12.01.2022

Mediapulse

Mit Schlagern und Oldies auf der Überholspur

Die Talfahrt bei den Privatradios geht weiter. Im zweiten Halbjahr 2021 haben die meisten Sender im Vorjahresvergleich erneut an Reichweite verloren. Stark zugelegt haben hingegen Vintage Radio und Radio Melody. Ein Blick auf die Top 20.
Mediapulse: Mit Schlagern und Oldies auf der Überholspur
Die Zukunft des Mediums Radio scheint in der Vergangenheit zu liegen: Vintage Radio landet neu auf Platz 8 aller Schweizer Privatradios. (Bild: Pixabay)
von Christian Beck

Auf dem Siegertreppchen der Schweizer Privatradios hat sich im zweiten Semester 2021 im Vergleich zum zweiten Semester 2020 nichts verändert: Radio 24 vor Pilatus und Energy Zürich. Und dennoch gibt es einen Unterschied: Alle Sender verloren erneut an Reichweite. Dies geht aus den neuesten Daten der Forschungsstelle Mediapulse vom Mittwoch hervor.

Radio 24 kam im Schnitt auf 237'020 Hörerinnen und Hörer, die täglich den Zürcher Stadtsender wählten – knapp 5500 weniger als im Vergleichssemester (alle Zahlen immer von Montag bis Sonntag, Deutschschweiz, ab 15 Jahren). Einen signifikanten Verlust musste Radio Pilatus auf dem Silber-Treppchen hinnehmen. Fast 21'000 Hörerinnen und Hörer verlor der Sender aus der Zentralschweiz – im zweiten Halbjahr 2021 waren es noch täglich 218'470. Extremer war der Rückgang bei Energy Zürich: 206'900 Hörerinnen und Hörer schalteten ein, rund 30'500 weniger als im Vorjahressemester.

Dieser Rückgang ist nicht neu. Blicken wir noch weiter zurück ins zweite Semester 2018, als zum zweiten Mal Zahlen aus der neuen Radiowährung vorlagen, wird deutlich: Energy Zürich verlor innert drei Jahren fast 82'000 Zuhörende. Damals, als Energy Zürich noch zuoberst auf dem Podest war, schalteten täglich im Schnitt 288'440 Personen ein. Stadtrivale Radio 24 hatte vor drei Jahren noch 266'180 Hörerinnen und Hörer, rund 29'000 mehr als heute.

Doch zurück zu den aktuellen Zahlen. Signifikante Verluste hinnehmen mussten auch Radio FM1 aus St. Gallen (199'420 / minus 20'820) und Radio Zürisee aus Rapperswil (165'390 / minus 22'360). Bedeutend verloren hatte auch 20 Minuten Radio (61'520 / minus 17'650). Das Pendlerradio fliegt deshalb aus den Top 20 raus und landet neu auf Platz 23.

Vintage Radio ist gefragt wie nie

Auf der Überholspur hingegen ist Vintage Radio von der Energy-Gruppe. Der Musiksender, der Songs aus den 1960er- bis 1990er-Jahren spielt, konnte erneut zulegen – um 25'300 Hörerinnen und Hörer auf neu 143'280. «Erneut absolute Rekordwerte», heisst es dazu in einer am Mittwoch verschickten Mitteilung. Und Roger Spillmann, Chief Radio Officer der Energy-Gruppe, sagt in einem persoenlich.com-Interview: «Das sorgfältige Kuratieren des Musikprogramms ist sicherlich der Schlüssel zum Erfolg.»

Signifikant im Reichweitenplus ist auch das auf Schlager und Oldies spezialisierte Radio Melody (76'970 / plus 25'870). «Einmal mehr bricht der DAB+-Radiosender einen Hörerrekord», schreibt CH Media dazu.

Leicht im Plus waren auch Energy Bern und Basel, Basilisk, Eviva und Virgin Radio Rock.


