20.08.2018

Tamedia kündigt SDA-Sport

Entscheid kommt mitten in der Transformation

Keystone-SDA bedauert den Entscheid des Zürcher Medienkonzerns. Tamedia arbeitet künftig verstärkt mit dem Computerprogramm «Tadam». Auf künstliche Intelligenz setzt auch die Nachrichtenagentur. Ob es zu einem Stellenabbau kommt, bleibt offen.
Tamedia kündigt SDA-Sport: Entscheid kommt mitten in der Transformation
Hat die Sportredaktion von Keystone-SDA bald weniger Arbeit? Hier auf dem Bild aus dem Jahr 2005 war allerdings ein Stromausfall schuld, dass der Sport-Journalist die Beine hochlagern konnte. (Bild: Keystone/Laurent Gillieron)

Keystone-SDA ist von der Tamedia-Kündigung des SDA-Sportdienstes auf dem falschen Fuss erwischt worden. Tamedia verzichtet ab dem 1. Januar 2019 auch in der Deutschschweiz auf die Sportberichte von Keystone-SDA. «Wir haben den Vertrag mit SDA-Sport in der Deutschschweiz per 31. Dezember 2018 gekündigt, wie wir es in der Suisse romande per 30. Juni gemacht haben», so Tamedia-Sprecher Patrick Matthey am Donnerstag (persoenlich.com berichtete).

Kündigung noch nicht eingetroffen

Keystone-SDA hat aus den Medien von der Kündigung erfahren. Schriftlich auf dem Tisch liegt sie nicht. Aber: «Es war im Rahmen der kontinuierlichen Kundengespräche und Vertragsverhandlungen schon länger bekannt, dass Tamedia Romandie den Sportdienst der Keystone-SDA im Sinn eines Tests per Mitte 2018 nicht mehr erneuert», sagt der von Keystone-SDA eingesetzte Kommunikationsberater Iso Rechsteiner zu persoenlich.com. «Dass Tamedia nun offenbar auch in der Deutschschweiz auf das Angebot verzichten möchte, ist auf Grund des früheren Entscheids in der Romandie nachvollziehbar. Allerdings bedauern wir diesen Entscheid.»

Die Kündigung von Tamedia – nach der österreichischen Agentur APA zweitgrösste Aktionärin von Keystone-SDA – kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt. «Der Entscheid trifft das Unternehmen in einer Transformationsphase, die ohnehin von grossen Umwälzungen gekennzeichnet ist», so Rechsteiner. Was das ab 1. Januar für die 18-köpfige Sportabteilung von Keystone-SDA bedeutet, kann noch nicht abgeschätzt werden. «Im Moment ist es zu früh, um konkrete Massnahmen daraus abzuleiten.»

So bleibt unklar, ob die Kündigung einen Stellenabbau bei der Nachrichtenagentur zur Folge haben wird. Und falls ja: Wie würde eine gleichbleibende Qualität für andere Kunden des Sportdienstes gewährleistet werden? Auch diese Frage kann Rechsteiner zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Ausgeschlossen ist ein Stellenabbau jedoch nicht, sagte doch der neue Verwaltungsratspräsident von Keystone-SDA, Ueli Eckstein, Mitte Juli in einem persoenlich.com-Interview: «Für mich ist – im Gegensatz zu anderen – keine Stelle auf die nächsten hundert Jahre fixiert.»

«Tadam» unterstützt Journalisten

Tamedia setzt künftig verstärkt auf das redaktionsinterne Recherche-Werkzeug «Tadam» («Tamedia Data Mining»). Dieses ist seit dem 1. Juli bereits in der Westschweiz im Einsatz, ab 1. Januar soll «Tadam Sport» auch beim Sportcenter-Team in Zürich genutzt werden.

«Tamedia hat sich entschlossen, in die Technologie von ‹Tadam› zu investieren. SDA-Sport wurde gekündigt, weil es diesen Dienst wegen dem Einsatz von ‹Tadam› nicht mehr braucht», sagt Arthur Rutishauser, Chefredaktor Tamedia Deutschschweiz, am Freitagabend zu persoenlich.com. «Tadam» greife die Sport-Resultate automatisiert ab.

«Allerdings ersetzt ‹Tadam› nicht alles, Meldungen müssen noch immer von Hand geschrieben werden.» So brauche es rund fünf Journalisten, um die Leistungen der SDA-Sportredaktion zu ersetzen. Trotzdem: Ohne Abbau geht oder ging es dennoch nicht. «Durch die Zusammenlegung der Mantelredaktionen von Tagi-Bund, ‹Berner Zeitung› und den Zürcher Regionalzeitungen wurden auch hier Synergien freigesetzt», so Rutishauser weiter.

Unveränderter Umfang

Online würden zurzeit «rund die Hälfte» der Sportmeldungen der Tamedia-Produkte in der Deutschschweiz von Keystone-SDA stammen, wird ein Agenturmitarbeiter in einem Bericht der «TagesWoche» zitiert. Rutishauser dementiert: «Nein, sicher nicht vom Umfang her. Das lässt sich täglich überprüfen.» Er stellt in Aussicht, dass die Sportteile ab dem 1. Januar in unverändertem Umfang erscheinen werden. Auch ohne Keystone-SDA. Aber mit Unterstützung von «Tadam».

Eine Lösung wie «Tadam» sieht Keystone-SDA übrigens nicht als Bedrohung. «‹Tadam› ist eine interessante Stossrichtung. Keystone-SDA sei auch daran, die Automatisierung im Sportbereich voranzutreiben», sagt Sprecher Rechsteiner. Bereits an der Medienkonferenz im Mai wurde dies angekündigt. Damals hiess es, Keystone-SDA wolle auf künstliche Intelligenz setzen. Ab dem 1. Januar werden die Sportredaktoren weniger Sportresultate selber abtippen müssen. Der Computer übernimmt diese Arbeit. Wie bei Tamedia.

 


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren