05.01.2018

No Billag

«Nein zum Sendeschluss» warnt vor «destruktiver» Initiative

Zwei Monate vor der Abstimmung präsentiert das unabhängige Komitee «Nein zum Sendeschluss» das druckfrische Kampagnenplakat. Es soll «die Zerstörungskraft dieser radikal formulierten Initiative» aufzeigen. Der Slogan lautet: «Weniger Vielfalt, weniger Schweiz».

Das parteipolitisch unabhängige Komitee «Nein zum Sendeschluss» hat sieht sich den Werten Unabhängigkeit und Medienvielfalt verpflichtet und kämpft für ein Nein am 4. März. «Diese Initiative schafft faktisch die SRG sowie 34 private Radio- und TV-Sender ab, weil sie ihnen die finanzielle Grundlage entzieht», wird Diego Yanez, Direktor der Schweizer Journalistenschule MAZ, in einer Mitteilung zitiert, welche gleichzeitig zur Medienorientierung in Bern verschickt wurde. Damit würden viele Schweizer Inhalte verloren gehen, ein Spielfilm wie «Heidi» genauso wie das Lauberhornrennen, die Satiresendung «Spasspartout» oder die Konsumentenmagazine «Espresso» von Radio SRF und «Kassensturz». 

Für die Privaten existentiell

Zum Bereich Fernsehen legt Yanez nach: «In der kleinen Schweiz mit ihren vier Sprachregionen spielt der TV-Markt nicht. Neun von zehn Fernsehsendungen könnten nicht finanziert werden.» Die Fixkosten für eine Informationssendung seien nun mal ähnlich hoch, ob sie nun für 5,5 Millionen Menschen in der deutschen Schweiz gemacht würden oder für 82 Millionen in Deutschland. 

André Moesch, ein weiteres Komiteemitglied, ist Präsident von TeleSuisse sowie Geschäftsführer von Radio FM1 und TVO in St. Gallen. Für die Privaten sei der Gebührentopf existenziell: «Auch unsere Informationssendungen kosten viel Geld, insbesondere für das Medium Fernsehen. Ohne Gebühren könnten sie nicht mehr finanziert werden.» Dabei hätten sich regionale TV-Sender beim Publikum längst einen festen Platz gesichert. «Sie berichten aus und über die Regionen – und sind damit eine ideale Ergänzung zu den Programmen der SRG-Sender», ergänzt Moesch.

«Keinen innovativen Ansatz»

Einen weiteren Aspekt brachte Emilia Pasquier, Geschäftsführerin des Think Thank foraus, ein. Sie bezeichnet sich als «Kind des Röstigrabens», das seit vielen Jahren erlebt, wie unterschiedlich die Befindlichkeiten in den verschiedenen Sprachregionen sind. «Wir sind stolz auf die Mehrsprachigkeit unseres Landes und erzählen im Ausland gerne davon.» Der nationale Zusammenhang sei aber nicht selbstverständlich, er müsse gepflegt werden. Für die Verständigung zwischen den Sprachregionen würden die Korrespondenten der SRG einen guten Job machen – als eigentliche Übersetzer. «Während die privaten Medien in den letzten Jahren ihre Korrespondentennetze abgebaut haben, ist dasjenige der SRG gleich gross und qualitativ überzeugend geblieben.»

Früher seien Volksinitiativen oft ein Motor der Demokratie gewesen, rief Mark Balsiger, Kampagnenleiter dieses Komitees in Erinnerung. «Die No-Billag-Initiative hingegen hat keinen innovativen Ansatz, im Gegenteil: Sie ist destruktiv und damit unschweizerisch.» Sie zerstöre die Medienvielfalt des Landes und viel Qualität – gerade im Radiobereich. Allein in der deutschen Schweiz würden täglich mehr als 2,6 Millionen Menschen die Programme von Radio SRF hören. Der Marktanteil beträgt 58 Prozent, die durchschnittliche Hördauer 105 Minuten pro Tag.

Aktiver auf Social Media

Dank tausenden von Kleinspenden hat das Komitee laut eigenen Angaben bislang 920'000 Franken zusammengebracht. Mit den Spenden wird eine druckvolle Plakatkampagne finanziert, die ab sofort sichtbar sein soll. Das Sujet (siehe unten) zeige «die Zerstörungskraft dieser radikal formulierten Initiative»; der Slogan heisst: «Weniger Vielfalt, weniger Schweiz». Daneben will das Komitee sein Engagement auf Social Media intensivieren. 

