12.01.2004

"Peter Steinmann, will jemand Züri Plus fertig machen?"

Unmittelbar nach Weihnachten hat die Cablecom den Zürcher Lokalsender Züri Plus von ihrem Netz genommen. Es habe keinen Platz mehr, lautete die Begründung der konkurrenzlosen Kabelnetzbetreiberin. Züri-Plus-Geschäftsführer Peter Steinmann (Bild) wirft der Cablecom ein "Kommunikationschaos" vor und kämpft für den Fortbestand seines Senders. Warum wird U1 bevorzugt? Wen würde Steinmann anstelle von Züri Plus vom Netz kippen? Vermutet Steinmann gar Korruption? Das Interview:
"Peter Steinmann, will jemand Züri Plus fertig machen?"

Sie werfen der Cablecom ein "Kommunikationschaos" vor. Für diesen Dienstag ist ein "informelles Gespräch" geplant. Wie klug ist es da, den Kabelnetzbetreiber zu erzürnen?

Grundsätzlich müssen wir uns rechtfertigen, wenn Falsches über uns verbreitet wird. Was der Cablecom-Mediensprecher über die Zahl der Reklamationen nach unserer Abschaltung sagte, stimmt einfach nicht. Bezüglich der E-Mails haben wir das Schwarz auf Weiss. Ich weiss nicht, worauf die Zahlen der Cablecom beruhen.

Sie sagen, die Cablecom lügt?

Nein, das sage ich nicht. Möglicherweise hat sich der Pressesprecher eben nur eine einzige der verschiedenen Mail-Adressen von Cablecom angeschaut.

Bereits im Oktober wurde das baldige Aus von Züri Plus kolportiert, weil die Lizenz auslief. Das tönt auch nicht gerade, als ob Sie überorganisiert wären...

Auch das war eine Fehlkommunikation, keine Ahnung, woher Facts das hatte. Tatsache ist, dass wir keinen Tag ohne Konzession waren. Hätte es das Bakom geschafft, sich bis zum Ablauf der Konzession unserer Vorgängerin Hasli TV zu melden, hätte es auch keine Übergangskonzession gebraucht. Doch die Abklärungen liefen ein halbes Jahr, ich weiss nicht, was da alles angeschaut wurde.

Sie selber haben jedenfalls keine Fristen versäumt?

Vielleicht waren wir mit unserer ersten Eingabe im Sommer nach Ansicht des Bakom nicht unbedingt zu früh, allerdings gibt es gemäss RTVG für die Einreichung einer Konzessionserneuerung keine vorgegebenen Fristen. Damals wurde dann die einmonatige Übergangskonzession vergeben. Danach brauchte es allerdings noch eine dreimonatige. -- Wir haben jedenfalls sauber kommuniziert, von "Chaos" kann man bei uns nicht reden!

Falsche Kommunikation allenthalben. Glauben Sie, jemand wolle Züri Plus "abschiessen"?

Das kann ich nicht genau sagen. Dass unsere Konkurrenz das wollte, habe ich so direkt jedenfalls nicht gemerkt. Sehr wahrscheinlich gibt es aber schon Leute, die sich von uns gestört fühlen.

Was könnte man denn gegen Sie haben?

Keine Ahnung, bis jetzt haben wir ja stets versucht, niemandem weh zu tun. Wir betreiben kein Fertigmacher-Programm, im Gegenteil. Ob möglicherweise Altlasten von Hasli TV im Spiel sind, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht versteht da jemand nicht, dass hier eine neue Crew zu Werke ist. Dass wir direkte Feinde haben, glaube ich jedenfalls nicht.

Ihr Programm spricht kein sehr grosses Publikum an. Da könnte es aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar sein, wenn sich die Cablecom nach einem quotenträchtigeren Sender umschaut. Oder finden Sie das abstrus?

Kommt darauf an, womit man vergleicht. Im November waren wir mit unseren Reichweitenzahlen besser als ganze neun Sender im gleichen Sendegebiet -- darunter etliche französischsprachige, die keine Randgruppen bedienen. Unsere Forderung ist daher klar.

Nämlich?

Wir wollen einen analogen Sendeplatz behalten.

Mit einem digitalen Sendeplatz könnten Sie nicht leben?

Nein! Ein Überleben ist da nicht möglich.

Warum wird U1 von der Cablecom bevorzugt?

Ich will die beiden Sender nicht gegen einander ausspielen, wenngleich ein solcher Kampf für die Medien natürlich attraktiv wäre. Doch um einen solchen Konflikt geht es gar nicht. U1 ist noch in der Startphase und erhält auch so schon genug Kritik -- der Sender wird bestimmt bald Fortschritte machen. Sowohl U1, als auch Züri Plus bieten Arbeitsplätze in der Schweiz an. Rein medienpolitisch stehen wir auf gesunden Beinen und haben bislang noch keine Schulden. Da ist es doch einfach nicht richtig, wenn man neben den beiden welschen Sendern TSR 1 und 2 noch weitere französischsprachige mit schlechteren Quoten anbietet, währenddem wir abgewürgt werden! Noch dazu von einem Monopolisten! Wir haben doch eine Konzession! Wie kann man plötzlich behaupten, es habe keinen Platz, wenn wir doch schon auf dem Netz waren? Langfristig bedeutet das doch, dass jeder, der zahlt, verbreitet wird -- siehe Home Shopping Europe.

Sie vermuten hier Korruption?

Die Cablecom muss auch Geld verdienen. Angesichts der hohen Grundgebühren im Vergleich zu anderen Kabelnetzanbietern in der Schweiz verdient die Cablecom schon heute mehr als alle anderen.

Inzwischen hat sich der Zürcher Stadtpräsident Elmar Ledergerber für Sie stark gemacht, weitere Gemeindepräsidenten sind gefolgt. Was soll das nützen?

Die Cablecom wird sich fragen müssen, ob der Druck nicht zu gross wird. Die beteiligten Gemeinden vertreten 372'000 Haushalte mit Cablecom-Anschluss. Wenn diese Gemeinden das Thema Züri Plus auf der politischen Ebene zur Sprache bringen, kann das Sachen auslösen.

Was für Sachen? Der Cablecom als Monopolistin kann das ja eigentlich egal sein, oder?

Alle Gemeinden haben in der einen oder anderen Art Verträge mit der Cablecom. Wenn die sich nun nicht ernst genommen fühlen, kann sich die Cablecom ausrechnen, wie künftige Verhandlungen geführt werden. Ich denke, das wäre für die Cablecom einfach nicht so geschickt. Hinzu kommt der Image-Schaden, den das Unternehmen in der Öffentlichkeit gegenwärtig erleidet.

Wie beurteilen Sie die Chancen ihres Rekurs'?

Ich bin fest überzeugt, dass wir einen Sendeplatz bekommen. Der öffentliche und politische Druck wird weiter steigen. Ich bin mir sicher, dass Cablecom unter diesen Aspekten eine für beide Seiten akzeptable Lösung finden wird. Cablecom ist in ausländischen Händen und darf nicht in dieser Art in den Schweizer Medienmarkt eingreifen! Die Medienvielfalt und Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Wir kämpfen dafür und geben nicht auf.


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