04.11.2020

20 Minuten

«Ich möchte mein Leben etwas ruhiger gestalten»

Nach über 14 Jahren gibt Marcel Kohler die Geschäftsleitung von 20 Minuten ab. Was hat er Neues vor? Und wann startet die angekündigte Video-Offensive? persoenlich.com hat nachgefragt.
20 Minuten: «Ich möchte mein Leben etwas ruhiger gestalten»
Übernahm die Geschäftsleitung von 20 Minuten im Jahr 2006: Marcel Kohler. (Bild: 20 Minuten)

Marcel Kohler hat sich nach über 14 Jahren entschieden, per Ende 2021 von der Geschäftsleitung von 20 Minuten zurückzutreten. Dies heisst es in einer Mitteilung vom Dienstagmorgen. Bis zur Übergabe der Führungsverantwortung wolle Kohler zusammen mit den rund 300 Mitarbeitenden die starke Stellung von 20 Minuten halten und insbesondere im Bereich Bewegtbild ausbauen.

Herr Kohler, was haben Sie Neues vor?
Zuerst werde ich mich noch mit vollem Elan weitere 14 Monate der Geschäftsführung von 20 Minuten widmen. Ende 2021 werde ich 62 Jahre alt sein und ich möchte dann mein Leben etwas ruhiger gestalten und mehr Zeit für die Familie und den Sport haben. Ob es künftig Möglichkeiten für Mandate auf Projektbasis oder für einen Verwaltungsrat gibt, wird sich zeigen. Es bleibt nun genügend Zeit, verschiedene Optionen zu prüfen.

Ihr Wechsel wird bereits ein Jahr vor dem Abgang öffentlich. Man spricht jeweils von der «lame Duck». Hat dieser Vorlauf irgendwelche Vorteile?
Mir ist eine geordnete, geregelte Übergabe sehr wichtig, weshalb ich meinen Rücktritt so früh bekannt gegeben habe. Das lässt uns Zeit für die Suche nach einer geeigneten Nachfolgerin oder einem geeigneten Nachfolger. Wenn Pietro Supino nicht davon überzeugt wäre, dass ich weiterhin mit ungebrochenem Elan die Entwicklung von 20 Minuten weiter vorantreiben werde, hätten wir uns nicht für diese Lösung entschieden.

Wie erleben Sie das Coronajahr: Wie gross ist der Einnahmenrückgang bei 20 Minuten in Prozent?
Die Zahlen des ersten Halbjahres sind im Geschäftsbericht der TX Group veröffentlicht worden. Weitere Zahlen geben wir nicht bekannt.

Und mit welchen Budgets rechnen Sie für 2021?
Dazu möchten wir derzeit keine Angaben machen.

Wird es zunehmend schwieriger, Werbeplatz in 20 Minuten an den Mann oder an die Frau zu bringen?
Die Coronakrise hat 20 Minuten  – wie die ganze Medienbranche – hart getroffen.  Dass wir ausschliesslich werbefinanziert und auf Pendler ausgerichtet sind, macht die Situation von 20 Minuten zusätzlich schwierig. Wir sind aber optimistisch, dass wir nach der Krise wieder an unsere Erfolge anknüpfen können. Dies auch vor dem Hintergrund, dass 20 Minuten in der digitalen Transformation sehr weit fortgeschritten ist. 

Sie haben kürzlich mit Corporate-Kooperationen von sich reden gemacht: Stichwort «Coopzeitung Weekend» oder die Lifestyle-Channels. Wie viel Potential sehen Sie bei 20 Minuten noch in diesem Bereich?
Innovative Kooperationen sind wichtig und zeigen auch die Wichtigkeit der Printausgabe für unsere Kunden im Werbemarkt sowie auch für die Leserschaft. Lifestyle verzeichnete sowohl im Leser- als auch im Werbemarkt einen erfolgreichen Start. Commercial Content ist für uns ein strategisches Wachstumsfeld, in dem wir weiteres Entwicklungspotenzial sehen. Lifestyle bietet dafür ein attraktives Themenumfeld.

Im September sorgten ein Bericht der NZZ über 20 Minuten für grossen Ärger bei Ihnen. Haben Sie nun diesbezüglich rechtliche Schritte eingeleitet oder eine Beschwerde beim Presserat deponiert?
Wir haben das Gespräch mit der NZZ gesucht und diese hat sich auf ihrer Medienseite entschuldigt. Damit ist die Sache für uns erledigt. 

Fürs laufende vierte Quartal hat 20 Minuten Neuerungen im Videobereich angekündigt. Was ist hier denn nun neu?
Dazu werden Sie in den kommenden Tagen mehr erfahren… 

Welche Frage wird Sie nun hauptsächlich umtreiben in Ihren letzten Monaten bei 20 Minuten?
Selbstverständlich wird uns die Coronakrise weiterhin stark herausfordern. Daneben setze ich mich dafür ein, dass wir strategisch auf Kurs bleiben und die positive Entwicklung in unseren Wachstumsfeldern, insbesondere im Bereich Bewegtbild, weiter vorantreiben können.  


Marcel Kohler übernahm die Geschäftsleitung von 20 Minuten auf Anfang 2006. Während knapp 15 Jahren hat er die Entwicklung der Pendlerzeitung geprägt, welche On- und Offline mittlerweile täglich fast 3 Millionen Leserinnen und Leser erreicht. Er hat sowohl in der Redaktion als auch im Verlag konvergente Arbeitsweisen eingeführt. Dies sei die Basis für die gelungene digitale Transformation des 20 Minuten Medienverbundes gewesen.

Kohler hat die Expansion der Pendlerzeitungen in der Schweiz und im Ausland verantwortet: Die Lancierung von 20 minutes in der Westschweiz im Jahr 2006 und von 20 minuti im Tessin im 2011, die Lancierung von Pendler-Marken in Luxemburg, Dänemark sowie die Beteiligung an der Pendlerzeitung Heute und den Aufbau des digitalen Angebots in Österreich.

Seit dem 1. Januar 2020 ist Marcel Kohler innerhalb der dezentral organisierten Struktur der TX Group Geschäftsführer von 20 Minuten. Zuvor war er zwischen 2013 und 2019 Mitglied der Unternehmensleitung und Leiter des Bereichs Werbung und Pendlermedien. 1982 begann er seine Karriere in der Medienwelt beim Schaffhauser Bock, ab 1985 arbeitete er über 20 Jahre lang im Verlag der Neuen Zürcher Zeitung. Nach der Ausbildung zum Verkaufsleiter am SAWI in Biel absolvierte Marcel Kohler eine Weiterbildung in System-Marketing an der Universität St. Gallen.

«Wir verdanken Marcel Kohler sehr viel. Er hat 20 Minuten mit unternehmerischem Engagement zum führenden Medienverbund der Schweiz gemacht und dabei die digitale Transformation als Chance genutzt. Genauso bemerkenswert sind seine menschlichen Qualitäten. Die Zeit bis zu seinem Ausscheiden werden wir nutzen, um gemeinsam eine Nachfolge aufzubauen», wird Pietro Supino, Präsident und Verleger, zitiert. Über die Nachfolge werde zum gegebenen Zeitpunkt informiert. (pd/wid/eh)

Die Fragen wurden schriftlich gestellt und beantwortet.


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