16.07.2014

Getty Images

"Ich erlebe sehr viel Dynamik im Schweizer Markt"

Wolfgang Wähner-Schmidt ist bei der Bildagentur Getty Images für Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständig. An den diesjährigen Cannes Lions markierte das Unternehmen intensiv Präsenz. Wir haben nachgefragt, was das Unternehmen vom Standort München aus in den kommenden Jahren im Schweizer Markt bewegen will und wie man mit dem Thema Urheberrecht umgeht. In die Bilanzen liess sich der Chef von rund 100 Mitarbeitern jedoch nicht schauen.
Getty Images: "Ich erlebe sehr viel Dynamik im Schweizer Markt"

Herr Wähner-Schmidt, Sie sind Vice President und Regional Director für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei Getty Images. Was genau ist das Kerngeschäft Ihres Arbeitgebers?
Der Kern unseres Geschäfts sind Premium-Inhalte. Wir bieten inzwischen 180 Millionen Inhalte, darunter 160 Millionen Bilder, über 340’000 Musik-Dateien und über zwei Millionen Videos – dazu gehört auch das Clip Archive der BBC Motion Gallery, die wir jetzt ebenfalls vertreten.

Was bietet Getty, was die Konkurrenz nicht bietet?
Getty steht für eine aussergewöhnliche Vielfalt und für hochwertige Qualität. Der Umfang und die Qualität unseres Angebots bei Fotos und Videos aus allen Bereichen sind weltweit sicher einmalig. Getty setzt weltweit ein Netz erstklassiger eigener Fotografen mit oft exklusivem Zugang ein. Hinzu kommen zahlreiche Vertragsfotografen, sogenannte „Contributors“.

Sie erzeugen allen Content selbst?
Nein, nicht ausschliesslich. Auch die Zahl der Content Partner, deren Inhalte über Getty Images verfügbar sind, wird ständig erweitert. Seit diesem Jahr sind wir z.B. der exklusive Partner für das Videoarchiv von BBC Motion. Unsere Creative-Teams verfolgen  weltweit die Trends in der Bildsprache und setzen durch neue Projekte, wie die Lean-In Kollektion, selbst neue Trends. Hinzu kommt ein umfangreiches Serviceangebot für unsere Kunden, auch vor Ort: Allein in der Region Deutschland/Österreich/Schweiz beschäftigt Getty Images über 100 Mitarbeiter.

Wie gross ist heute das Bedürfnis nach hochprofessionellen Bildern – und die Bereitschaft dafür zu bezahlen?
Das Bedürfnis ist so hoch wie immer. Premium-Bilder, produziert von erfahrenen und talentierten Fotografen werden immer nachgefragt werden.  Ein wachsender Trend ist die Verwendung von „crowd sourced“ Bildern. Getty Images bedient diese steigende Nachfrage mit Inhalten aus Partnerschaften wie mit EyeEm und der eigenen „Moment Collection“. Die Nachfrage nach solchen Inhalten existiert jedoch neben dem üblichen Interesse an Bildern und variiert je nach Preis und Exklusivität.
Marken sind immer auf der Suche nach innovativen und spannenden Möglichkeiten um ihre Geschichten zu erzählen. Während manche dieser Nachfragen mit unserem „crowd sourced“ Content bedient werden können, wird es auch immer andere Marken geben, die gezielt nach exklusivem High-End-Content suchen.

Seit News mehrheitlich im Netz konsumiert werden und sich der Wert einer Newswebsite über die Anzahl der Klicks bemisst, ist es Mode geworden zu möglichst jedem Artikel eine Bildgalerie anzulegen. Werden Bilder heutzutage inflationär eingesetzt?
Selbstverständlich werden durch das Internet heute deutlich mehr Bilder eingesetzt. Nichts erzählt eine Story besser als ein Bild. Quantität spielt dabei sicher auch eine Rolle und wir haben Kunden, die jeden Monat mehrere tausend Bilder von uns einsetzen. Das schmälert aber in keinster Weise den Wert und die Bedeutung jedes einzelnen guten Fotos - ob online oder Print, ob redaktionell oder in der Werbung.

2008 stand man vor einem gigantischen Schuldenberg. Getty Images stellte sich selbst zum Verkauf. Wie steht das Unternehmen heute da?
Seit der Gründung vor etwa 20 Jahren hat sich Getty Images der Marktsituation kontinuierlich angepasst und wird das auch weiterhin tun.

Sie weichen aus.
Als privates Unternehmen veröffentlichen wir unseren Jahresabschluss nicht. Ich kann Ihnen aber bestätigen, dass wir weiterhin der Marktführer in unserer Branche sind und von unseren Inhabern, einschliesslich der Carlyle Group und der Getty Familie, hervorragend unterstützt werden. Unser Geschäftsmodel ist sowohl profitabel als auch sehr ertragreich.

