15.05.2025

Kooperation

SRG nimmt sich zurück, Verleger kommen entgegen

Die SRG schränkt sich in zentralen Bereichen ein und kooperiert mit den Privaten. Im Gegenzug spricht sich der Verlegerverband gegen die Halbierungsinitiative aus. Die TX Group trägt die Vereinbarung nicht mit.
Kooperation: SRG nimmt sich zurück, Verleger kommen entgegen
Sie haben sich gefunden: SRG-Generaldirektorin Susanne Wille und Verlegerpräsident Andrea Masüger. (Bilder: Keystone/Urs Flüeler).

Am Donnerstagmorgen traten in Luzern die Spitzen von SRG und Verlegerverband Schweizer Medien zusammen an die Öffentlichkeit. Nach mehreren Monaten gemeinsamer Verhandlungen präsentierten SRG-Generaldirektorin Susanne Wille und Verlegerpräsident Andrea Masüger eine Reihe gemeinsamer Massnahmen. Zusammen wolle man eine umfassende journalistische Versorgung auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene gewährleisten und so den Medienplatz Schweiz stärken.

Im Dienste der Bürgerinnen und Bürger

SRG-Generaldirektorin Susanne Wille kommentierte die Einigung mit den Verlegern so: «Wir stehen gegenüber den Menschen in der Schweiz gemeinsam in der Verantwortung.» Und VSM-Präsident Andrea Masüger ergänzte: «Wenn öffentliche und private unabhängige Medien sich ergänzen, gewinnen die Bürgerinnen und Bürger.»

Es sei das erste Mal, dass öffentliche und private Medien in der Schweiz eine derartige Zusammenarbeit eingehen, heisst es in einer Medienmitteilung. Die Premiere betrifft indes nur die Dimension der beschlossenen Massnahmen. Kooperationen zwischen SRG und Verlegern gibt es schon lange. So stellt die SRG den privaten Medien kostenlos audiovisuelles Rohmaterial zur Verfügung oder bietet Programmfenster für die Presse-TV-Sendungen.

TX Group fordert klare Rollenteilung

Die Einigung kam auch vor dem Hintergrund des politischen Drucks zustande, der auf der SRG lastet mit der Halbierungsinitiative, die voraussichtlich im kommenden Jahr zur Abstimmung gelangt. Im Gegenzug zur Selbstbeschränkung und Kooperationsbereitschaft der SRG bekennt sich der Verlegerverband zur Gebührenfinanzierung der SRG und lehnt eine Reduktion der Haushaltsabgabe auf 200 Franken pro Jahr ab.

Diesem Deal mochte sich die TX Group nicht anschliessen. Deren Präsident und Verleger Pietro Supino legte am Mittwoch in den Tamedia-Titeln seinen Standpunkt dar und forderte von der SRG eine Selbstbeschränkung auf jene Leistungen, die Private nicht erbringen. «Die SRG sollte gemeinsam mit den privaten Medienanbietern ein komplementäres Mediensystem anstreben», so Supino. Der Service-public-Auftrag liesse sich auch mit 200 Franken Abgabe pro Haushalt und Jahr sowie dem kommerziellen Ertrag erfüllen (persoenlich.com berichtete).

Online-Angebot der SRG fokussiert auf Audio und Video

Die in Luzern präsentierte Vereinbarung betrifft insbesondere die Online-Aktivitäten der SRG. Deren Ausmass kritisierten die Verleger in der Vergangenheit immer wieder als zu gross und wettbewerbsverzerrend. In Zukunft will die SRG ihr digitales Angebot stärker auf Audio und Video ausrichten. Textbeiträge sollen nicht mehr als 2400 Zeichen umfassen. Bereits heute beschränkt sich die SRG in dem Bereich, allerdings nur bei aktuellen Nachrichtentexten ohne Sendungsbezug. Von der neuen Umfangsbeschränkung ausgenommen sind Beiträge im rätoromanischsprachigen Angebot, sowie Texte auf Swissinfo. Auf ein Textformat wird zudem komplett verzichtet: Nicht mehr anbieten wollen die Redaktionen der SRG textbasierte Liveticker bei exklusiv übertragenen Sportereignissen.

