30.08.2020

Serie zum Coronavirus

«Ich würde gerne wieder einmal eine Freundin umarmen»

Daniela Lager moderiert am Montag die Jubiläumssendung von «Puls». Fürchten sich die Leute überhaupt noch vor dem Virus? In Folge 109 unserer Serie spricht die SRF-Moderatorin über die Krankheit und die Auswirkung auf ihre Arbeit und das Privatleben.
Serie zum Coronavirus: «Ich würde gerne wieder einmal eine Freundin umarmen»
«Es gab für uns als Gesundheitsmagazin kein anderes Thema mehr als Corona», sagt «Puls»-Moderatorin Daniela Lager. (Bild: SRF)

Frau Lager, Ihre TV-Sendung «Puls» feiert am Montag ihr 30-Jahr-Jubiläum. Sind da spezielle Aktivitäten geplant?
Natürlich wirds einen Kuchen geben. Zugegeben, da hat das Publikum nicht gerade viel davon … Im Ernst: Natürlich haben wir uns etwas Spezielles einfallen lassen. Wir wollten nicht einfach auf die letzten 30 Jahre zurückblicken und Perlen aus dem Archiv fischen. Stattdessen haben wir uns gefragt, wie sich der Umgang mit Krankheit verändert hat. Die Sendung «Puls» lebt seit jeher von Menschen, die offen von Ihrer Krankheit berichten und uns bei Behandlung und Therapie dabei sein lassen. Dies braucht – und brauchte gerade in den Anfangszeiten – oft viel Mut. Heute warten viele nicht mehr, bis sich eine Gesundheitssendung für ihr Schicksal interessiert, sondern erzählen in sozialen Medien von ihrer Krankheit und wie sie sich dabei fühlen. Vor einigen Tagen haben wir in einem Livestream mit der Community über Erfahrungen, Chancen und Risiken diskutiert, eine Auswertung dieses Livestreams ist Teil der Sendung.

Gerade in Coronazeiten dürfte die Resonanz auf eine Gesundheitssendung grösser sein als normal. Wie erleben Sie dies?
Es ist ungemein spannend. Corona ist eine Herausforderung für die Wissenschaft, das Gesundheitssystem und uns alle. Vieles weiss man noch nicht, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen praktisch in Echtzeit unter den Augen der Öffentlichkeit. Wir berichteten zu Anfang mehrmals monothematisch über das Coronavirus, es gab kein anderes Thema mehr, weder für uns noch beim Publikum. Inzwischen findet das Thema zwar noch in fast jeder Sendung statt, aber nicht mehr ausschliesslich. Als Magazinredaktion können wir längere Beiträge realisieren, haben oft auch mehr Zeit für die Recherche als ein Newsformat und bemühen uns dabei, Zusammenhänge aufzuzeigen und allzu überstürzte Annahmen mit Blick auf die Studienlage zu revidieren.

Werden Sie als Moderatorin auf der Strasse oft wegen Corona angesprochen?
Eigentlich nicht häufiger als früher auch schon. Die Leute sind meist viel zu überrascht, plötzlich ein Fernsehgesicht vor sich zu haben und wollen meist nur wissen: «Gälled Sie, Sie sinds, die vom Fernseh?»

«Ich persönlich habe den Eindruck, dass die Krankheit allgemein an Schrecken verloren hat»

Was sind die grössten Befürchtungen der Leute? Die berühmte zweite Welle?
Ich persönlich habe den Eindruck, dass die Krankheit allgemein an Schrecken verloren hat. Wir sehen ja auch keine Bilder mehr von Lastwagenkolonnen, die Särge abtransportieren. Menschen aus Risikogruppen sind ob dieser neuen Sorglosigkeit manchmal frustriert und wütend. Ich glaube, bei vielen ist die Angst vor einer Wirtschaftskrise und einem möglichen Jobverlust momentan grösser als die Angst, sich das Virus einzufangen. Ich selbst bin schon immer noch sehr vorsichtig unterwegs, da ich in unserer Langzeitberichterstattung über Corona-Patienten sehen kann, wie schwierig die Genesung sein kann. Und auch die Langzeitwirkungen einer Infektion kennt ja noch keiner.

