30.05.2001

NZZ lanciert NZZ am Sonntag

Die Neue Zürcher Zeitung lanciert eine eigene Sonntagszeitung. Der Start ist auf Frühjahr 2002 geplant. Die Realisierung des Projekts "NZZ am Sonntag" wird von einem Team unter der Leitung von Thomas Häberling, Felix E. Müller und Tobias Trevisan an die Hand genommen. Mittelfristig ist eine Auflage von rund 150'000 Exemplaren geplant. Thomas Trevisan (Bild), Leiter Verlag Zeitungen, sagt gegenüber "persoenlich.com", wie sich der neue Titel im Markt positionieren will. Das Interview:
NZZ lanciert NZZ am Sonntag

Mit der NZZ am Sonntag planen Sie nach eigenen Angaben "die Herausgabe einer Qualitätszeitung am Sonntag". Können Sie das genauer definieren?

Grundsätzlich geht es einmal darum, die publizistischen Grundsätze unseres Hauses einzuhalten. Ganz wichtige Elemente sind Kompetenz und Glaubwürdigkeit. Wir wollen mit der NZZ am Sonntag Informationstiefe und Relevanz bieten sowie uns mit profilierten Artikeln zum jeweiligen Geschehen von den anderen Titeln im Sonntagsmarkt abheben.

Wie wollen Sie sich gegenüber SonntagsZeitung und SonntagsBlick positionieren?

Wir sind der Meinung, dass es in der Deutschschweiz eine Marktlücke für eine qualitativ anspruchsvolle Sonntagszeitung gibt. Massgebend ist nicht, was unsere zukünftige Konkurrenz tut, sondern unsere eigenen Überlegungen sowie die Bedürfnisse unserer Zielgruppe. Dementsprechend haben wir während unseren Vorabklärungen auch nicht einfach die bestehenden Sonntagstitel auf den Tisch gelegt und geschaut, was und wie die das machen (lacht). Stattdessen gehen wir davon aus, dass eine Zeitung, die unsere publizistischen Grundsätze erfüllt, eine Zielgruppe erreicht, die unsere Konkurrenz so nicht erreichen kann.

Sie reden also von einem ähnlichen Konzept wie zum Beispiel das der Welt am Sonntag?

Gehen Sie davon mal nicht aus. Wie gesagt, wir arbeiten nicht nach Vorlage.

Inwiefern wird sich die Sonntagsausgabe von der NZZ unterscheiden?

Sie wird sicherlich die Bedürfnisse einer vergleichbaren Zielgruppe optimal zu befriedigen versuchen. Themenspezifische Schwerpunkte sind selbstverständlich denen der NZZ ähnlich, wobei man sich aber vor Augen halten muss, dass die NZZ ganz klar eine Werktagszeitung ist. So gesehen wird die NZZ am Sonntag ganz sicherlich mehr auf das Sonntagsbedürfnis ihrer Leser Rücksicht nehmen.

Also vermehrt auch Unterhaltung?

Ein Leser will neben der Pflichtinformation am Wochenende, wenn er Musse und Zeit hat, auch unterhalten werden. Die Frage ist aber, was Unterhaltung ist. In unseren Augen ist Unterhaltung nicht zwingend gleich Boulevard. Auch ein gutes Buch kann Unterhaltung sein - nicht nur ein Actionfilm. So gesehen wird die NZZ am Sonntag den Unterhaltungswünschen ihrer Leser sicherlich nachkommen, und zwar in einem Rahmen, den wir aus unserer publizistischen Optik für richtig halten.

Die NZZ hat meines Wissens rund 80'000 Geschäftsabos. Inwiefern muss für die NZZ am Sonntag ein neuer, privater Abonnentenstamm aufgebaut werden?

Diese Zahl ist um Dimensionen falsch. Wir haben selbstverständlich ein Basismodel entwickelt, wie wir den Markt bearbeiten wollen. Dieses wollen wir in den nächsten paar Monaten verfeinern, und ein Thema ist natürlich auch der Aufbau des zukünftigen Abonnentenstammes.

Wie wird die Distribution erfolgen?

Die NZZ am Sonntag soll dem Abonnenten jeden Sonntagmorgen jeweils direkt per Hauszustellung zugestellt werden. Überdies wird sie an zahlreichen Verkaufsstellen erhältlich sein. Nachdem nun der Entscheid gefallen ist, die NZZ am Sonntag auf Frühjahr 2002 zu lancieren, sind wir ab jetzt in der Lage, Gespräche zum Thema Distribution zu führen. Generell gibt es zwei Varianten: Entweder wir bauen eine ganz neue eigene Distribution für die Hauszustellung auf, oder aber wir arbeiten mit einem oder mehreren Partnern zusammen.

Die neue Zeitung soll durch eine eigenständige Redaktion produziert werden. Verzichten Sie somit auf die Ausnützung von möglichen Synergien?

Natürlich sind auch wir zum Schluss gekommen, dass es sinnvoll wäre, Synergien zu nutzen. Andererseits wird sich zwischen den beiden Titeln logischerweise auch eine gewisse Konkurrenz entwickeln. Unsere anspruchvolle Aufgabe wird es sein, die Redaktionen so zu führen, dass sie miteinander und nicht gegeneinander arbeiten.

Wie gross wird die Redaktion sein?

Das ist eine Zahl, die wir zum jetztigen Zeitpunkt noch nicht kommunizieren.

Die NZZ am Sonntag richtet sich spezifisch auf den Schweizer Markt aus. Was sind die Gründe dafür?

Wir haben das explizit so kommuniziert, weil es die NZZ ja auch als internationale Ausgabe gibt, die eine relativ hohe Auflage ausweist. Ein Verkauf im Ausland ist aus logistischen Gründen kein Thema. Eine Hauszustellung in Deutschland zum Beispiel wäre sehr teuer und für uns kaum machbar, wie jetzt auch die FAZ merken musste, die ebenfalls eine Sonntagszeitung plant. Die Hauszustellung in Deutschland ist fest in Springer-Händen - eine Hürde, die doch ziemlich hoch ist, und die wir nicht zu nehmen gedenken.


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