08.11.2020

Elefantenrunde am SMF

Keine Wohlfühlrunde

Peter Wanner forderte, dass «Play Suisse» allen zugänglich sein müsse. Zudem gebe es «zu viel McKinsey in den Verlagshäusern». Was hatten Pietro Supino, Felix Graf, Marc Walder und Gilles Marchand zu sagen? Das war die Elefantenrunde des Swiss Media Forums 2020:
Elefantenrunde am SMF: Keine Wohlfühlrunde
Alle «Elefanten» sind aus ihren (Home-) Offices zugeschaltet: Moderatorin Maria Victoria Haas löste die Aufgabe souverän. (Bilder: SMF/Severin Bigler)
von Matthias Ackeret

Keine «Wohlfühlrunde» sollte es werden, versprach Moderatorin Maria Victoria Haas zu Beginn der Elefantenrunde vom Freitag vor den Vertretern der Schweizer Medienhäuser und hielt Wort. Im Gegensatz zu den anderen Referenten des diesjährigen Swiss Media Forums wie Bundesrätin Viola Amherd oder Swatch-CEO Nick Hayek wurden Marc Walder (Ringier), Pietro Supino (TX Group), Peter Wanner (CH Media), Felix Graf (NZZ-Mediengruppe) und Gilles Marchand (SRG) per Zoom zugeschaltet, was zwar gewöhnungsbedürftig war, von der Bündner Moderatorin aber professionell gemeistert wurde.

Einig waren sich die Teilnehmer, dass ihre Verlage wie auch die SRG aus publizistischer Sicht die Corona-Krise gut gemeistert haben. Auf wirtschaftlicher Seite hingegen habe die Pandemie einen erheblichen finanziellen Schaden hinterlassen. So werde Ringier im Jahr 2020 Einbussen von rund 140 Millionen Franken erleiden, die TX Group und CH Media in der ersten Jahreshälfte 90 Millionen, beziehungsweise 60 Millionen Franken. Nicht zuletzt deswegen plädierten die Vertreter auf eine stärkere staatliche Unterstützung, die gemäss Supino den Qualitätsjournalismus fördern soll. Dabei müsse man aber darauf achten, dass beim Massnahmenpaket grössere Verlagshäuser aufgrund ihrer Mehrleistung gegenüber Mikrounternehmen nicht schlechter gestellt würden. Er wehrte sich nochmals gegen die Kritik an der Dividendenzahlung für das vergangene Jahr. Bei TX Group handle es sich um ein börsenkotiertes Unternehmen, das sich an gesetzliche Vorschriften zu halten habe. So habe man die Generalversammlung seiner Firma im Frühjahr auch aus terminlichen Gründen nicht mehr absagen können.

Kritik an der Onlinestrategie der SRG

Kritisiert wird von den privaten Medienhäusern die geplante Online-Strategie der SRG. Verlegerpräsident Pietro Supino bezeichnete diese Pläne als «rücksichtslos», da sie nicht nur eine gewaltige Konkurrenz zu den eigenen Online-Angeboten darstellten, sondern auch zu einer Verarmung der Medienszene führen würden. Seit der No-Billag-Abstimmung vermisst der Verleger der TX Group eine vernünftige politische Diskussion über die künftige Rolle der SRG. Supino plädierte für ein Open-Source-Modell, wonach alle Inhalte, die öffentlich finanziert würden, auch von Privaten genutzt werden können. Die gleiche Meinung vertrat auch AZ-Verleger Peter Wanner, der forderte, dass die neu lancierte Streamingplattform der SRG für alle Teilnehmer zugänglich sein müsse. Dies sei aber seinen Medien von der SRG verweigert worden. Marc Walder erinnerte daran, dass sich die SRG nach der No-Billag-Abstimmung Selbstbeschränkung auferlegt habe. Gleichzeitig warnte er davor, diesen Streit auf das öffentliche Parkett zu bringen, da dadurch die Gefahr bestehe, dass das Medienförderungsgesetz weiter nach hinten verschoben werde, was für die Verlagshäuser einschneidende finanzielle Konsequenzen hätte. Stattdessen plädierte er für einen runden Tisch, um die anfallenden Probleme und Differenzen mit der SRG und untereinander auszudiskutieren.

