22.12.2018

Spiegel-Betrugsfall

Leser zu Spenden auf sein Privatkonto animiert

Neben dem Täuschen durch fingierte Texte soll Claas Relotius seine Leser auch zu Spenden aufgerufen haben. Die «Spiegel»-Redaktion habe nichts von der Spendenaktion gewusst.
Spiegel-Betrugsfall: Leser zu Spenden auf sein Privatkonto animiert
Journalist Claas Relotius posiert während einer Preisverleihung im März 2014. Nun wird er nebst dem Frisieren von Artikeln verdächtigt, seinen Lesern Spendengelder für syrische Flüchtlingskinder abgeknöpft zu haben. (Bild: Keystone/DPA/Ursula Dueren)

«Spiegel»-Journalist Claas Relotius, der zahlreiche Artikel gefälscht hat, soll seine Leserschaft zudem zu Spenden auf sein Privatkonto aufgerufen haben. Dies schilderten mehrere Leser dem «Spiegel», wie das Magazin am Samstagabend berichtete. Demnach habe Relotius von einem privaten E-Mail-Konto aus Spendenaufrufe verschickt, um angeblich Waisenkindern in der Türkei zu helfen. Das Geld sollte auf sein privates Bankkonto überwiesen werden.

Die Redaktion habe nichts von der Spendenaktion gewusst, erklärte der «Spiegel». Wie viele Spenden es gab, wie hoch sie waren und was mit dem Geld letztlich passierte, sei noch unklar. Das Nachrichtenmagazin werde alle Informationen im Rahmen einer Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft übergeben.

Anlass war Artikel zu syrischen Waisenkindern

Hintergrund der Spendenaktion war gemäss dem Magazin eine Reportage von Relotius über syrische Waisenkinder, die in der Türkei auf der Strasse lebten. Am Wahrheitsgehalt des Textes gibt es den Angaben zufolge inzwischen erhebliche Zweifel.

Ein Fotograf, der Relotius zeitweise bei der Recherche begleitete, wies demnach auf mehrere Unstimmigkeiten hin. Eines der beiden Kinder – laut Relotius-Text handelte es sich um ein Geschwisterpaar – sei womöglich eine komplette Erfindung.

In einem Reporter-Sammelband berichtete Relotius gemäss «Spiegel» selbst kürzlich über den Beginn der Spendenaktion. Der Journalist erzählte demnach, wie er es in monatelangem Bemühen geschafft habe, die beiden Waisenkinder zu einer Familie in Niedersachsen zu bringen, welche die Kinder adoptiert habe. Jedoch sei auch dies offenbar eine Erfindung, erklärte der «Spiegel». Relotius selbst sei derzeit nicht für aktuelle Stellungnahmen zu erreichen. (sda/afp/as)

 


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