25.09.2020

Serie zum Coronavirus

«Das Tessin und die Romandie sind sensibler»

Die Herbstsession ist zu Ende. Andreas Hugi von Furrerhugi spricht in Folge 122 unserer Serie über Lobbyismus in Coronazeiten. Ausserdem sagt er, wie die verschiedenen Schweizer Sprachregionen mit den Massnahmen umgehen.
Serie zum Coronavirus: «Das Tessin und die Romandie sind sensibler»
Andreas Hugi ist CEO und einer der Gründer von Furrerhugi. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Hugi, welche Auswirkungen hat Corona auf Public Affairs und das ganze Lobbying?
Die Coronazeit hat uns allen deutlich vor Augen geführt, wie wichtig die Interaktion zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist. Die Mitwirkung von Firmen, Verbänden und zivilgesellschaftlichen Organisationen in politischen Prozessen hat in der Coronazeit zu Recht einen Boom erlebt: Gerade wenn der Staat Einschränkungen verfügt, ist es zentral, dass sich die betroffenen Akteure zu Wort melden können, so dass die Politik die Güterabwägung zwischen Gesundheit und Volkswirtschaft im Wissen aller Fakten vornehmen kann.

Am Freitag endete im Bundeshaus die Session. Waren Lobbyisten immer noch ausgeschlossen?
Nein. Der Zugang war wieder möglich. Aber die meisten Zutrittsberechtigten übten zu Recht grosse Zurückhaltung. Corona zeigt uns, was gute Lobbyisten schon immer gewusst haben: Der persönliche Austausch mit Parlamentarierinnen und Parlamentariern ist zwar zentral und die Präsenz im Bundeshaus ist ein Teil des Jobs, aber der Stellenwert des direkten Zugangs zur Wandelhalle wird gemeinhin falsch wahrgenommen. Übrigens: Viele Parlamentarier schätzten vor allem in der Lockdown-Phase den unkomplizierten Austausch über Videoconferencing.

«Durch Corona mussten wir neue Wege der Zusammenarbeit suchen»

Furrerhugi ist an mehreren Standorten in der Schweiz vertreten. Geht man in Zürich, Lugano oder Fribourg anders mit Corona um?
Definitiv. Als Agentur mit sechs Standorten in drei Schweizer Landesteilen pflegen wir normalerweise eine Kultur des intensiven persönlichen Austauschs. Durch Corona mussten wir neue Wege der Zusammenarbeit suchen, ohne ganz auf den direkten Kontakt zu verzichten. Dabei mussten wir berücksichtigen, dass die Romandie, die italienische Schweiz und die Deutschschweiz unterschiedlich mit Corona umgehen: Es ist immer noch deutlich zu spüren, dass in der italienischen Schweiz und in der Romandie eine viel höhere Sensibilität und damit auch eine höhere Bereitschaft vorhanden ist, einschneidende Massnahmen mitzutragen. In der Deutschschweiz debattieren wir kontrovers über die Maskenpflicht, währenddem das in der Romandie zum akzeptierten, wenn auch langsam als mühsam wahrgenommenem, Alltag gehört. Und weil das Tessin die Coronazeit im Frühling so intensiv erlebt hat, ist man dort immer noch viel vorsichtiger als diesseits des Gotthards.

Sie sind neu auch Vizepräsident des LSA. Wie verlief die Verschmelzung der beiden Verbände LSA und BPRA bis jetzt?
LSA und BPRA haben ja seit Jahren projektweise zusammengearbeitet, seit Beginn der Coronakrise sogar sehr intensiv. Wir haben gemeinsam die Mitglieder unserer Verbände unterstützt, zum Beispiel mit Webinars zum Arbeitsrecht, unseren Corona-Checklisten, Tipps zur Arbeit im Homeoffice oder mit einer gemeinsamen Praktikantenplattform. Von dem her waren wir zum Zeitpunkt der Fusion schon fast ein eingespieltes Team. Viele ehemalige BPRA-Agenturen haben sich in den letzten Wochen für die aktive Mitarbeit in verschiedenen LSA-Arbeitsgruppen gemeldet und sind bereit, sich zu engagieren. Das freut mich, denn ich bin überzeugt, dass wir zusammen den «verstärkten» LSA weiterbringen können.

Inwiefern wird Corona die Kommunikationslandschaft verändern?
Neben dem bereits viel besprochenen «Digitalboost» wird uns der Wandel der Medienlandschaft nach wie vor stark beeinflussen: Klassische Medienarbeit wird als Kommunikationskanal in der Bedeutung weiter abnehmen, weil es künftig schlicht weniger Journalisten und weniger Platz für Geschichten geben wird. Kommunikationsagenturen sind gut beraten, sich noch stärker interdisziplinär und breit aufzustellen, da die Kunden immer effizientere und effektivere Leistung «aus einer Hand» wünschen. Die Coronakrise hat zudem das Thema Fake News erneut und stärker ins Rampenlicht gerückt: Transparenz und die Vertrauenswürdigkeit von Absendern werden in der Kommunikation noch wichtiger.

Und die gesamte Gesellschaft?
Corona wird nicht eines Tages einfach «vorbei» sein. Wir werden als Gesellschaft lernen, mit Pandemien, Schutzmassnahmen, Vorsicht und Unsicherheiten umzugehen, es bleibt uns gar nichts anderes übrig. Wir merken, dass sich unsere Kunden diese Gedanken machen, dabei aber, bezogen auf Massnahmen, eher kurzfristig planen. Wir sehen es als Agentur als unsere Aufgabe, mit hoher Flexibilität und Spontaneität auf diese neuen Bedürfnisse zu reagieren.

«Wir schaffen auch wieder Inseln der Normalität»

Was war für Sie das prägendste Erlebnis der letzten Wochen?
Ich war und bin beeindruckt, wie souverän unsere Kolleginnen und Kollegen bei Furrerhugi, aber auch unsere Kunden, mit den coronabedingten Unsicherheiten umgehen und täglich die Balance zwischen Normalität und Ausnahme finden: Wir wollten eigentlich – wie viele – nach den Sommerferien in einem «neuen Normalmodus» aufstarten und haben dann rasch gemerkt, dass wir noch weit davon entfernt sind. Wir sind alle noch teilweise im Homeoffice, Kundenmeetings finden hybrid statt, grosse Veranstaltungen werden verschoben und abgesagt. Und doch schaffen wir auch wieder Inseln der Normalität und des persönlichen Austausches. Ich beobachte mit Zuversicht, wie wir diesen Balanceakt zwischen Normalität und Ausnahme meistern.



Was bedeutet die Corona-Pandemie für die verschiedenen Akteure der Schweizer Medien- und Kommunikationsbranche? Bis auf Weiteres wird persoenlich.com jeden Tag eine betroffene Person zu Wort kommen lassen. Die ganze Serie finden Sie hier.



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