von Christian Beck
«Schon wieder?», mögen sich treue Zuschauerinnen und Zuschauer von SRF 1 fragen, wenn sie das TV-Programm dieser Woche studieren. Am Dienstag werden statt Krimi und «Kassensturz» gleich drei Folgen von «The Pressure Game – Im Herzen der Schweizer Nati» ausgestrahlt. Und am Donnerstag muss beispielsweise «Einstein» weichen – stattdessen gibt es erneut drei Folgen der sechsteiligen Fussball-Doku-Serie.
«The Pressure Game» ist eine SRG-Serie, in 95 Drehtagen umgesetzt von der Zürcher Produktionsfirma Stories und der Filmkommunikationsagentur Freshcom. Die ersten drei Folgen werden zeitgleich auf den ersten TV-Programmen in der Deutschschweiz (SRF 1), der Romandie (RTS 1) und im Tessin (RSI LA 1) ausgestrahlt. Am Dienstagabend sind alle sechs Folgen auch auf der Streaming-Plattform Play Suisse verfügbar.
«Wir wollen dem Publikum die Möglichkeit geben, die sechsteilige Serie auch linear innerhalb weniger Tage mitverfolgen zu können und damit hautnah an den Einblicken ins Innerste der Schweizer Männer-Fussball-Nationalmannschaft teilzuhaben», sagt ein SRF-Sprecher auf Anfrage von persoenlich.com. Deshalb würden sogenannte Struktursendungen an diesen Abenden ausfallen. «Gleiches galt für die Ausstrahlung von ‹Neumatt› und ‹Der Schwarm›», heisst es bei SRF weiter.
Die achtteilige Thriller-Serie «Der Schwarm» wurde an vier aufeinanderfolgenden Abenden auf SRF 1 ausgestrahlt; nicht etwa auf SRF zwei, wo sonst Serien – und auch Sportübertragungen – ihren Stammplatz haben. «Um ein möglichst breites Publikum zu erreichen, zeigen wir die internationale Koproduktion ‹Der Schwarm› in der Primetime auf SRF 1», sagte Baptiste Planche, Leiter Fiktion, Anfang März. Doch dies sorgte auch für Kritik. Das Stammpublikum vermisste die vertrauten Sendungen (persoenlich.com berichtete).
«Bei vielen Sendern zu beobachten»
Dass klassische TV-Sender im linearen Programm ihre Strukturen zeitweise durchbrechen, könnte zur Normalität werden. «Doppelfolgen in zeitig schneller Abfolge im linearen TV auszustrahlen, ist ein Trend, der bei vielen Sendern zu beobachten ist», sagt Matthias Fehr, Head of Marketing Communications bei Admeira. Der TV-Vermarkter ist exklusiver Partner der SRG, hat aber auch private Sender im Portfolio. Von persoenlich.com angefragte Privatstationen wollten sich nicht zum Thema äussern.
Mit dieser Art der Programmierung werde dem aktuellen Sehverhalten der Zuschauer Rechnung getragen, meint der Fernsehexperte weiter. Fehr: «Bei Serien mit horizontaler Erzählstruktur scheint es immer schwieriger, ein Publikum über mehrere Wochen an eine Serie zu binden.» In der Serien-Dramaturgie unterscheidet man zwischen horizontalem und vertikalem Erzählen. Vertikale Erzählstränge werden in einer einzelnen Folge behandelt, horizontale ziehen sich über eine ganze Serie hinweg.
«Beispielhaft dafür ist auch die vermehrte Nutzung von Binge-Watching», sagt Matthias Fehr von Admeira. Binge-Watching beschreibt das Schauen mehrerer Folgen einer Serie am Stück – also ein eigentlicher Serienmarathon. Ein Trend, dem SRF mit der eng getakteten Programmierung entgegenkommen wollte («Der Schwarm») und entgegenkommen will («The Pressure Game»).
Vorteile für Werbekunden
Doch: Auch wenn es einige Stammzuschauer in die Flucht schlagen könnte: «Für Werbekunden bietet diese Art von Programmierung den grossen Vorteil, in einem kurzen Kampagnenzeitraum homogene Zielgruppen zu erreichen», so Fehr.
Bei SRF scheint aber nach «The Pressure Game» vorläufig wieder Ruhe einzukehren. «Kassensturz»- und «Einstein»-Fans kommen bald wieder auf ihre Kosten. Wie es bei SRF heisst, seien im nächsten halben Jahr keine weiteren solche Serienevents geplant.
Kommentare
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Victor Brunner, 21.03.2023 07:46 Uhr
SRF hat 3 Sender, 2 mit permanenten Wiederholungen. «The Pressure Game – Im Herzen der Schweizer Nati» gehört auf SRF 2 oder 3. Mit dem Serienterror beugt sich SRF der Werbewirtschaft. Nichts gelernt vom "Schwarm" wo die Zuschauerzahlen einbrachen!