von Michèle Widmer
Im Bündner Medienhaus Somedia herrscht Aufruhr, die Führung fährt zurzeit einen kommunikativen Zickzackkurs. Unter Spardruck hatte der Verlag Ende Januar verkündet, die Redaktionen der beiden Blätter «Südostschweiz» und «Bündner Tagblatt» zusammenzulegen (persoenlich.com berichtete). 16 der insgesamt 127 festen Mitarbeiter seien betroffen, 600 Stellenprozent würden wegfallen. Dann kam Mitte März die Kehrtwende: Die beiden Zeitungen bleiben unabhängig, sollen aber Mitte April enger zusammenarbeiten (persoenlich.com berichtete). Begründet wird dies mit einer «Modifikation des Konzepts».
Teile dieses überarbeiteten Konzepts stellt Somedia-CEO Andrea Masüger in diesen Tagen im Medienhaus in Chur vor. Das Verlagshaus will künftig ohne Bundeshausredaktion auskommen. Der Journalist Dennis Bühler hat die Kündigung erhalten, wie er auf Twitter verkündet. Die «Südostschweiz» streiche ihre überregionale Redaktion. «Somedia baut die bestehenden 140 Stellenprozent in Bundesbern ab», fügt Bühler auf Anfrage von persoenlich.com an. Davon betroffen seien er sowie sein Kollege Jonas Schmid.
Entlassen: #Somedia hat mir gestern gekündigt - die @suedostschweiz streicht ihre überregionale Redaktion + setzt fortan offenbar ausschliesslich auf Regionalberichterstattung.
— Dennis Bühler (@DennisBuehler) 22. März 2018
Um Somedia mach ich mir mehr Sorgen als um mich. Für mich gilt: Ich bin offen für Neues.
Als Mitglieder des gemeinsamen Bundeshausteams von «Südostschweiz» und «Aargauer Zeitung» haben die zwei für beide Zeitungen geschrieben. Es ist anzunehmen, dass diese Zusammenarbeit zwischen Somedia und AZ Medien nun aufgelöst wird. Auf Anfrage bleibt CEO Masüger vage: «Wir arbeiten an einem unabhängigen Mantelkonzept, welches erst im Mai fertiggestellt werde.» Vorher könne er keine Auskünfte geben. Auch von den AZ Medien ist dazu nicht mehr zu erfahren. Der Entscheid bezüglich Abbau sei von Somedia getroffen worden, sagt Sprecherin Monica Stephani auf Anfrage und verweist für weitere Fragen an den Bündner Verlag.
Die Lektüre seiner Texte war in all den Jahren Pflicht, weil er sich auch in der Kür verstand. Unvoreingenommen, produktiv, der Wahrheit verpflichtet, ein exzellenter Schreiber. Danke für deine Arbeit, @DennisBuehler! https://t.co/UeiJanO4NP
— Mark Balsiger (@Mark_Balsiger) 22. März 2018
Eine weitere Schweizer Zeitung, die künftig ohne kritischen Medienjournalismus daher kommt. Traurig https://t.co/0wEuN6hp3B
— Manuel Puppis (@ManuelPuppis) 22. März 2018
Welch ein Niedergang. Traurig. https://t.co/wLST9Z0ZHC
— Fabian Renz (@renzfabian01) 22. März 2018
Wenn die Verleger nun auch noch beginnen, ihre besten Autoren auf die Strasse stellen, dann ist das ein weiteres Alarmsignal für unsere Branche! Kämpfen wir für den Journalismus! @DennisBuehler, an deiner rosigen Zukunft zweifle ich nicht! Go on, (room-)mate! https://t.co/WaAiP2EaDm
— Sebastian Gänger (@sebigaenger) 22. März 2018
Auf Twitter reagierten viele Journalisten und Medienwissenschaftler mit Bedauern auf die Entlassung von Dennis Bühler. In seiner Berichterstattung hat der Journalist, der gleichzeitig auch Mitglied im Presserat ist, die Schweizer Medienbranche stets kritisch beobachtet – und davon seinen Arbeitgeber Somedia nicht davon ausgenommen. Ob ihm das nun «das Rückgrat gebrochen hat» wisse er nicht, sagt er dazu. Der offizielle Grund für seine Entlassung sei die «sogenannte Restrukturierung». Bühler wird voraussichtlich noch bis Ende Juli für SO und AZ im Bundeshaus tätig sein. Danach sei er «offen für Neues», wie er schreibt. Er mache sich um Somedia mehr Sorgen als um sich.