06.09.2020

Fall Spiess-Hegglin

«Wir werden Aspekte aus dem Buch publizieren»

Tamedia wehrt sich gegen das Urteil des Zuger Kantonsgerichts. Dieses entschied: Michèle Binswanger darf nicht über die Handlungen von Jolanda Spiess-Hegglin an der Landammannfeier 2014 berichten. Tamedia-Chefredaktor Arthur Rutishauser hat dafür wenig Verständnis.
Fall Spiess-Hegglin: «Wir werden Aspekte aus dem Buch publizieren»
«Es gibt erst Teile des Manuskripts. Die habe ich zu einem grossen Teil gelesen», so Arthur Rutishauser, Chefredaktor Tamedia und SonntagsZeitung. (Bild: Tages-Anzeiger/Urs Jaudas)
von Matthias Ackeret

Herr Rutishauser, wie beurteilen Sie das Verbot des Zuger Kantonsgerichts, über die mittlerweile landesweit bekannte Landmannfeier von 2014 zu berichten?
Ich finde, es stellt einen unverständlichen Eingriff in die Meinung- und Pressefreiheit dar. Da wird ein Buch verboten, bevor es überhaupt geschrieben ist – und es wird eine Persönlichkeitsverletzung unterstellt, einfach weil einem die Autorin und ihre Recherchetätigkeit nicht passt.

Werden Sie dieses Urteil weiterziehen?
Ja.

Tamedia hat die Verteidigung von Michèle Binswanger übernommen. Was ist der Grund?
Weil sie eine Mitarbeiterin von uns ist und wir als Redaktion auch vom Publikationsverbot betroffen sind. Es kann doch nicht sein, dass uns ein Zuger Gericht vorschreibt, wer über welche Themen berichten darf.

«Offensichtlich soll nur noch eine Version der Geschichte zulässig sein»

Ist es Ihr Ziel, dieses Buch in Ihrem Medium oder Verlag zu publizieren?
Das Buch nicht, wir von der Redaktion Tamedia verlegen eigentlich keine Bücher. Aber wir werden einige Aspekte aus dem Buch publizieren. Schlussendlich entsteht wegen einer Recherche für die Tamedia-Zeitungen dank Eigeninitiative auch ein Buch von Michèle Binswanger über den Fall. Das ist genau derselbe Fall wie beim Corona-Buch, das von den Reportern des Recherchedesks verfasst wurde, und das in zwei Wochen publiziert wird.

Über den Fall Spiess-Hegglin wurde in den letzten – bald – sechs Jahren in allen Facetten berichtet. Was könnte das Motiv der Klägerin sein, ausgerechnet diesen Text bereits im Vorfeld zu verbieten?
Offensichtlich soll nur noch eine Version der Geschichte zulässig sein, nämlich die von Frau Spiess-Hegglin.

Das würde ja heissen, dass alle Texte, die zu diesem Fall publiziert worden sind, gar nie hätten erscheinen dürfen. Haben Sie das Manuskript von Michèle Binswanger bereits gelesen?
Das Buch ist noch nicht fertig. Es gibt erst Teile des Manuskripts. Die habe ich zu einem grossen Teil gelesen.

«Wir leben in einem freien Land»

Gab es für Sie neue Erkenntnisse – und wenn ja welche?
Ja, denn ich habe mich vorher nicht so mit dem Fall befasst. Was mich als Journalist fasziniert, ist vor allem wie die beteiligten Personen kommunizieren und welchen Erfolg sie damit haben.

Wagen wir zum Schluss eine Prognose: Wird man den Binswanger-Text je lesen können?
Davon gehe ich aus. Schliesslich leben wir in einem freien Land.



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Kommentare

  • Peter Bader, 11.09.2020 15:12 Uhr
    Selten ein so unkritisches Interview gelesen, in dem der Interviewte seine Sicht der Dinge unwidersprochen ausbreiten kann. In so einem umstrittenen Fall finde ich das höchst unangebracht.
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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