24.01.2024

Radionews

Unabhängige Sender setzen auf Lokalkolorit

Die Privatradios Basilisk, Top und Zürisee verstehen Roger Schawinskis Strategie mit seinem Radio 1 nur bedingt. Dieses wird künftig die Nachrichtensendungen von CH Media beziehen. Der Schritt sei nur aus rein wirtschaftlicher Sicht verständlich, sagen andere Senderchefs.
Radionews: Unabhängige Sender setzen auf Lokalkolorit
Dass Radio 1 künftig seine News von CH Media bezieht, können andere unabhängige Radiomacher nur bedingt verstehen. (Bild: Keystone/Alessandro Della Bella)

Der Zürcher Lokalsender Radio 1 produziert voraussichtlich ab März keine eigenen Nachrichtensendungen mehr. Stattdessen werden diese künftig von CH Media übernommen (persoenlich.com berichtete). «Im Zeitalter von unzähligen Newsportalen und zahlreichen Pushmeldungen haben Newsbulletins mit ihren Pflichtmeldungen an Ausstrahlungskraft verloren», begründete Radio-1-Chef Roger Schawinski in einem persoenlich.com-Interview diesen Schritt.

«Das trifft unseres Erachtens primär auf die Berichterstattung auf nationaler und internationaler Ebene zu», präzisiert Philippe Pfiffner, Geschäftsführer der Top-Medien, auf Anfrage von persoenlich.com. «Was in ihrer Region geschieht, erfahren unsere Hörerinnen und Hörer nach wie vor am schnellsten bei Radio Top.»

Konventionelle News seien tatsächlich austauschbar geworden, «und das Informationsverhalten der Menschen hat sich verändert – wie übrigens das Medium Radio ebenfalls», so Matthias Kost, Geschäftsleiter von Radio Zürisee. «Wenn aber eigene durch fremdproduzierte News ersetzt werden, geht's weniger um die Ausstrahlungskraft, sondern um rein wirtschaftliche Aspekte.» Diesen Schritt könne Kost durchaus nachvollziehen.

Auch Matthias Hagemann, Inhaber von Radio Basilisk, zeigt für Schawinskis Entscheid, die News künftig einzukaufen, ein gewisses Verständnis: «Der Schritt von Roger Schawinski ist für mich allenfalls aus wirtschaftlichen Gründen verständlich, das letzte Jahr war für alle schwierig.» Doch würden Nachrichten inhaltlich unverändert zum stimmigen Gesamtpaket Lokalradio gehören, so Hagemanns Überzeugung.

Für die von persoenlich.com angefragten Sender, alle drei in den Top 20 der reichweitenstärksten Privatsender in der Deutschschweiz und unabhängig von den grossen Radioplayern CH Media und Energy-Gruppe, ist klar: Eigene News zu produzieren, lohnt sich allemal. «Unsere sehr hörernahen News sind ein Teil unseres Infotainment-Programmes und werden von uns nicht isoliert betrachtet – daher stellen wir uns da nicht die Frage des ‹Lohnens», so Kost vom Rapperswiler Sender Zürisee. «Wir richten uns nach den Bedürfnissen des Hörermarktes, unser Radioprogramm ist eine Gesamtbetrachtung.» Radio Zürisee habe den Anspruch, die Hörenden gut zu informieren und zu unterhalten, in einer zeitgemässen Art und Weise.

Deshalb hat sich Radio Zürisee im letzten Jahr auch einem umfassenden Refresh unterzogen. Unter anderem wurden die News angepasst: Sie sind nur noch kurz, mit inhaltlichem Fokus auf relevante regionale Geschichten – und in Mundart vorgetragen. «Denn da spüren wir nach wie vor ein Bedürfnis und schaffen mit unseren regionalen Nachrichten auch den Unterschied», so Kost.

Redaktionen machen mehr als «nur» News

Vom oberen Zürichsee ans Rheinknie: «Unsere Journalisten erstellen nicht ‹nur› News, sondern auch wichtige lokale Inhalte für die Moderation», betont Hagemann von Radio Basilisk. «Da der Lokalkolorit einer unserer USP ist, hätte ich Bedenken, die News von dritter – nichtbaslerischer – Seite zuliefern zu lassen.»

Auch der Winterthurer Sender Radio Top sei zwar durch die Entwicklung auf dem nationalen Werbemarkt unter Druck, betont Pfiffner. «Als Regionalsender setzen wir aber auf Inhalte aus unserem Sendegebiet und machen diese zu unserer Stärke.»

Zurück zu Roger Schawinski. Sein als Mitinitiant eingereichtes Projekt Radio Alpin hat kürzlich vom Bund die Konzession für die Region Südostschweiz erhalten. «Ich frage mich, ob man in Graubünden diese Einstellung zu lokalen News begrüsst», so Hagemann von Radio Basilisk.


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Herrn Remo Civatti
24.01.2024 13:38 Uhr
Die Radiolandschaft befindet sich mitten in einem strukturellen Wandel. Was gestern noch zählte ist heute nicht mehr gefragt. Einmal mehr zeigt Roger Schawinski, dass er immer noch eine vorreiter Rolle einnimmt. Nur ein Radio Logo aufpeppen reicht nicht.
Roger Schawinski
24.01.2024 10:21 Uhr
Mit einigem Erstaunen nehme ich diese Einschätzungen von Kollegen zur Kenntnis. Radio Top etwa sendet am Wochenende gar keine News mehr. Sparmassnahmen! Radio Zürisee nach eigenen Angaben vorwiegend nur noch lokale News. Ziemlich mager, finde ich! Radio Basilisk hat Probleme mit anderen Dialekten. Wir werden bei Radio 1 auch in Zukunft professionelle News - nationale, internationale und lokale - senden, ebenso Berichte von Korrespondenten aus dem In- und Ausland. Ausserdem haben wir anders als alle anderen Privatsender vertiefende, lange Wortsendungen im Programm. Radio Alpin wird wie heute Radio Südostschweiz die nationalen und internationalen News von CH Media beziehen und die regionalen News durch eine ausgebaute eigene Redaktion produzieren lassen, um so ein schwergewichtiges journalistisches Gegengewicht zum bisherigen regionalen Monopolisten Somedia zu bieten.
Kommentarfunktion wurde geschlossen

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

persönlich Exemplar
Die neue «persönlich»-Ausgabe ist da - jetzt Probe-Exemplar bestellen.