Wie stehen Sie selbst der geltenden Maskenpflicht gegenüber?
Ich persönlich halte es für einen Akt der Solidarität, gerade auch gegenüber Risikogruppen, und für einen gangbaren Weg, sich selber zu schützen. Logisch, angenehm sind die Dinger nicht, aber für mich auch kein echtes Problem im Alltag.

Was war jetzt für Sie in diesem Jahr die grösste Herausforderung?
Es waren wohl dieselben, wie sie viele erlebt haben: Stress mit dem Compi im Homeoffice, manchmal Stress mit den Kindern, die plötzlich den ganzen Tag zu Hause waren, und Mühe mit der Distanz, die uns auferlegt wurde. Ich würde gerne wieder mal eine Freundin spontan umarmen und Menschen, die ich gerne mag, näher als 1 Meter 50 kommen. Speziell war für mich die Anfangszeit im Februar/März. Es gab für uns als Gesundheitsmagazin kein anderes Thema mehr als Corona, wir bekamen aus der ganzen Welt schlimme Bilder zu sehen aus überfüllten Kliniken, überall Tod und Tränen – das ging mir dann doch auch sehr nahe.

Wie haben Ihre beiden Kinder auf diese ungewöhnliche Zeit reagiert?
Die fanden es erst mal gar nicht so schlimm, dass die Schulen geschlossen wurden … doch dann langweilten sie sich doch bald zu Hause. Unterricht am Computer ist auf die Dauer viel fordernder als Lernen in der Gruppe im Klassenzimmer. Auch sie hatten zu Beginn Angst vor einer Ansteckung, dies hat auch mit meinem Job zu tun, weil ich viele Gedanken und Diskussionen eben auch nach Hause getragen habe.

«Es ist vieles schwieriger geworden»

Ist Fernsehmachen aufgrund der ganzen gesetzlichen Vorschriften schwieriger geworden?
Schon ein bisschen. Wenn in einem Beitrag nur noch «Maskierte» auftauchen und man keine Mimik mehr sieht, hängt man viel schneller ab. Sendungen vor Publikum, direkte Befragungen und Konfrontationen – ja, es ist vieles schwieriger geworden.

Wie halten Sie sich persönlich während Corona fit?
Ich bin fast jeden Tag im Zürichsee einen Kilometer schwimmen gegangen, mache Pilates und laufe viel.

Hatten Sie nie einen Durchhänger?
Doch, schon.

Wo haben Sie in diesem Jahr Ihre Sommerferien verbracht?
Zu Hause. Ich hab Möbel umgestrichen, Vorhänge genäht, im Garten gewerkelt: kurz, ich habe vieles erledigt, dass ich schon lange mal machen wollte und nie Zeit dafür hatte.

Was war für Sie das prägendste Erlebnis der letzten Wochen?
Schwierig zu sagen – das Leben zwischen Badi, Homeoffice und Fernsehstudio bietet nicht wirklich viel Spektakuläres. Aber vielleicht liegt gerade darin das Prägende dieser Zeit: Die Welt ist kleiner geworden, eine andere Art von Nähe entsteht zwischen Nachbarn und Freundinnen. Das hat auch was Schönes, kann mir aber auf die Dauer Kinobesuche, Konzerte oder ein Bad im Gewusel der Stadtmenschen nicht ersetzen. Das fehlt mir.



Was bedeutet die Corona-Pandemie für die verschiedenen Akteure der Schweizer Medien- und Kommunikationsbranche? Bis auf Weiteres wird persoenlich.com jeden Tag eine betroffene Person zu Wort kommen lassen. Die ganze Serie finden Sie hier.


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