02.03.2017

Deniz Yücel

Regierungsnahe Medien blasen zum Angriff

Der inhaftierte «Welt»-Korrespondent wird als «Türkei-Feind» verunglimpft und in die Nähe von Terroristen gerückt.
Deniz Yücel: Regierungsnahe Medien blasen zum Angriff

Die Zeitung «Star» schrieb am Donnerstag auf ihrer Titelseite über den deutsch-türkischen Korrespondenten: «Kein Journalist – PKK-Auftragsmörder» (PKK tetikcisi). Nach der Definition der Gesellschaft für türkische Sprache bezeichnet das Wort «tetikci» einen Aufragsmörder, es kann sinngemäss aber auch als Marionette verstanden werden.

Mehrere regierungsnahe Medien – die sich bislang in der Berichterstattung über den Fall Yücel zurückgehalten hatten – übernahmen den «Star»-Artikel wortgleich in ihren Online-Auftritten. Darunter sind zum Beispiel «Sabah», «Yeni Akit» und «A Haber».

«Star» berichtet, der deutsch-türkische Journalist sei «in Deutschland zur Symbolfigur der türkeifeindlichen Propaganda gemacht» worden. «In jedem seiner Artikel hat er mit Worten wie Despot, Frauenfeind den Präsidenten (Recep Tayyip) Erdogan beleidigt.» Die deutsche Regierung hatte am Dienstag die Verhaftung von Yücel verurteilt (persoenlich.com berichtete).

Propaganda vorgeworfen

Das Blatt schreibt, das türkische Presseamt habe 54 Artikel Yücels seit dem Juni 2016 ausgewertet. Die Behörde sei zu dem Ergebnis gekommen, dass er «Propaganda» für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK betreibe.

Er sei zudem für die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen eingetreten, die Erdogan für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich macht. In seinen «Lügenberichten» habe Yücel «seinen Hass gegen die Türkei erbrochen». Der «Star» verwendet auf Seite 13 ein Foto, das nach Angaben der Zeitung einen Auftritt Yücels bei einer PKK-Veranstaltung in Deutschland zeigen soll. Dabei handelt es sich aber um eine Aufführung von «Hate Poetry», auf der deutsche Journalisten mit Migrationshintergrund rassistische Hetzbriefe vorlesen, die sie erhalten.

Gegen Yücel wurde am Montag in Istanbul Untersuchungshaft verhängt (persoenlich.com berichtete). Ihm wird Terrorpropaganda und Volksverhetzung vorgeworfen. (sda/dpa/tim)


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KOMMENTARE

Martin Knoepfel
02.03.2017 22:26 Uhr
Wenn D. Yücel ein Auftragsmörder ist, möchte ich schon gerne wissen, wen er wann und wo ermordet hat. Wer, wann und wo gehört zum journalistischen Einmaleins. Diese Information darf in keinem Artikel fehlen. Es scheint, dass die Leute von "Star" wenig Ahnung vom Zeitungsmachen haben.
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