27.03.2019

CH Media

«Wir werden State of the Art sein»

TeleZüri, Radio 24 und die nationalen TV- und Radiosender ziehen nach Zürich-Oerlikon unter ein gemeinsames Dach. Organisatorisch bleibt kein Stein auf dem anderen. Radio- und Fernsehchef Roger Elsener über Kündigungen, moderne Studios und neue Wachstumsmärkte.
CH Media: «Wir werden State of the Art sein»
«Ich bin ein vorwärtsorientierter Mensch und ruhe mich nicht auf Bestehendem aus», so Roger Elsener, Geschäftsleiter TV, Radio & Filmvertrieb und Mitglied der Unternehmensleitung CH Media. (Bild: CH Media)

Herr Elsener, die Zürcher sowie die nationalen Radio- und TV-Sender ziehen unter ein gemeinsames Dach nach Oerlikon (persoenlich.com berichtete). Suchen Sie die Nähe zu SRF?
Die Nähe zu SRF ist Zufall, aber sicher kein Nachteil.

persoenlich.com weiss: Zur Wahl stand unter anderem auch ein Standort in Zürich-Albisrieden. Was macht Oerlikon besser?
Der neue Standort «Leonardo» in Oerlikon hat uns in vielerlei Hinsicht überzeugt. Das flexibel gestaltbare Raumkonzept, die moderne Architektur und die gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr sind nur einige von vielen Gründen, wieso die Wahl auf «Leonardo» fiel.

Warum wollen Sie überhaupt die Standorte «Löwenbräu» (Radio) respektive «Steinfels» (TV) verlassen?
Beides sind sehr gute Standorte. Aber beide Standorte haben einzeln jeweils nicht genügend Platz für alle TV- und Radiosender. Wir wollen alle in Zürich betriebenen TV- und Radiosender an einem gemeinsamen Standort zusammenführen.

«Da wird sicher auch etwas Wehmut mitschwingen»

Gerade der Standort «Steinfels» hat viel Geschichte. Hier ist TeleZüri seit dem Sendestart 1994. Das muss den langjährigen Mitarbeitern weh tun…
Klar, da wird sicher auch etwas Wehmut mitschwingen. Allerdings leben wir alle ja nicht in der Vergangenheit. Wir wollen gemeinsam die Zukunft gestalten – und die ist crossmedial. Zudem: Wer einst den gelben, langen Flur bei TeleZüri beschritten hat, der weiss, dass wir innenarchitektonisch durchaus noch zulegen können.

Radio- und TV-Sender an einem neuen Standort aufzubauen muss unglaublich teuer sein. Lohnt sich das?
Radio- und TV-Sender zu betreiben ist generell unglaublich teuer. Für uns ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, einen neuen Standort aufzubauen, weil wir ohnehin die ganze TV- und Radio-Infrastruktur erneuern müssen. Die aktuellen Anlagen sind weitestgehend abgeschrieben. Insofern: Ja, das lohnt sich.

Wie teuer wird der ganze Umzug werden – inklusive Neuaufbau der Studios?
Wir investieren einen zweistelligen Millionenbetrag. Wir investieren nicht nur in Zürich, wir erneuern die technische Infrastruktur auch an allen anderen Standorten.

Erst 2021 wird der Umzug über die Bühne gehen. Was entsteht bis dann in Oerlikon?
Wir bauen eine komplett neue, crossmediale TV-, Radio- und Online-Infrastruktur mit einem gemeinsamen Newsroom und neuen TV- und Radiostudios.

Gibt das die modernsten Studios von Europa?
Wir werden auf jeden Fall State of the Art sein. Die Technologie wird auf die nächste Dekade ausgelegt sein.

Werden die Hörer und Zuschauer ihre Sender überhaupt wiedererkennen?
Wir werden uns optisch auf jeden Fall auffrischen und uns dabei modernster Produktionstechniken bedienen. Den Wiedererkennungseffekt werden wir dabei aber nicht aus den Augen verlieren, es gilt den Grad zwischen Evolution und Revolution sehr genau auszuloten.

In der Mitteilung heisst es, dass nur die Zürcher und nationalen Sender nach Oerlikon ziehen. Wann ziehen die anderen nach?
Die anderen sind die Radiosender FM1, Radio Pilatus, Radio Argovia, Radio Melody sowie die TV-Sender TVO, Tele1, Tele M1 und TeleBärn. Also alles regionale Sender, die einem regionalen Programmauftrag nachgehen. Es wäre Unsinn, diese Sender nach Zürich umzuziehen. Synergien über zentrale Dienstleistungen werden wir am zentralen Standort aber durchaus heben.

Welche Dienstleistungen werden Sie für die regionalen Sender von Zürich aus erledigen?
Wir erbringen von Zürich aus Technik-, Produktions-, Vermarktungs-, und Management-Leistungen für die Sender in den anderen Regionen.

