07.01.2020

Mona mittendrin

SRF-Reportage verletzte Menschenwürde nicht

Nach der Ausstrahlung der kritisierten Folge von «Mona mittendrin» hatte Ombudsmann Roger Blum acht Beanstandungen zu beurteilen. In Nebenpunkten gibt er zweien recht. SRF hätte die Angehörigen informieren und die Szene von Beginn an stärker verpixeln sollen.
Mona mittendrin: SRF-Reportage verletzte Menschenwürde nicht
Moderatorin Mona Vetsch ist betroffen vom soeben Erlebten. (Bild: Screenshot SRF)

Das Fernsehen SRF hat mit der Sendung «Mona mittendrin – bei der Berufsfeuerwehr» vom 14. November 2019 nicht die Menschenwürde verletzt. Im Film sei kein Toter gezeigt worden, der erkennbar sei, stellt Ombudsmann Roger Blum in seinem Schlussbericht fest.

In sieben beim Ombudsmann eingegangenen Beanstandungen zur SRF-Reportage bei der Basler Berufsfeuerwehr wurde eine kurze Szene kritisiert, in der gezeigt wurde, wie die Feuerwehr einen Mann aus einer Toilette birgt, in der er eingeschlossen war und wie erfolglos versucht wird, ihn wiederzubeleben.

Das Publikum erlebte so mit, dass es im Laufe des Einsatzes der Feuerwehr einen Toten gab. In den Beanstandungen wurde hauptsächlich die Verletzung der Menschenwürde angeprangert.

Die Achtung der Menschenwürde ist eine zentrale Norm des Radio- und Fernsehgesetzes und der nachgelagerten SRG-Konzession. Auch der Journalistenkodex, den der Schweizer Presserat anwendet, verlangt von Journalistinnen und Journalisten, dass sie die Menschenwürde respektieren. Von der Menschenwürde gehen auch die «publizistischen Leitlinien» von Radio und Fernsehen SRF aus.

Keine Verletzung der Menschenwürde

Ombudsmann Roger Blum sieht in der kritisierten Sendung generell keine Verletzung dieser Grundrechte. Im Film sei nämlich kein Toter gezeigt worden, der erkennbar sei. Der Mann sei dank Verpixelung nicht sichtbar gewesen - ausser seine Hand, die eine Sekunde lang im Bild war. Der Mann sei damit doppelt nicht erkennbar, nämlich weder physisch (als menschlicher Körper) noch individuell (als Mensch mit einem Gesicht und einem Namen), argumentiert der Ombudsmann der SRG.

Die zuständige SRF-Redaktion stellte in ihrer Stellungnahme fest, dass die Szene wichtig war, weil sie es ermöglichte, den Feuerwehralltag in all seinen Facetten darzustellen. Dazu gehörten auch belastende Situationen. Der Kameramann habe die Szene zurückhaltend gedreht und eine Kameraposition gewählt, die die Anonymität des Mannes gewährleistet und den Fokus auf die Reporterin und die Feuerwehrleute gelenkt habe.

SRF sei auch im Nachhinein der Meinung, dass die Szene sachgerecht und angemessen aufbereitet worden sei. Auf der Bild- und Tonspur werde bezüglich Form und Dauer der Szene die Realität weder dramatisiert noch verharmlost. Die Würde des Verstorbenen sei nicht verletzt und seine Identität sei geschützt worden.

Kritik in Nebenpunkten

In Nebenpunkten gibt der Ombudsmann zwei Beanstandungen teilweise recht. Anscheinend sei in der ursprünglichen Version des Films der Tote stärker sichtbar gewesen. Es sei zudem ein Fehler gewesen, dass die Angehörigen des Toten nicht vor der Ausstrahlung der Sendung kontaktiert und informiert worden seien, kritisiert der Ombudsmann.
Wie üblich stellte SRF interessierten Medien rund zwei Wochen vor Ausstrahlung des Films eine Arbeitskopie der Sendung inklusive Pressetext zur Verfügung. Begleitet wurde das Material vom Hinweis, das Videomaterial sei vertraulich zu behandeln und dürfe nicht weiterverbreitet werden.
Vor der Ausstrahlung des Films hatte die Zeitung Blick mit unautorisierten Einzelbildern SRF angeprangert, den Tod eines Menschen zu zeigen. Nach der Ausstrahlung des Films enthüllte der Blick den Namen des Toten (persoenlich.com berichtete).

Der Ombudsmann stellte in diesem Zusammenhang fest, dass sich ethische Prinzipien hier nicht zum vorneherein von selber durchgesetzt hätten, sondern, dass die vom Blick angestossene Debatte dazu geführt habe, dass die Redaktion die Szene im Hinblick auf die Ausstrahlung noch mehr verpixelte. Die Redaktion habe zudem offensichtlich die Recherche nach der Identität des Verstorbenen vorschnell aufgegeben.
Die Redaktion hält dazu fest, dass die Identität des Verstorbenen vor Ort niemandem bekannt gewesen sei. Nach dem Dreh habe das TV-Team nach der Identität der verstorbenen Person gefragt, um allenfalls Kontakt mit den Angehörigen aufzunehmen. Aus Datenschutzgründen hätten die Behörden darauf verzichtet, nähere Angaben zur verstorbenen Person zu machen.

Zwiespältige Rolle des Blick

Laut dem SRF-Ombudsmann spielte der Blick eine zwiespältige Rolle, weil das Blatt Fernsehen SRF einen Tabubruch vorwarf, aber selber Tabus brach, indem es ebenfalls Bilder zeigte, den Namen des Verstorbenen enthüllte und die Schwester des Verstorbenen im Voraus mit einer Sichtweise des Films konfrontierte, die der Realität nicht entsprach. Im Interview mit persoenlich.com sagte Chefredaktor Christian Dorrer damals: «Wir wollen die Debatte lancieren».

Eine achte Beanstandung an der SRF-Reportage kritisierte, dass bei einem anderen Einsatz zwei Personen gezeigt wurden, die auf einem Balkon ein Feuer gemacht hatten, ohne dass diese ihr Einverständnis zur Ausstrahlung der Fernsehaufnahmen gegeben hatten.

Der Ombudsmann unterstützt diese Beanstandung nicht. Das Publikum habe mit Sicherheit kein schlechtes Bild von den beiden Personen erhalten, stellt er fest. Es sei nicht ersichtlich, wie sie negativ oder falsch dargestellt worden sein könnten. (sda/wid)



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