08.05.2022

Publikationsverbot

Supino weibelt für Ablehnung im Nationalrat

Für den VSM-Präsidenten Pietro Supino geht es bei der Abstimmung über die Zivilprozessordnung im Nationalrat um nichts weniger als die Medienfreiheit. Am «Maulkorb»-Artikel des Bankengesetzes will die Wirtschaftskommission des grossen Rats derweil festhalten.
Publikationsverbot: Supino weibelt für Ablehnung im Nationalrat
«Die Bewahrung der Schweizer Medienfreiheit liegt in den Händen unserer Nationalrätinnen und Nationalräte», sagt VSM-Präsident und TX-Group-Verleger Pietro Supino zur Abstimmung vom 10. Mai über die Zivilprozessordnung. (Bild: Screenshot Livestream Dreikönigstagung 2022)

Eine breite Medienallianz – darunter unter anderem der Verlegerverband (VSM), die SRG und Mediengewerkschaften – fordert vom Nationalrat, von einer «Verschärfung der Zivilprozessordnung (ZPO)» abzusehen. Grund: Die Pressefreiheit in der Schweiz sei sonst gefährdet (persoenlich.com berichtete). Nun hat VSM-Präsident und TX-Group-Verleger Pietro Supino mit einem Editorial unter dem Titel «Wir müssen die Medienfreiheit schützen» in den Tamedia-Zeitungen nachgelegt: «Eine Verschärfung des Artikels 266 der ZPO würde vor allem den investigativen Journalismus einschränken.»

Die ZPO-Änderung soll es ermöglichen, dass missliebige Medienartikel künftig gestoppt werden können, wenn bloss ein «schwerer» und nicht mehr «sehr schwerer» Nachteil droht. «Der Änderungsvorschlag durchbricht ein System, das sich in einer jahrelangen Praxis bewährt hat», kritisiert Supino. Der bestehende Wortlaut dagegen sei «sorgfältig gewählt» und verhindere einen «unverhältnismässigen Eingriff in die journalistische Arbeit».

Wenig überraschend nimmt Supino bezüglich der Abstimmung über die ZPO-Änderung im Nationalrat vom 10. Mai kein Blatt vor den Mund in seinem Editorial: «Die Bewahrung der Schweizer Medienfreiheit liegt in den Händen unserer Nationalrätinnen und Nationalräte. Sie können sie durch die Ablehnung der Änderung des Artikels 266 der ZPO schützen.»

Kommission will «Maulkorb»-Artikel beibehalten

Nach den Enthüllungen von «Suisse Secrets» bei der Grossbank Credit Suisse sieht die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N) derweil keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Die Pressefreiheit in Finanzplatzfragen werde genügend geschützt, lautet der Tenor.

Zu diesem Schluss kam die Kommission nach Anhörungen von Vertreterinnen und Vertretern der Schweizerischen Bankiervereinigung und Experten für Wirtschaftskriminalistik und Medienrecht, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten. Die Mehrheit argumentiert demnach, dass sich die Schweizer Banken über die vergangenen Jahre in Bezug auf die Prävention von Geldwäscherei und anderen wirtschaftskriminellen Aktivitäten stark weiterentwickelt hätten und den internationalen Standards entsprächen.

Mit einer Anpassung des Bankengesetzes bestehe das Risiko, dass öffentlichen Vorverurteilungen von Privatpersonen Vorschub geleistet würde, hiess es weiter. In der Praxis seien bis anhin noch nie Medienschaffende aufgrund einer Verletzung von Artikel 47 des Bankengesetzes gerichtlich verurteilt worden.

Recherche verhindert

Linke Parteien und auch die Uno-Berichterstatterin für Meinungsfreiheit hatten in den vergangenen Monaten den «Maulkorb»-Artikel im Bankengesetz scharf kritisiert. Die Schweiz hatte die Kritik von Uno-Berichterstatterin Irene Khan am Artikel 47 allerdings zurückgewiesen. Wegen dieses Artikels konnten etwa die Tamedia-Zeitungen nicht im internationalen Recherchenetzwerk mitarbeiten, das die «Suisse Secrets» aufdeckte.

Schweizer Journalistinnen und Journalisten müssen nämlich Sanktionen befürchten, wenn sie über Enthüllungen aufgrund gestohlener oder geleakter Daten berichten. Das Strafmass für Zuwiderhandlungen beläuft sich auf bis zu drei Jahre Haft.

Recherchen der Süddeutschen Zeitung (SZ) und weiterer Medien hatten Daten aus der Credit Suisse enthüllt, die den Zeitungen nach eigenen Angaben von einer anonymen Quelle zugespielt wurden. In einer Stellungnahme wies die Credit Suisse die Vorwürfe und Unterstellungen über «angebliche Geschäftspraktiken der Bank entschieden zurück». (tim/sda)



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Kommentare

  • Victor Brunner, 07.05.2022 16:11 Uhr
    So reich wie Herr Supino schreibt ist die Medienlandschaft nicht. Beispiel TAmedia: viele Titel garantieren noch keine Vielfalt. Einheitsbrei im ganzen Mittelland. Im Auslandteil dominiert bei TAmedia die Süddeutsche Zeitung. Die Schweizer Sicht komt da zu kurz. Auch müssten halt die Verleger, Redaktionen, JournalistenInnen für die Medienfreihheit kämpfen so wie es Gewerkschaften, Klimaaktivisten tun. Nur jammern trägt keine Früchte!
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