Und was bedeutet das in Sachen Personal?
Es eröffnet vielen Mitarbeitenden die Möglichkeit, neben ihren bisherigen meist regionalen Aufgaben auch überregionale und crossmediale Aufgaben und damit Verantwortung für den gesamtheitlichen Erfolg unserer Sendergruppe zu übernehmen.

«Mein Bereich hat sich fast vervierfacht»

Warum wurde die Reorganisation in fünf Geschäftsbereiche nötig? Wurde es zu unübersichtlich?
Mein Bereich ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Er hat sich zuletzt mit dem Joint Venture CH Media fast vervierfacht und zählt heute rund 400 Mitarbeitende. Mit der Reorganisation fokussieren wir uns auf die klar abgrenzbaren Geschäftsbereiche «TV National», «TV Regional», «Radio», «Events» und «Filmvertrieb», die wir jeweils als Profitcenter organisieren. Ziel ist es, dass wir jeden der Geschäftsbereiche mit jeweils individueller Strategie, Prioritäten und Massnahmen vorantreiben. Wir wollen weiterwachsen und dafür ist jetzt die Zeit gekommen, die jeweiligen Bereiche die kompetenten Hände meiner neuen Bereichsleitenden zu legen.

Im Zuge der Reorganisation mussten acht Kündigungen ausgesprochen werden. In welchen Bereichen?
Es sind praktisch alle Bereiche betroffen.

Kommt es, wenn der Betrieb am neuen Standort in Oerlikon läuft, zu noch mehr Einsparungen?
Wir optimieren unsere Prozesse laufend. Es ist noch ein weiter Weg bis 2021, Spekulationen über mögliche Einsparungen wären zum heutigen Zeitpunkt verfrüht.

Neu gibt es, wie erwähnt, den Bereich «Events». Was wird da zu erwarten sein: TeleZüri-Schaumpartys und Radio-24-Speeddatings?
Vielen Dank für das Brainstorming. Unser Chefredaktor hätte sicher seinen Spass an einer ersten TeleZüri-Schaumparty. Im Ernst: Wir erarbeiten aktuell für alle Bereiche von CH Media die Ausgestaltung der Strategie für die nächsten Jahre. So auch für den Bereich «Events». Wichtig ist, dass wir hier einen Wachstumsmarkt sehen, in dem wir als Medienhaus strategische Vorteile haben. Wir wollen aber auch unsere bestehenden Events wie das «Argovia Fäscht» oder die «FM1 Radio City» im Rahmen der Olma durch die Schaffung eines zentralen Bereichs weiter professionalisieren und ausbauen. Wir veranstalten schon heute mehr als 50 Events pro Jahr.

«Wir eröffnen uns eine neue Umsatzchance»

Auch vom neuen Bereich «Filmvertrieb» erhoffen Sie sich neue Einkünfte. Was für Filme werden Sie vertreiben?
Mit dem Bereich Filmvertrieb eröffnen wir uns eine neue, werbemarktunabhängigen Umsatzchance, sowie neue Wege in die digitale Transformation des Bewegtbildgeschäfts. Die Filmhighlights im 2019 sind unter anderem «Playmobil – Der Film» oder «Shaun das Schaf – der Film 2». Daneben vertreiben wir viele internationale Blockbuster wie «Die Tribute von Panem»-Reihe, «Plötzlich Papa» und viele Schweizer Filme wie «Die göttliche Ordnung», «Heidi» oder «Papa Moll».

Zu Ihnen persönlich: Bei Ihrem Start waren Sie Chef von TeleZüri, Tele M1 und TeleBärn. Mittlerweile haben Sie ein ganzes Imperium. Hätten Sie sich je erträumt – oder war das gar Ihr Ziel?
Ich bin ein vorwärtsorientierter Mensch und ruhe mich nicht auf Bestehendem aus. Um ein Beispiel zu geben: Drei Monate nach meinem Start im 2013 bei AZ Medien stellte ich im Verwaltungsrat den Antrag zur Lancierung von TV24. TV25 folgte zwei Jahre später und die Akquisition von S1 Anfang 2018. Dadurch wurden wir zu einem relevanten Player im nationalen TV-Markt, der heute Eigenproduktionen wie «Ninja Warrior Switzerland», «Die Höhle der Löwen Schweiz» oder «Sing meinen Song» produziert und attraktiven Live-Sport sowie Top-Content von sämtlichen Hollywood-Studios zeigt. Gleichzeitig haben wir auch Bestehendes stets optimiert: Das regionale TV-Portfolio hat im 2018 höhere Marktanteile erzielt als noch vor fünf Jahren, unsere News-Leistung war noch nie so stark wie heute und wir haben eine erfolgreiche Video Unit gegründet. Dass man mir 2017 zusätzlich das Radio-Portfolio übertragen würde und dass es zum Joint Venture zwischen AZ Medien und den NZZ Regionalmedien kommen sollte, konnte ich damals natürlich nicht erahnen.



Roger Elsener hat die Fragen schriftlich beantwortet.


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