Wonach lechzt der Schweizer Markt?
Ich erlebe in den letzten zwei Jahren sehr viel Dynamik im Schweizer Markt. Wenn Medienhäuser ihre Strategie, angesichts des digitalen Wandels, neu ausrichten oder Finanzunternehmen sich nach der Bankenkrise neu positionieren, hat das natürlich enorme Auswirkung darauf, wie visueller Content eingesetzt wird. Dann reden wir weniger über das einzelne Bild, sondern über strategische Kooperationen – z.B.  für den Aufbau grosser Bilderpools bei Unternehmen, die deren neuen Brand Guidelines entsprechen – oder über langfristige Vereinbarungen mit Medienhäusern, um eine gezielte Versorgung aller Plattformen aus allen Bereichen sicherzustellen. Neben der hohen Bildqualität kommt es hier auch auf das technologische Know-how an: darauf, dass die Bilder mit entsprechenden Metadaten versehen sind und wir sie z.B. über ein API-Interface direkt in die Webseiten der Kunden integrieren können.

Seit März diesem Jahr stellt Getty Images rund 35 Millionen Bilder zur kostenlosen Nutzung für nicht-kommerzielle Zwecke zur Verfügung. Wie wird dieses Angebot genutzt? 
Das Ziel ist es, von unseren rechtlich geschützten Inhalten auch in einer Welt zu profitieren, in der das online „Sharen“ von Content Teil des täglichen Lebens ist – übergreifend über alle Gesellschaftsschichten und Regionen. Mit der Einführung von der Embed Funktion, die das Einbetten unserer Bilder für nichtkommerzielle Zwecke erlaubt, möchten wir den Trend, Inhalte online zu teilen, anerkennen und unterstützen. Bilder sind ein Grundbestandteil sozialer Netzwerke und des online Lebens sowie ein wesentliches Kommunikationsmittel für Nutzer. Dieses zum grössten Teil durch Bilder getragene Engagement stellt ein enormes Potential für uns dar.

Urheberrecht und Lizenzierung von Bildmaterial ist ein riesiges Feld. Immer wieder werden illegal Bilder benutzt. Wie viele Anwälte beschäftigen Sie?
Da haben Sie absolut Recht. Die Copyright-Thematik ist weltweit relevant. Daher haben wir Rechtsabteilungen in London, New York und Seattle mit Experten, die sich in allen relevanten Märkten bestens auskennen. Der Schutz des Lizenzgebers sowie die Einnahmen für uns und unsere Contributoren sind von ausserordentlicher Wichtigkeit. Wir konzentrieren uns gerade darauf, ein allgemeines Verständnis zur Vermeidung des Problems zu erzeugen; Abmahnungen sind dabei die allerletzte Option für uns.

Getty Images ist in verschiedene Geschäftsbereiche aufgeteilt. In welchen Bereichen will Ihr Unternehmen in der Schweiz wachsen?
Die Schweiz ist für uns in vielen Bereichen ein ganz wichtiger Wachstumsmarkt: Wir arbeiten eng mit allen wichtigen Medienhäusern zusammen und sind bei den Werbeagenturen stark vertreten. Zunehmend kaufen Schweizer Unternehmen direkt bei uns für ihre interne und externe Kommunikation ein. Sehr wichtig sind auch die in der Schweiz ansässigen internationalen Sportorganisationen: Wir sind z.B. der offizielle Fotopartner der FIFA und des IOC. Viele bekannte Unternehmen aus der Luxusbranche beauftragen Getty Images mit exklusiven Assignments bei ihren Sport- und Sponsoringevents. Für iStock führen wir gerade neue Abo Modelle ein, welche den Kunden Content einfacher zur Verfügung stellt. 

Wie stark ist Ihr persönlicher Bezug zur Fotografie?
Mich persönlich beeindruckt vor allem immer wieder, wie es guten Fotografen gelingt, auch unter schwierigsten Umständen in ihrer Arbeit das Wesentliche festzuhalten und auszudrücken. Zuletzt sah man das besonders gut bei der Fussball-WM. Die Wenigsten wissen ja, unter welchem enormen Zeit- und Konkurrenzdruck die Fotografen dort arbeiten – und doch gelingt es ihnen immer wieder aufs Neue, die ganze Dramatik, Spannung und Emotion in einem Bild zu erfassen. Vor diesen Profis habe ich grossen Respekt.

Fragen: Adrian Schräder//Bild: Getty Images


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