09.05.2004

TSI

Marktanteil trotz Dauerkritik gesteigert

"Das TV hat nach und nach die Piazza ersetzt, wo man früher debattierte."

Die Tessiner bleiben am Abend beim Zappen öfter denn je auf dem Kanal des Fernsehens der italienischen Schweiz (TSI) hängen. Viele ärgern sich aber darüber, wie die TSI über das Lokalgeschehen berichtet. Kritik gibt es von allen Seiten.

Im Maggia-Tal ist man beispielsweise schlecht auf die Reporter der Sendung "Falò" zu sprechen. Diese haben kürzlich im Tal auf einer Fläche von zwei Quadratkilometern nicht weniger als 54 illegale Mülldeponien entdeckt und gross darüber berichtet. Da sei aus einer Mücke ein Elefant gemacht worden, sagte der lokale Tourismusverein. Der TV-Beitrag habe das gesamte Maggia-Tal in Verruf gebracht. Verbale Prügel musste sich die TSI-Crew auch von Giuliano Bignasca gefallen lassen. Der Lega-Präsident schrieb in seinem Parteiblatt Il Mattino: "In den Wäldern rund um Varese könnte man Tausende von illegalen Deponien filmen."

In Biasca wurden über 3000 Unterschriften gesammelt

Unzufrieden mit der TSI sind auch die Bürger von Biasca. Sie haben schon über 3000 Unterschriften gesammelt, die sie demnächst in der Sendezentrale in Comano einreichen wollen. Sie stören sich daran, dass die TSI den Dokumentarfilm "Biasca contro" bloss in der zweiten Hälfte des Abendprogramms und ohne das übliche Gespräch mit dem Regisseur ausgestrahlt hat.

Aus einem ähnlichen Grund hat Ende April auch die Tessiner Handels-, Industrie- und Gewerbekammer (Ccia) protestiert. Die TSI habe den Besuch von Bundesrat Pascal Couchepin, der in Lugano für die Abstimmung vom 16. Mai warb und dabei von streikenden Malern mit Bier überschüttet wurde, nicht professionell abgedeckt. "Indem nur dem Geschrei und dem Aufruhr der Gewerkschaften Platz eingeräumt wurde, hat die TSI ihren öffentlichen Auftrag nicht respektiert und dem Zuschauer eine korrekte Information vorenthalten", schrieb Ccia-Direktor Claudio Camponovo in einem Pressecommuniqué.

Sympathie für die Linke?

Der Vorwurf der Linkslastigkeit an die Adresse des Radios und des Fernsehens der italienischen Schweiz (RTSI) wurde bereits während den eidgenössischen Wahlen vom letzten Herbst erhoben. "Wenn die RTSI ein Parlament wäre, dann hätte die Linke die absolute Mehrheit", schrieb FDP-Grossrat Tullio Righinetti im November 2003 in einem Kommentar im Corriere del Ticino. Auch CVP-Grossrat Giovanni Jelmini beklagte sich im Corriere in einer Kolumne, dass seine Partei von der RTSI "bei mehreren Gelegenheiten fast schon feindlich behandelt" worden sei. Dieser Vorwurf ist insofern erstaunlich, als dass ausgerechnet der Direktor der RTSI, Remigio Ratti, CVP-Mitglied ist.

'Unsere Journalisten sind gut'

TSI-Chef Dino Balestra lässt den Vorwurf der Parteilichkeit denn auch nicht gelten: "Unsere Journalisten sind nicht links oder rechts, sondern gut", sagte er gegenüber der sda. Die von den Politikern entfachten Polemiken erklärt er mit der zunehmenden Wichtigkeit des Mediums Fernsehen: "Das TV hat nach und nach die Piazza ersetzt, wo man früher debattierte. Deshalb wollen sich alle ein Mitspracherecht im Fernsehen sichern."


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