Marchand zeigte sich gesprächsbereit und betonte – an Peter Wanner gewandt –, dass die Plattform «Play Suisse» und nicht «Play SRG» heisse. Einig waren sich die Teilnehmer, dass gemeinsame Lösungen möglich seien. Dies zeige die Login-Allianz der grossen Verlagshäuser, die vor zwei Jahren am Swiss Media Forum in Luzern erstmals präsentiert wurde. Mit dem Zwischenstand sei man zufrieden: So hätten sich etwa bei blick.ch gemäss Walder bereits 287'000 Personen freiwillig eingeloggt. Als Zwischenbemerkung sei aber angemerkt, dass die Registrierungspflicht bis jetzt noch nicht in Kraft getreten ist und das Internetportal Watson, das zu Peter Wanners AZ Medien gehört, bis jetzt erfolgreich den Beitritt zur Login-Allianz verweigert hat.

Zu viel McKinsey in den Verlagshäusern

Der Schwerpunkt der Diskussion fokussierte sich auf die wirtschaftliche Situation und deren Bewältigung. Peter Wanner betonte, dass man trotz Sparrunden den einzelnen Marken Sorge tragen müsse. Es gäbe momentan «zu viel McKinsey in den Verlagshäusern». Sparen sei zwar Pflicht, Produktentwicklung aber noch wichtiger. Dabei verwies er auf seine Internetplattform Watson. Zudem forderte Wanner, bei der Digitalförderung auf die Holdingklausel zu verzichten. Dadurch schade man dem Lokaljournalismus.

Graf wehrte sich vehement gegen den Vorwurf, dass die NZZ in ihrer Zeitung qualitative und quantitative Abstriche gemacht habe. Der verringerte Seitenumfang sei auf den Wegfall der Eigeninserate zurückzuführen. Gerade der Ausbau des Digitalangebotes für Deutschland zeige, dass sein Unternehmen die Publizistik sehr ernst nehme. Pietro Supino verwies auf das hauseigene Qualitätshandbuch, das hohe Standards setze, die von seinen Medien auch eingehalten würden. Er nahm dabei Bezug auf Swatch-CEO Nick Hayek, der am Vortag des Swiss Media Forums die verstärkte Kooperation einzelner Titel – wie zuletzt zwischen Berner Zeitung und Bund – stark kritisiert hatte. Für solche Äusserungen, so Supino, sei Hayek der Falsche, da ausgerechnet dieser mit seinen Uhrwerken praktisch alle Schweizer Uhrenfirmen beliefere, was das beste Beispiel für einen stark reglementierten Markt sei.

Peter Wanner antwortete auf eine zugeschaltete Zuschauerfrage, dass esin seiner Ära bestimmt nicht zu einer Zusammenlegung der Mantelredaktionen von Tamedia und CH Media kommen werde.

Trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren am Ende des Gesprächs alle Teilnehmer überzeugt, gestärkt aus der Krise zu kommen. Walder meinte, Corona hätte der Digitalisierung einen Schub von drei Jahren gegeben. Als positives Beispiel für einen innovativen Markt nannte er die Romandie-Expansion von Watson, das Video-News-Format «20 Minuten NOW!» und das hauseigene Blick TV, das Ringier «Millionen von Franken» koste. Für Supino wird die Zukunft anders, aber zweifelsohne besser als heute.

Immerhin ein versöhnliches Schlusswort an einem trüben Morgen am Zürichsee. Im krassen Gegensatz dazu steht eine Meldung, die nau.ch am Samstag aufschaltete. Im zürcherischen Urdorf streiche erstmals ein Kiosk Schweizer Zeitungen aus dem Sortiment. Mangels Nachfrage. 

 

 



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