kommen aber deutlich über 50 Prozent aller Deals zustande – in unserer Sendung im Übrigen wesentlich mehr als im internationalen Vergleich. Das hat mit einem «TV-Bschiss» oder «Hölle der Löwen» nichts zu tun – das ist ein ganz normaler Vorgang bei Investitionen in Start-ups. In den konkret angesprochenen Fällen ist alles korrekt vonstattengegangen. Es ist aber natürlich verständlich, dass die Start-ups enttäuscht sind, wenn ihr Deal im Nachgang zur Sendung platzt. Wie aber der Fall von «Finelli» auch zeigt: Ein gutes Start-up findet seinen Weg zum Erfolg, wenn manchmal auch über Umwege.

Wie lange dauert eine solche Due-Diligence-Phase jeweils?
Das ist unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Im Fall von «Finelli» dauerte diese mehrere Monate. Dieser Prozess kann aber auch bereits nach wenigen Wochen abgeschlossen sein, wenn sich ein Unternehmen beispielsweise erst im Gründungsprozess befindet.

Wie verläuft so ein Deal bei «Die Höhle der Löwen Schweiz»?
Die Gründer treten im Studio vor die Löwen, dort sehen diese die Start-ups zum ersten Mal. Danach haben die Unternehmen rund drei Minuten Zeit, ihren Pitch zu präsentieren. Anschliessend erfolgen eine Fragerunde und eventuelles Verhandeln, danach kommt es entweder zu einem Deal oder eben nicht. Nach der Sendung folgen Folgegespräche, Kennenlernen sowie der erwähnte Due-Diligence-Prozess.

Geht es CH Media bei «Die Höhle der Löwen Schweiz» in erster Linie um gute Einschaltquoten?
Wir zeigen den Pitch-Prozess von Start-ups und bieten der vielfältigen Schweizer Gründerszene auf 3+ und auf unserem Streamingdienst Oneplus eine prominente Plattform. Wir nehmen keinen Einfluss auf die Löwinnen und Löwen und deren Deals. Nichtsdestotrotz freuen wir uns über jeden geschlossenen Deal. Auch unsere Zuschauerinnen und Zuschauer freuen sich über Deals, entsprechend wirken sich Deals positiv auf die Einschaltquoten aus.

Wie stark werden die Unternehmen unter die Lupe genommen, bevor sie an der Sendung teilnehmen können?
Jedes potenzielle Start-up durchläuft bei 3+ ein sehr gründliches, intensives und mehrstufiges Casting-Verfahren. Dies gilt übrigens für alle unsere TV- und Streamingformate.

«Solche Titelgeschichten bringen uns eine breite Medienpräsenz»

Fürchten Sie nach diesem medialen «Sturm» um den guten Ruf der TV-Gründershow?
Nein, definitiv nicht. Selbstverständlich freut es uns nicht, wenn wir medial in ein negatives Licht gerückt werden. Im aktuellen Fall sind die Aussagen allerdings derart haltlos, weshalb nicht nur wir uns als Sender, sondern auch der besagte Gründer mit seiner Richtigstellung klar davon distanzierten. Am Ende bringen uns solche Titelgeschichten auch eine breite Medienpräsenz, was der Bekanntheit des Formats hilft. Es ist fast ein bisschen schade, dass die nächste Staffel von «Höhle der Löwen» erst wieder im Herbst 2023 ausgestrahlt wird. Ich würde wetten, dass wir aktuell einen regelrechten Marktanteilshöhenflug erleben würden.

Was ist Ihrer Ansicht nach der Grund für diese mediale Attacke?
Boulevardjournalismus lebt von süffigen Geschichten. Ich sehe diesen Artikel nicht als «mediale Attacke». Eine weniger reisserische und sauberere Berichterstattung wäre hier angebrachter gewesen, ansonsten hätten sich ja nicht sowohl der Gründer als auch der Löwe vom Artikel distanziert. 

Planen Sie rechtliche Schritte?
Nein.

Wie waren die Reaktionen auf die Presseberichte?
Wir haben viele Reaktionen auf den Bericht erhalten. Auch von vielen Kandidatinnen und Kandidaten, die an der Show teilnahmen, und uns unterstützen. Eine Reaktion fand sogar den Weg in den Blick.  



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