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Zwei weitere Sujets hat das Komitee vor Wochenfrist vorgestellt. Sie thematisieren «Bestatter» Mike Müller und das «Echo der Zeit» von Radio SRF (persoenlich.com berichtete). 

Für die Schlussphase sei im Weiteren eine Abstimmungszeitung geplant, mit der man sachlich darlegen wolle, worum es geht. Nämlich «um die Zerschlagung unabhängiger Medien, die der Öffentlichkeit verpflichtet» seien. (pd/eh)



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Kommentare

  • Nico Herger, 06.01.2018 16:04 Uhr
    @Marc Furrer: Gründung SRG 1931. Nationales TV seit 1958. "Urschweizerische Werte" jahrhundertealt.
  • Marc Furrer, 06.01.2018 07:36 Uhr
    In Anlehnung an den Kommentar von Nico Herger: Interesant, wie sich EU-Gegner, Schweiz-Bewahrer & -Abschotter wie SVP und andere Turbo-Patrioten plötzlich gegen urschweizerische Werte einsetzen und unsere Medienlandschaft ausgerechnet an ausländische Akteure verscherbeln wollen. Völlig unglaubwürdig, deshalb NEIN zur Initiative.
  • Beat Sieber, 06.01.2018 00:13 Uhr
    Die Befürworter der Initiative stellen den Markt in den Mittelpunkt. Dieser Ansatz ist für mich schon grundfalsch. Der Markt kann mitnichten alles regeln. Sonst hätten ja die Banken vor 10 Jahren nicht gerettet werden müssen. Und dies vom bösen Staat. Auch muss die Unabhängigkeit der Verleger infrage gestellt werden. Bei Ringier hocken UBS'ler im VR. Darum hat sich z.B. Ringier auch negativ über den Betreiber "insideparadeplatz" geäussert. Weiter möchte ich auch Medien über Broadcast nutzen können, ohne dass die Mediennutzung von mir, wie bei IP-Medien üblich, ausgewertet wird. Was über IP läuft: Datenschutz ade. Die SRG hat vor 2 Jahren den nötigen Schuss vor den Bug erhalten. Es wird keine KVG-Abgabesteigerung geben.
  • Irene Fischer, 05.01.2018 21:15 Uhr
    Ich unterstütze die NEIN Kampagne aus Solidarität für die ganze Schweiz und für das Sorge tragen zur Demokratie.
  • Markus Huber, 05.01.2018 12:14 Uhr
    Wie es in Ländern aussieht, welche die öffentlich-rechlich aufbereiteten Informationen beschnitten oder gar abschafften, schaue nach Italien oder USA. Wenn wir die Informationen nur noch aus jenen Medien beziehen können, die durch Millionäre finanziert werden, dürfen wir uns nicht wundern, wenn diese Informationen bereits beim Druck bzw. Sendezeitpunkt tendenziös daherkommen. Für 1 CHF pro Tag kann mir niemand etwas Besseres bieten als SRF. Sendungen mit mehr Werbung als Inhalt, Revolverblätter mit grossen roten und blauen Überschriften, usw. gibts schon genug. Völlig unnötig zu erwähnen, dass die Beibehaltung unseres Schweizer Radio und Fernsehen rein gar nichts mit einem EU-Turbo zu tun hat. Dass auch in diesem Abstimmungskampf mit Lügen, Behauptungen und Fake-News versucht wird, die politischen Gegner mundtot zu machen, sollte dem mündigen Stimmbürger Grund genug sein, genau hinzuschauen und die echten Argumente von den erfundenen zu trennen. Auch wer nicht immer mit den Inhalten von SRF einverstanden ist, und trotzdem Wert auf eine freie Meinungsäusserung legt, stimmt NEIN zur Initiative. Damit die Medienlandschaft Schweiz auch künftig farbig, unterhaltend, lehrreich und informativ bleibt.
  • Ben Meyer, 05.01.2018 11:43 Uhr
    Für einen Franken pro Tag "spart" man sich 34 Private Radio- und TV-Stationen, die gesamte SRG inklusive hervorragendem Radioprogramm (Echo, Musiksendungen, Hintergrundmagazine), Schweizer Filmen und den wichtigsten Sportübertragungen. Wer so argumentiert, kann sich auch ein Auge ausstechen um seine Kurzssichtigkeit zu heilen.
  • Nico Herger, 05.01.2018 10:30 Uhr
    Interesant, wie sich Schweiz-Abschaffer wie Foraus und andere EU-Turbos plötzlich für Heimatschutz einsetzen. Völlig unglaubwürdig, deshalb JA zur Initiative.
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