06.07.2004

"Hans-Peter Rohner, warum NZZ statt Tamedia?"

Was veranlasst PubliGroupe, Beteiligungen an Zürichsee-Zeitung und Zürcher Unterländer zu verkaufen? Immerhin gibt sie damit als Vermarkterin ein nicht zu unterschätzendes Pfand aus der Hand. Wird PubliGroupe fortan sukzessive Beteiligungen verkaufen, um im Gegenzug die Pacht aller grossen Titel zu erhalten? Beginnt eine Konsolidierungswelle, an deren Ende ein paar wenige Verlagshäuser die gesamte Schweizer Presselandschaft kontrollieren? "persoenlich.com" hat mit Hans-Peter Rohner (Bild) gesprochen, dem CEO der PubliGroupe. Das Interview:
"Hans-Peter Rohner, warum NZZ statt Tamedia?"

Sie kooperieren seit heute mit der NZZ. Was steckt hinter diesem Schachzug?

Wir kooperieren schon sehr lange mit der Neuen Zürcher Zeitung. Auf Aktionariatsstufe unterhalten wir Beziehungen, seit wir den Einstieg beim St. Galler Tagblatt ebneten. Mitte der Neunzigerjahre waren wir dann mitverantwortlich für den Einstieg der NZZ beim Bund. Verstärkte Verbindungen bestehen zudem neuerdings in Luzern, allerdings ohne unser Zutun. Der heute angekündigte Schritt ist also eine Weiterentwicklung von schon bestehenden, vielschichtigen Kooperationen.

Auch der Tages-Anzeiger möchte in der Region Zürich zulegen. Warum haben Sie beim Verkauf Ihrer Beteiligungen der NZZ den Vorrang gegeben?

Die Sache ist nicht so einseitig, wie Sie sie darstellen. Vielmehr führten wir schon seit langem und immer wieder Gespräche. So war der Zürcher Unterländer in den Neunzigern zu verschiedenen Zeitpunkten Gegenstand von Diskussionen. Im vorliegenden Fall ging es nun nicht zuletzt um das Kooperationsmodell und damit um Mehrheitsverhältnisse. Die Frage lautete, welche Haltung die einzelnen Beteiligten -- insbesondere die Familie Gut als Eignerin der Zürichsee-Zeitung -- haben. Die gewählte Lösung hat sich als die realistischste und beste herausgestellt.

Wäre eine Kooperation mit dem Tages-Anzeiger überhaupt vorstellbar gewesen?

Das hatten wir nicht im Alleingang zu entscheiden. Dass wir Gespräche geführt haben, ist bekannt. Und das wird auch weiterhin so sein. Die NZZ hat bereits bekannt gegeben, dass sie das bestehende Nordost-System weiter stärken will. In eine ähnliche Richtung soll auch die Entwicklung im Raum Zürich gehen.

Inwiefern hat die "vorsorgliche" Vertragskündigung des "Tagi" beim Swisspool den Verkaufsentscheid der PubliGroupe beeinflusst?

Dass Sie auf Grund der zeitlichen Koinzidenz einen Zusammenhang herstellen, kann ich gut verstehen. In Tat und Wahrheit hat das Eine aber nichts mit dem Anderen zu tun. Die Diskussion um den Swisspool wird schon seit längerem geführt, war er doch in den vergangenen Jahren zunehmend weniger konkurrenzfähig. Daher ist die Frage, wie sich die Tagespresse künftig im nationalen Markt positionieren soll, richtig gestellt. Hier besteht, wie ich schon wiederholt gesagt habe, dringend Bedarf an Innovation -- auch in Sachen Preisgestaltung, denn es gibt ein Preisproblem. Die Vertragskündigung der Tamedia war nur ein konsequenter Schritt, sind doch alle Beteiligten daran interessiert, gemeinsam nach neuen Lösungen zu suchen. Die wird man hoffentlich auch rasch finden.

Welche weiteren Beteiligungen an Kleinverlagen werden Sie als nächstes verkaufen, um die Pacht über alle Grossverlage zu erhalten?

Wir haben heute klar dokumentiert, dass wir uns nicht am Zurückziehen sind. Wir wollen lediglich dazu beitragen, dass sinnvolle Konsolidierungsschritte möglich sind. Wenn wir die Möglichkeit sehen, unsere Beteiligungen in etwas Grösseres, Sinnvolles einzubringen, das wirtschaftlichen Erfolg verspricht, dann machen wir das. Und sonst nicht.

Ihre Beteiligungen an den "Kleinen" sicherten bislang die Pacht. Demgegenüber basiert die Kooperation mit der NZZ und möglichen weiteren Grossverlagen lediglich auf Verträgen. Wie begegnen Sie dem Risiko von Kündigungen?

Ihre Analyse ist richtig. Wir müssen mit unserer Verkaufsorganisation eben bei jedem einzelnen Vertragsverhältnis in der Lage sein, dem Verleger eine unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten bessere Leistung zu bieten. Das ist unsere Herausforderung. Dass wir Regieverträge nur wegen unserer blauen Augen oder unseren Verbindungen behalten können, ist tempi passati.

Dennoch macht Ihnen der Verzicht auf Ihr "Pfand" das Leben kaum einfacher.

Das Leben wird nicht einfacher. Doch wir sind der führende Player in einem Markt, der kaum mehr wachsen wird. Die Fittesten werden überleben.

Nochmals: Warum spielen Sie Ihre Trümpfe, nämlich die Beteiligungen, gerade jetzt aus? Ist das nicht zu früh?

Der Zeitpunkt ist eine Einschätzungsfrage. Der Markt bestimmt das Tempo der Konsolidierung, nicht wir. Es ist eine Tatsache, dass bereits vieles passiert ist. Nachdem jetzt im Grossraum Zürich das Eine oder Andere bevorsteht, erachten wir den Zeitpunkt als richtig.

Was steht denn konkret bevor?

Verglichen mit anderen Presseräumen ist die Vielfalt hier sehr gross. Die PubliGroupe leistet einen Beitrag dazu, dass das so bleibt. Kooperationsmodelle müssen aber gestärkt werden.

Eines dieser Modelle umfasst neben dem Zürcher Unterländer und der Zürichsee-Zeitung auch den Zürcher Oberländer und den Landboten. Bei den Letzteren ist die NZZ nicht eingestiegen.

An ZO und Landboten besass die PubliGroupe keine Beteiligungen. Alle Titel sind -- wie übrigens auch die Schaffhauser Nachrichten -- Teil eines Inseratekombis. Die Verleger sind in intensiven Gesprächen über Kooperationen. Eine Stärkung der Kooperationsidee ist denn auch eines der wichtigsten Ziele, dass sich die NZZ auf die Fahne geschrieben hat.

Mit ihrem Schritt könnte die PubliGroupe eine Konsolidierung in der Schweizer Presselandschaft auslösen, an deren Ende einige wenige Verlage die Mehrzahl der Titel kontrollieren. Wie gefällt Ihnen diese Vision?

Wir haben uns schon immer für eine Tagespressestruktur mit starker regional-lokaler Verankerung eingesetzt und werden dies auch weiterhin tun. Wir glauben, dass der heutige Schritt in diese Richtung geht, denn die NZZ hat bereits in St. Gallen und Luzern den entsprechenden Nachweis erbracht. Mit der Vorstellung einer grossen, zentralisierten Pressestruktur kann ich nichts anfangen.


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