07.03.2019

Schilling-Report

Frauenanteil auf Teppichetage ist gestiegen

Nach dem Dämpfer im Vorjahr geht es wieder bergauf. Der Anteil von Frauen in den Geschäftsleitungen von Schweizer Grossfirmen ist im vergangenen Jahr wieder von 7 auf 9 Prozent gestiegen. So hoch war er noch nie.
Schilling-Report: Frauenanteil auf Teppichetage ist gestiegen
Mit 9 Prozent liegt der Anteil der Frauen in den Geschäftsleitungen mehr als doppelt so hoch wie 2006. (Bild: Pixabay)

Im Vorjahr war der Frauenanteil in den Führungsgremien erstmals seit 2009 zurückgegangen (persoenlich.com berichtete). «Das war eine Ernüchterung», sagte Guido Schilling von der gleichnamigen Kadervermittlungsfirma, die den Schillingreport zum Frauenanteil in Führungsetagen herausgibt.

«Nun zeigt sich wieder ein sehr positives Bild», sagte Schilling am Donnerstag vor den Medien in Zürich: Der Anteil der Frauen in den Geschäftsleitungen habe einen Sprung gemacht. Mit 9 Prozent liegt er mehr als doppelt so hoch wie 2006. «Seit damals hat sich viel getan.»

Dennoch geht es langsamer vorwärts, als Schilling selber noch vor ein paar Jahren gedacht hatte: «Aus aktueller Perspektive ist das Knacken der 15-Prozent-Marke bis 2022 unwahrscheinlich.» Wenn die bisherige Entwicklung so weitergehe wie in den vergangenen drei Jahren – also mit zwei Schritten vorwärts und einem Schritt zurück – würden bis 2022 erst 12 Prozent Frauen in den obersten Leitungsgremien der Schweizer Grossunternehmen sitzen.

Abgänge verhindern

Dabei stellt sich nicht nur das Problem, Frauen für neue Positionen zu gewinnen, sondern auch Frauen auf ihren besetzten Posten zu halten. Denn dieses Jahr wurden 25 Frauen in die Geschäftsleitungen von Grossunternehmen berufen. Das ist der zweithöchste Wert der vergangenen 14 Jahre.

Aber auf der anderen Seite schieden auch 14 Frauen aus. Das sind so viele Abgänge wie noch nie. Somit bleibt unter dem Strich ein Plus von 11 Frauen. Zudem halten es Frauen viel weniger lange aus. Im Schnitt gehen sie nach 3,6 Jahren schon wieder, während Männer 6,7 Jahre auf ihren Sesseln blieben.

Ein Grund dafür sei, dass Frauen überwiegend die Leitung von Servicefunktionen in Konzernen übernehmen würden. Dabei sei es eine Lotterie, ob Servicefunktionen wie beispielsweise Kommunikation, Rechtsabteilung oder Compliance in der Geschäftsleitung vertreten seien. Der eine CEO mache das so, der andere nicht. Somit würden gewisse Frauen aus der Geschäftsleitung ausscheiden, obwohl sie immer noch ihren Posten in der Firma hätten, erklärte Schilling.

Es gebe immer noch zu wenige Frauen an der Spitze von Geschäftseinheiten. Lediglich 28 Prozent der neuen Frauen in den Geschäftsleitungen würden solche Kerngeschäftsfunktionen übernehmen. Das liege zum einen daran, dass es an der Spitze von Geschäftseinheiten öfter Naturwissenschafter brauche, von denen es halt weniger Frauen gebe, sagte Schilling. Zudem würden Servicefunktionen dem Naturell von Frauen eher entsprechen.

Hälfte der Geschäftsleitungen ohne Frau

«Obwohl in den letzten Jahren einige Firmen eine Frau in die Geschäftsleitung berufen haben, haben nach wie vor über die Hälfte aller Unternehmen keine Frau im obersten Leitungsgremium. Das ist ernüchternd», sagte Schilling. «Ein ausgewogenes Verhältnis ist ein Generationenprojekt.»

Deutlich weiter als die Privatwirtschaft sei der öffentliche Sektor. Während bei Unternehmen erst 18 Prozent aller offenen Topkaderstellen mit Frauen besetzt wurden, waren es in der öffentlichen Verwaltung 38 Prozent. Zudem gebe es dort weniger Abgänge von Frauen aus Toppositionen.

Der öffentliche Sektor biete die besseren Rahmenbedingungen für Vereinbarkeit von Beruf und Familie. «Es liegt an den Unternehmen, hier nachzuziehen und die Rahmenbedingungen anzupassen», sagte Schilling. Gefragt seien geregeltere Arbeitszeiten, die Frauen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entgegenkämen.

Erfreulicher sieht es bei den Verwaltungsräten aus: Hier habe der Frauenanteil mit 21 Prozent erstmals die Grenze von 20 Prozent geknackt. Im Vorjahr waren erst 19 Prozent aller Verwaltungsräte Frauen gewesen. Bis die Grenze von 30 Prozent erreicht sei, dürfte es über 2022 hinaus dauern.

Schweiz hinkt hinterher

Trotz dieser Verbesserung sei die Schweiz im europäischen Ländervergleich einen Rang zurückgefallen. Schlechter sind nur Irland und Griechenland. Vorbild könnte Grossbritannien sein, wo die Unternehmen auch ohne Frauenquote durch eigenes Engagement innert sieben Jahren eine Steigerung des Frauenanteils von 12 auf 30 Prozent erreicht hätten.

«Mit Ländern wie Schweden oder Finnland (rund 35 Prozent) können wir uns nicht vergleichen», sagte Schilling. Dort sei das gesellschaftliche Ansehen von berufstätigen Frauen viel höher. Hierzulande bekämen Frauen dagegen zu hören, ob sie einen Vollzeitjob nötig hätten.

Der Schillingreport umfasst die 117 grössten Arbeitgeber der Schweiz sowie den Bund und alle 26 Kantone. (awp/sda/cbe)



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