05.02.2004

Qualitätszeitungen

Peter Glotz erwartet harte Zeiten

"Junge Leute können spielend ohne Zeitung leben".

Qualitätszeitungen stehen schwere Zeiten bevor, sie werden aber nicht verschwinden. Dies prognostiziert Peter Glotz, Medienwissenschaftler der Uni St. Gallen, im Gespräch mit dem Tages-Anzeiger den zwei interviewführenden Feuilleton-Redaktorinnen.

Dass sich die Tagespresse in einem tiefgreifenden Strukturwandel befindet, führt Medienwissenschaftler Glotz auf die zunehmende Agilität der jungen Leserschaft zurück: "Immer mehr junge Leute können spielend ohne Zeitung leben, sie nutzen Autoradio, Fernsehen, vielleicht noch Boulevardmedien". Als Folge der sinkenden Werbeeinnahmen in der Tagespresse müssten die Abonnements- und Kioskpreise steigen. Aber: "Die Zahl jener Leser, die bereit sind, mehr zu zahlen, wird abnehmen", prognostiziert Glotz.

Das Anbebot der Verlage, Informationen im Internet bereitzuhalten, hält Glotz nicht für eine "Ursünde". Einige dieser Websites werden sich durchsetzen, meint Glotz: "Auch der Angestellte liest in der Pause vielleicht Spiegel.de". Aber "die Idee, jede teure Zeitung brauche einen teuren Internetauftritt wird sich nicht halten", schränkt der Medienforscher ein. Er halte Lesen nicht für die einzige Form von heutiger Wahrnehmung, verrät Glotz. "Wer viel übers Fernsehen aufnimmt, ist noch nicht ein Idiot". Man müsse eben mit unterschiedlichen Kanälen sinnvoll umgehen.

Dass die Zeitung einen materialisierten Kommunikationskreis auf Papier darstellt, stört Peter Glotz nicht: "In anderen Gesellschaften haben die Menschen halt miteinander geredet, auf dem Dorfplatz, im literarischen Salon". Um diese Zeiten zu idealisieren müsse man aber, so Glotz, "eine Menge linker Kulturkritik gesoffen haben".


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