25.11.2002

Revision des Postgesetzes

Verleger protestieren gegen weitere Kürzung

"Finanzpolitik gefährdet die Ziele der Presseförderung".

Gegen die Medienpolitik des Bundes hat am Montag der Verband Schweizer Presse im Namen der Verlage aller Grössen in Bern protestiert. Kritisiert wird, dass der Bundesrat ausgerechnet den kleinen und mittleren Zeitungen existenzgefährdende Lasten aufbürden wolle, wie es in einer Mitteilung heisst. Nach Angaben der Post seien Porto-Aufschläge um 100 Prozent möglich. Mit betroffen sind gemäss Schweizer Presse zahlreiche gemeinnützige, kirchliche und kulturelle Presseorgane. "Viele von ihnen werden ihr Erscheinen einstellen müssen, wenn das Parlament diesen amtlichen Kahlschlag nicht stoppt", wie der Verband schreibt.

Als "Zwängerei" und als "unverständlich" bezeichnete Verbandspräsident Dr. Hans Heinrich Coninx, VR-Präsident der Tamedia AG, den erneuten Antrag des Finanzdepartements, die Bundesbeiträge an die Post zur Verbilligung der Zeitungstransporttaxen von 100 auf 80 Millionen Franken zu kürzen. Zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften mit Auflagen zwischen 30'000 und 500'000 Exemplaren müssten mit massiven Tariferhöhungen rechnen.

Die Änderungen sollen laut Verband durch die Revision des Postgesetzes ab Anfang 2004 in Kraft treten, und zwar ausgerechnet in einer Zeit, da auf Initiative der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates an einer umfassenden Vorlage für die Presseförderung gearbeitet werde. Verbandspräsident Coninx: "Wenn diese konfuse Politik Tatsache wird, dann gibt es am Ende nicht mehr viel zu fördern; manche Titel werden wegen der massiven Kostensteigerungen ausgerechnet in einer Zeit des Anzeigenschwunds aufgeben müssen, bevor sie eventuell gefördert werden könnten." Der Verband forderte denn auch, das bisherige System der Zeitungstransporttaxen beizubehalten, bis die Ergebnisse der laufenden Systemrevision vorlägen.

Das Argumentarium von Schweizer Presse im Wortlaut

"Nachdem die Kürzung der Bundesbeiträge an die Post von heute 100 auf 80 Millionen Franken innerhalb eines Jahres zuerst vom Parlament und dann vom Bundesrat abgelehnt wurde, liegt die Vorlage nun wieder beim Parlament. Steter Tropfen höhlt den Stein! Dem Willen des Bundes folgend, soll die Post die zu streichenden 20 Mio. Franken kompensieren, indem grossauflagige Zeitungen (> 500'000 Exemplare) keine bevorzugten Tarife mehr erhalten und Publikationen mit Auflagen zwischen 30'000 und 500'000 mit substantiellen Tariferhöhungen konfrontiert werden. Die Änderungen sollen am 1.1.2004 mittels einer Revision des Postgesetztes in Kraft treten. Wir halten sowohl den Zeitpunkt als auch die Vorgehensweise für verfehlt. Zudem kann das Sparziel mit den vorgeschlagenen Massnahmen nicht erreicht werden. Wir bitten um Kenntnisnahme der folgenden Standpunkte:

* Bund verabschiedet sich einseitig aus Vereinbarung mit Post und Verlegern

Infolge der von den Bundesbehörden anfangs der neunziger Jahre geforderten Senkung des Postdefizits wurde 1996 nach langwierigen und zähen Verhandlungen zwischen Bund, Post und Verlegern -- den grössten berechenbaren täglichen Kunden der Post -- ein Kompromiss erreicht, der als "Drittelsmodell" bezeichnet wurde. Dieses Modell sah vor, dass das von der Post geschätzte und im Nachhinein nie nachgewiesene Defizit der Presse-Zustellung (Basis 1991: 270 Mio. CHF) zu gleichen Teilen zwischen der Post, den Verlegern und dem Bund aufgeteilt wird. In der Folge erbrachten alle drei Parteien Jahr für Jahr die von Ihnen geforderten Leistungen. In diesem Zusammenhang muss klargestellt werden, dass die viel zitierten 100 Millionen des Bundes entgegen aller polemischen und interessengerichteten Publizität nicht als "Subventionen an Grossverlage", sondern in die Kasse der Post fliessen. Aus diesem, von drei Parteien getragenen Konsens will sich der Bund nun einseitig verabschieden, indem er seinen Beitrag kürzen lässt.

* Änderungen zum jetzigen Zeitpunkt verbauen zukunftsgerichtete Lösungen

Alle Beteiligten (Post, Verwaltung, Politik und Verleger) sind sich einig, dass das heutige System neu beurteilt werden muss. Die Arbeiten laufen auf allen Seiten auf Hochtouren. Es wäre deshalb vollkommen falsch, zum jetzigen Zeitpunkt Änderungen einzuführen, weil diese einerseits das bestehende, ausserordentlich komplexe System irreparabel aus dem Lot bringen und anderseits ein allfälliges neues System bereits präjudizieren.

* In der Postrechnung verbleibende Publikationen als primär Benachteiligte

Für die Grosskunden ("Mitgliedschaftspresse") wird sich nichts ändern. Sollte die Revision in der vorgeschlagenen Form durchkommen, werden sie mit der Post direkte Preisverhandlungen aufnehmen und aufgrund ihrer Marktmacht gleiche oder bessere Tarife erhalten. Sollte dies nicht gelingen, werden sie auf alternative Verteilformen ausweichen. Das würde unweigerlich zu substantiellen Tariferhöhungen bei den noch bei der Post verbleibenden Titeln führen. Dazu gehören namentlich lokale und regionale Titel aber auch nationale Zeitungen und Zeitschriften als auch Publikationen von gemeinnützigen Organisationen und Verbänden. Gemäss ersten Berechnung der Post kann die Umverteilung zu Preisaufschlägen bei diesen Publikationen bis zu 100 Prozent führen! Für viele Verlage und Organisationen bedeutet dies eine ernsthafte Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz. Schon von daher ist leicht ersichtlich, dass sich die vorgeschlagenen Massnahmen kontraproduktiv zu den politisch angestrebten Zielsetzungen auswirken würden: Die Grossen würden sich selbst helfen, die Anderen, die auf die Post angewiesen sind, sehen sich mit massiv erhöhten Tarifen konfrontiert.


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