Herr Schawinski, Sie haben heute die Kündigung von sechs Fest- und Teilzeitangestellten kommuniziert (persoenlich.com berichtete). War dies unumgänglich?
Absolut. Der massive Rückgang der Werbung ist bei allen Medien spürbar. Bei uns ist es vor allem die nationale Radiowerbung, die eingebrochen ist.
Was erhoffen Sie sich durch diesen Schritt?
Dass wir die vorhandenen Mittel weiterhin dort einsetzen können, wo wir einen USP haben, also bei Sendungen mit starken Meinungen und vertiefenden Informationen. Etwa mit den exklusiven Morgenkolumnen mit Elmar Ledergerber, NZZ-Inlandchefin Christina Neuhaus, Handelszeitung-Chefredaktor Markus Diem Meier, Matthias Ackeret und meiner Wenigkeit. Dann mit dem wöchentlichen Doppelpunkt, Roger gegen Markus mit Markus Somm, mit der Shortlist und mit Talk Radio, den vielen zweistündigen Sendungen mit vielen Experten zu Topthemen wie Corona, Ukraine oder Gaza.
«Unser Angebot ist weiterhin grösser als bei jedem anderen Sender»
Neu werden Ihre News-Bulletins von CH Media produziert. Wodurch unterscheidet sich Radio 1 künftig publizistisch von anderen Sendern wie Radio 24 oder Radio Argovia, die auch Peter Wanner gehören?
Als ich Radio 1 vor 16 Jahren gründete, profilierten wir uns mit Breaking News. Tempi passati! Im Zeitalter von unzähligen News-Portalen und zahlreichen Push-Meldungen haben News-Bulletins mit ihren Pflichtmeldungen an Ausstrahlungskraft verloren. Profilieren kann und muss man sich mit anderen Gefässen – und da ist unser Angebot weiterhin grösser als bei jedem anderen Sender.
Sie setzen sich seit 1979 für die publizistische Meinungsvielfalt im Radio ein. Gibt es diese nach diesem Entscheid überhaupt noch?
News-Bulletins haben nichts mit Meinungsvielfalt zu tun. Es handelt sich bei ihnen vorwiegend um die Chronik der laufenden Ereignisse, die man auch im Netz auf vielen Plattformen konsumieren kann.
Was passiert beispielsweise, wenn die Zürcher Stadtpräsidentin an einer Pressekonferenz ihren Rücktritt verkündet. Sind Sie mit Ihrem Radio dort vertreten?
Erstens findet ein solches Ereignis nur alle 12 bis 16 Jahre statt. Ich kann versprechen, dass wir diese Topmeldung blitzschnell auf den Sender bringen werden. Und anschliessend liefern wir das ultimative Interview mit Corine Mauch, auf das ich mich schon lange freue.
Sie haben soeben die Radiokonzession im Kanton Graubünden bekommen, dies nicht zuletzt als Garant der Meinungsvielfalt. Inwiefern unterscheidet sich Ihr neues Radio von Radio Südostschweiz, das seine News-Sendungen auch bei CH Media bezieht?
Laut Konzession ist die regionale Berichterstattung entscheidend. Und da werden wir unabhängig berichten, unabhängig vom bisherigen Monopolisten Somedia. Das ist der wichtigste Beitrag zur Angebots- und Meinungsvielfalt. Mit dem Know-how von Radio 1 werden wir das bisherige Angebot massiv verbessern.
«Der Schritt ist mir alles andere als leichtgefallen»
Wie haben Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Beschlüsse vom Montag aufgenommen?
Sehr überrascht. Der Schritt ist mir alles andere als leichtgefallen. Aber die Zeiten, wo jedes Radio die News-Bulletins allein produziert, sind definitiv vorbei. Das macht weder die SRG noch die CH Media mit ihren zwölf Sendern oder Ringier mit seiner Energy-Gruppe.
Wann tritt die neue Regelung in Kraft?
Wohl etwa Mitte März.
Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt Radio 1 noch?
In unserer Firma hat es weiterhin circa 20 feste und einige freie Mitarbeitende.
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23.01.2024 09:11 Uhr
23.01.2024 07:33 Uhr