Weiter will die SRG ihre Beiträge nur noch «ausnahmsweise» auf internationalen Tech-Plattformen wie YouTube oder Instagram ausspielen. Schon heute nutzt sie diese Möglichkeit nur ergänzend zur eigenen Infrastruktur mit Play-Plattformen. Unter dem Projektnamen «Play Next» entsteht derzeit eine nationale Streamingplattform (persoenlich.com berichtete). Darauf «sollen bei Bedarf auch Inhalte der privaten Medien verbreitet werden können», halten Verleger und SRG fest. Eine solche Kooperation wäre anfänglich auch für die nationale Filmplattform «Play Suisse» vorgesehen gewesen, doch die SRG entschied sich für einen Alleingang. Die SRG klärt zudem weiter ab, ob auf der neuen Plattform eine Login-Pflicht eingeführt wird, wie das heute bei den meisten grossen Medienplattformen der Privaten bereits der Fall ist.

Gemeinsames Vorgehen bei teuren Sportrechten

Im Fernsehbereich stellt die SRG Bildmaterial zur freien Nutzung zur Verfügung, wie das schon seit 2019 der Fall ist und wozu die SRG seit Anfang 2025 sogar gemäss Konzession verpflichtet ist. Dieses Angebot wird im Zuge der Vereinbarung weiter ausgebaut.

Beim Fernsehsport will sich die SRG künftig auf Inhalte konzentrieren, die nicht auch kommerzielle Anbieter zeigen können. Weiter will man beim Erwerb der Sportrechte stärker auf die Privaten Rücksicht nehmen. Als mögliche Form der Kooperation bietet sich in diesem kostspieligen Geschäft die Etablierung von Bietergemeinschaften an. Hierzu gelte es, die kartellrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Verlegerverband und SRG werden die gesamte Vereinbarung dem Sekretariat der Wettbewerbskommission vorlegen, bevor sie in Kraft treten kann.

Im Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI) wollen Verlage und SRG fortan auch am gleichen Strick ziehen. Bisher sperrten private Medien ihre Inhalte für die Nutzung durch KI-Plattformen, während die SRG ihren Content dafür freigegeben hatte. Nun sperrt die SRG «ihre Inhalte für KI-Systeme, wenn auch die führenden Verlage dies tun», heisst es in der Medienmitteilung zur Vereinbarung.

SRG wirbt für sich bei den Privaten

Im Sinne einer Quersubventionierung oder unkonventionellen Medienförderung wird die SRG die Mittel für Online-Marketing in Zukunft vor allem auf den Plattformen der privaten Schweizer Medienhäuser investieren und nicht mehr auf den internationalen Tech-Plattformen. Damit werde «ein wichtiges Zeichen zur Stärkung des Werbemarkts Schweiz» gesetzt, heisst es.

Die Vereinbarung haben vorerst der Deutschschweizer Verlegerverband und die SRG unterzeichnet. Die Schwesterorganisationen in der Westschweiz und im Tessin sind noch nicht Teil davon. Doch Médias Suisses und Stampa Svizzera sollen die Einigung ebenfalls unterzeichnen.

Wie geht es nun weiter? Ein Runder Tisch mit Vertretern der SRG und der Verlegerverbände soll die Umsetzung regelmässig überprüfen und Weiterentwicklungen anstossen. Auch mit der TX Group wollen die Parteien weiterhin reden.


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Claude Bürki
16.05.2025 14:30 Uhr
Was Wille will und Masüger spricht, das nehme zur Kenntnis und murre nicht.
Victor Brunner
15.05.2025 11:22 Uhr
Ein typischer nicht durchdachter Kuhhandel der vieles offen lässt! Masüger und Wille sind nicht fähig nachhaltige Lösungen zu bieten. Einmal mehr, die Direktbetroffenen die SERAFE, Zeitungsabos bezahlen werden nicht zu ihrer Meinung befragt. Immer schön an den Kunden vorbei und weiter wursteln.
Kommentarfunktion wurde geschlossen