22.01.2018

SDA

Führung lehnt Forderungen ab – Redaktion kündigt Streik an

Die Chefetage der Nachrichtenagentur bleibt hart. 35,6 Vollzeitstellen werden abgebaut. Ein Grossteil der Kündigungen wird bis Ende Monat ausgesprochen. «Stufe eins wird nun gezündet», sagt der Reko-Sprecher. Mit sich sprechen lässt die SDA über den Sozialplan.
SDA: Führung lehnt Forderungen ab – Redaktion kündigt Streik an
SDA-Mitarbeiter in der Redaktion in Bern im Jahr 2012. (Keystone/Gaetan Bally)
von Michèle Widmer

Nach den Protesten von letzter Woche ist es bei der Nachrichtenagentur SDA am Montag zu Gesprächen zwischen der Führung und der Redaktionskommission gekommen. Am Vormittag diskutierten die Parteien über die Forderungen der Redaktion. Für die Redaktionskommission ist die Sitzung nicht so verlaufen, wie erhofft.

«Bei den wichtigsten Forderungen gab es kein Entgegenkommen der Führung», sagt eines der zehn Mitglieder der Redaktionskommission auf Anfrage von persoenlich.com. Der Abbau von insgesamt 35,6 Vollzeitstellen werde vollzogen. Ein Grossteil der Kündigungen werde bereits bis Ende Monat ausgesprochen. Zudem würden die Teams der Inland- und Auslandredaktion wie angekündigt zusammengelegt. Und die Wirtschaftsberichterstattung an die Nachrichtenagentur AWP ausgelagert.

«Stufe eins wird gezündet»

SDA-CEO Markus Schwab erklärt im «Echo der Zeit», warum er nicht auf die Hauptforderung nach mehr Zeit hat eingehen können. «Jeder Monat der ins Land zieht kostet uns zwei Millionen mehr», sagt er gegenüber der SRF-Radiosendung.

Nun wird die Auseinandersetzung zwischen Redaktion und Führung wohl eskalieren. «Stufe eins wird in den kommenden Tagen gezündet», sagt Sebastian Gänger, Sprecher der Redaktionskommission in der Sendung. Die Redaktionsversammlung habe vergangene Woche ohne Gegenstimme einen Warnstreik beschlossen. Genaueres will er nicht bekannt geben.


Den Umständen entsprechend erfreulich war das zweite Treffen am Nachmittag. Die Führung hat sich bereit erklärt, den Sozialplan im Beisein der Gewerkschaften auszuarbeiten. «Diese Gespräche werden nun weitergeführt», sagt das Reko-Mitglied.

Anonyme Information auf Twitter

Auch am Montag wurde auf Twitter rege über den Abbau bei der SDA diskutiert. Seit Freitag ist der Twitter-Account Inside SDA/ATS aktiv. Analog dem Beispiel von Inside Tamedia werden anonyme Informationen über die internen Ereignisse bei der Nachrichtenagentur veröffentlicht. Bereits nach drei Tagen hat der Account über tausend Follower. Am Nachmittag wurden diese über das Ergebnis der Gespräche informiert.



Vor zwei Wochen hatte die SDA angekündigt 40 von insgesamt 150 Stellen abzubauen (
persoenlich.com berichtete). In den darauffolgenden Tagen wurde klar, dass dies schneller als mitgeteilt vonstatten gehen soll. Der Grossteil der Kündigungen soll noch in diesem Monat ausgesprochen werden. Die SDA-Redaktion ist mit Forderungen an die Führung gelangt und hat sich in einem offenen Brief an den Bundesrat und die Regierung gewendet (persoenlich.com berichtete). Bundesrätin Doris Leuthard kündigte bereits an, nicht zu intervenieren. Sie argumentiert damit, dass der Bund nicht Aktionär der privaten Agentur ist. (persoenlich.com berichtete).

Bundesrat muss Klarheit schaffen

Dennoch werden weitere Forderungen an die Politik laut. SP-Politiker Matthias Aebischer stört sich daran, «dass die SDA zu einem Renditeobjekt getrimmt werden soll», wie er gegenüber dem «SonntagsBlick» (Artikel online nicht verfügbar) sagte. Die Lösung sieht der langjährige SRF-Journalist in einem stärkeren Engagement des Staates. Der Bundesrat müsse nun rasch Klarheit schaffen, in welchem Umfang er sich bei der SDA engagieren werde, sagte er weiter.

Laut SoBli fordert Aebischer in einem Vorstoss die Landesregierung auf, Pläne zu schmieden, um «die qualitativ hochstehende Arbeit» der Agentur zu garantieren. Der SP-Politiker möchte vom Bundesrat zudem wissen, ob sich dieser an einer «neuen, gewinnorientierten Depeschenagentur beteiligen würde». Das Sprachengesetz würde ein stärkeres Engagement des Bundes ermöglichen. Allerdings müsste die SDA dann von ihrem Ziel abrücken, ihre Aktionäre mit einer Dividende zu beglücken.

Bund soll SDA-Beiträge erhöhen

Auch der Verein Medien für alle hat an der Vorstandssitzung über die Lage der Nachrichtenagentur diskutiert. Der nationale Vereinsvorstand bittet den Bund und insbesondere das Uvek, die öffentlichen Beiträge an die SDA zu erhöhen, damit diese ihre Service-public-Leistungen gegenüber den schweizerischen Presseorganen weiterhin erbringen kann. Auf diese Weise könnte sich die SDA als nicht-gewinnorientiertes Unternehmen konstituieren und dadurch ihre Service-public-Funktion klar definieren, heisst es in einer Mitteilung dazu.

Damit eine öffentliche Subvention des SDA auch wirklich der Allgemeinheit zugute kommt, «statt die Gewinnausschüttungen privater und internationaler Financiers zu erhöhen», schlägt Medien für alle vor, dass sich die Unterstützung des Bundes zunächst auf die zahlreichen kleineren Titel richtet, die in den vergangenen Jahren auf ihr SDA-Abonnement verzichten mussten und ihnen dadurch die vollständige oder teilweise Rückerstattung ihres Beitrags an das neue Tarifsystem der SDA garantiert. So will Medien für alle sicherstellen, dass mit einer öffentlichen Unterstützung auch die kleinen Unternehmen, die das Land medial versorgen, von den Leistungen der SDA profitieren.



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