24.09.2004

SF DRS

Ulrich Tilgner bleibt weiter in Bagdad

Korrespondent gibt Auskunft über das Arbeiten im Irak.

Immer mehr Gruppen sind in Irak aktiv, die Lage wird komplexer und das Risiko für Journalisten grösser. Kurzum: Die Berichterstattung aus dem Land wird schwieriger. Trotzdem wird SF-DRS-Korrespondent Ulrich Tilgner weiter aus Bagdad berichten. "Noch vor acht Wochen bin ich quer durch Irak gefahren; das ist heute in dieser Form nicht mehr möglich", sagte Tilgner im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Grundvoraussetzung für eine Reise seien sehr gute Kenntnisse über die Lage.

"Trotzdem wird das Risiko grösser." Entscheide würden deshalb in letzter Minute gefällt und die Sicherheitsvorkehrungen laufend verstärkt, sagte der Journalist weiter, der bis Anfang September in Irak war. Tilgner kennt Berichte, wonach kriminelle Banden Ausländer entführen und an politische Gruppen verkaufen. "Es gibt aber Möglichkeiten, den Entführern aus dem Weg zu gehen", sagte er. Und es gebe in Bagdad nach wie vor Quartiere, in denen man sich fast frei bewegen könne.

Als Beispiel nannte der Fernsehmann das schiitische Armenviertel "Sadr City", das faktisch unter der Kontrolle von Anhängern des radikalen Schiitenpredigers Muktada el Sadr steht. In dem Quartier war es erst wieder am Mittwoch zu heftigen Kämpfen mit dutzenden Toten gekommen. Beim Drehen des Fernseh-Teams in Sadr City passten die Milizen der "Mahdi-Armee" El Sadrs auf sie auf. "Die sorgen dafür, das nichts passiert", sagte Tilgner. Kriminelle Gruppen hielten sich zurück. "Das Problem ist, sicher nach Sadr City zu kommen", fügte er hinzu.

Die Berichterstattung werde aber durch die Aufpasser erschwert. "Ist einer dabei, sagt die Bevölkerung nicht was sie wirklich denkt", gab Tilgner als Beispiel. Als Journalist könne man sowieso nur Ausschnitte des Geschehens in Irak beleuchten. Fazit des langjährigen Nahost- und Irak-Korrespondenten: Zwar erschwere die sich rapide verschlechternde Sicherheitslage die Arbeit. Doch aus Irak zu berichten, werde vor allem durch die täglich komplexer werdende Lage im Land selbst erschwert.

"Dadurch wird es schwieriger, Ereignisse zu beurteilen oder gar Prognosen abzugeben", sagte Tilgner. Immer mehr Gruppen seien im Land aktiv, die politische Kultur habe sich verändert und das Aggressionspotenzial zugenommen. "Die Frage ist, warum?" sagte er. Tilgner gab als Beispiel die Zunahme der Terroranschläge im Land: "Bedeutet dies, dass es der irakischen Übergangsregierung und den Besatzungstruppen gelungen ist, die Widerstandsgruppen an die Wand zu drängen, oder heisst es umgekehrt, dass der Widerstand in die Offensive gegangen ist?", fragte er.


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