Bei den Marktanteilen – einer Kombination aus Hördauer und Reichweite – war im zweiten Semester 2021 ebenfalls Radio 24 an der Spitze (2,87 Prozent), gefolgt von Radio Pilatus und Radio Central (je 2,71 Prozent) sowie FM1 (2,21 Prozent). In puncto Hördauer blieb Radio Eviva mit täglich rund 75 Minuten das am längsten gehörte Privatradio. Radio 24, in der Reichweite und bei den Marktanteilen auf dem ersten Platz, wurde knapp 55 Minuten gehört.

Alle Schweizer Privatradios zusammen erreichten im zweiten Halbjahr 2,4 Millionen Hörerinnen und Hörer (minus 69'130). Der Marktanteil lag bei 37,3 Prozent. Grösste Privatradio-Gruppe ist CH Media mit den Sendern Radio 24, Pilatus, FM1, Argovia, Radio 32, Bern1, Melody und Virgin Radio Rock. Zusammen erreichte die Gruppe 1,19 Millionen Hörerinnen und Hörer. Die Energy-Gruppe kam mit den Sendern in Zürich, Bern, Basel und Luzern sowie Vintage Radio, Schlager Radio und Rockit Radio auf 680'780 Personen, die täglich einschalteten.

SRF-Sender haben Nase vorn

Auf einen Marktanteil von 59,3 Prozent kamen die Sender der SRG (2,6 Millionen Hörer / minus 104'900). Ganz vorne landete – wie immer – Radio SRF 1 mit 1,23 Millionen Hörerinnen und Hörern, dies vor SRF 3 (1 Million). Radio SRF 1 wurde 102 Minuten täglich konsumiert. Spitzenreiter aller Radios blieb SRF Musikwelle mit 113 Minuten.

Die «Rendez-vous»-Ausgabe um 12.30 Uhr erreichte im vergangenen Jahr im Schnitt 566'000 Hörerinnen und Hörer und einen Marktanteil von 49,1 Prozent, wie SRF in einer Mitteilung schreibt. Das «Echo der Zeit», das 2021 im Qualitätsjahrbuch des Fög den Spitzenplatz einnahm, hörten im Schnitt 344'000 Personen. Dies entspricht einem Marktanteil von 32,5 Prozent.

Kopfhörer-Nutzung erstmals ausgewertet

Das Medium Radio verzeichnete im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2020 einen Reichweitenrückgang um 2 Prozent auf neu 77 Prozent, wie es in einer Mitteilung von Mediapulse heisst. Aus forschungstechnischen Gründen unberücksichtigt blieb dabei jene Radionutzung, die über Kopfhörer erfolgt.

Auf Basis einer ergänzenden Befragungsstudie kann Mediapulse diese Messlücke nun erstmals quantifizieren, wie es weiter heisst. Dabei zeige sich, dass die Reichweite bei einer Berücksichtigung der Kopfhörernutzung in der Westschweiz um drei Prozentpunkte und im Tessin sowie in der Deutschschweiz um je zwei Prozentpunkte ansteigen würde.

Gleichzeitig würde sich die tägliche Hördauer landesweit um etwa zehn Minuten erhöhen, schreibt Mediapulse weiter. Zu berücksichtigen sei aber, dass diese Schätzung lediglich für das Total der linearen Radionutzung gelte. Es könne nicht nach den einzelnen Radiosendern aufgeschlüsselt werden.



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Kommentare

  • Robert Holzer, 15.01.2022 17:42 Uhr
    Ein grosser Vorteil von Vintage Radio und anderen Internet Radios, es wird dort nicht gelabert. Just the sound. Mehr brauchts nicht.
  • Thomas Hobi, 13.01.2022 08:52 Uhr
    Leider fehlt in dieser Auswertung ein Spartensender, der von Chur aus die Schweiz mit #justgreatmusic versorgt: driftFM | where country meets rock. Weil hinter diesem Sender kein grosses Medienhaus steht, ist es für driftFM schwierig, in der Schweizer Medienlandschaft Akzente zu setzen oder gar auf DAB+ zu senden. Inhaltlich vergleichbar mit Vintage Radio, Virgin Radio Rock und Rockit Radio (aber mit moderierten Sendungen!), hätte es driftFM durchaus verdient, mehr gehört zu werden.
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