28.09.2021

ReMindset

«Ich will bewegen und gestalten können»

David Elsasser, bis vor Kurzem für das Transformationsprojekt «SRF 2024» verantwortlich, hat sich selbstständig gemacht. Er sagt, wie herausfordernd der Veränderungsprozess bei SRF war – und wie sein Beratungsunternehmen für digitale Transformation im Betamodus läuft.
ReMindset: «Ich will bewegen und gestalten können»
War während zehn Jahren in verschiedenen Kaderfunktionen bei SRF tätig und ist Gründer und Geschäftsführer von ReMindset: David Elsasser. (Bild: zVg)
von Christian Beck

Herr Elsasser, im April haben Sie nach zehn Jahren das Schweizer Radio und Fernsehen verlassen. Vermissen Sie SRF bereits?
Die vielen tollen Kolleginnen und Kollegen bei SRF sind mir in dieser Zeit natürlich schon ans Herz gewachsen. Ich bin deshalb auch mit einigen noch heute in Kontakt. Beruflich bereue ich meinen Entscheid aber nicht, wenn Sie das meinen.

Vor einem Jahr wurde das Transformationsprojekt «SRF 2024» bekannt (persoenlich.com berichtete). Sie waren der Projektleiter. Wie hart war der Job?
Die Planungsarbeit hat natürlich schon viel früher begonnen. Insgesamt war ich zwei Jahre ausschliesslich mit diesem Vorhaben beschäftigt. Das war eine sehr intensive Zeit, mit langen Arbeitstagen und vielen Wochenenden. Man darf nicht vergessen, dieses Transformationsprojekt hat keinen Unternehmensbereich ausgelassen. Wir haben ja nicht nur das Angebot mit Produktion und Distribution, sondern auch das ganze Betriebsmodell, also die Organisation und Prozesse, die technische Infrastruktur, die Steuerung, wie auch die neu geforderten Fähigkeiten der Mitarbeitenden und die Finanzplanung auf die digitale Zukunft von SRF vorbereitet. Wir haben sehr gründlich gearbeitet und jede Abteilung bis in die tiefen Kapillaren analysiert und teilweise einschneidend umgestaltet. In einzelnen Phasen waren bis zu 100 Mitarbeitende in die Projektarbeit eingebunden.

«Jeder Veränderungsschritt erforderte auch extern eine grosse Überzeugungsarbeit»

Wo war der Widerstand grösser: Intern oder extern?
Widerstand ist in einem Veränderungsprozess in dieser Dimension eine ganz normale und vor allem auch wichtige Erscheinung. Sie zeigt, dass sich die Leute mit dem Vorhaben auseinandersetzen und sie fordert die Verantwortlichen, ihre Entscheidungen gut überlegt und für alle nachvollziehbar zu fällen. SRF ist diesbezüglich aber sicher nochmals ganz besonders, weil es als öffentlich finanziertes Medienunternehmen auch vielen externen Erwartungen ausgesetzt ist: dem zahlenden Publikum, der Politik und den zahlreichen weiteren Interessensgruppen aus Sport, Kultur oder Religion, um nur einige zu nennen. Jeder Veränderungsschritt erforderte deshalb auch extern eine grosse Überzeugungsarbeit.

Wenn Sie die Uhr zurückdrehen könnten: Würden Sie den Job des Projektleiters für «SRF 2024» nochmals annehmen?
Ja, auf jeden Fall. Ein Transformationsprojekt in dieser unternehmerischen Gesamtheit und in dieser gesellschaftspolitischen Dimension für eine starke Marke wie SRF leiten zu dürfen, ist sicher einmalig und ein riesiges Privileg. Ich konnte in dieser intensiven Zeit ja auch sehr viel lernen. Und ich durfte auf die Unterstützung einer Direktorin zählen, welche den Mut für die Lancierung dieses Projektes aufgebracht und mich als Projektverantwortlichen auch bei grösseren Widerständen konsequent und loyal unterstützt hat. Mein Respekt gilt deshalb an dieser Stelle auch allen Führungskräften, welche diese Verantwortung als Leader wirklich wahrnehmen – obwohl es ja eigentlich auch ihre Pflicht wäre.

Oha, ich höre Kritik. Meinen Sie jetzt bestimmte Führungskräfte bei SRF? Oder ganz generell?
Ich meine das generell. Schauen Sie, wenn ein CEO antritt – und ich schliesse damit weibliche Führungspersönlichkeiten ein –, hat er grundsätzlich drei Optionen. A: Der CEO kommt als Verwalter und versucht einfach, das Unternehmen irgendwie über Wasser zu halten. Bei den immer kürzeren Amtszeiten wird ihn niemand für fehlende strategische Entscheidungen zur Rechenschaft ziehen können. B: Der CEO versucht das Unternehmen aus finanziellen Motiven und ohne Rücksicht auf langfristige Kollateralschäden in möglichst kurzer Zeit fit zu trimmen – der klassische Shareholder-Value-Ansatz. Oder C: Der CEO übernimmt Verantwortung für den nachhaltigen Erfolg der Unternehmung und ist auch bereit, mit dem Unternehmen den steinigen Weg einer digitalen Transformation zu beschreiten. Von CEOs erwarte ich Letzteres, nämlich Verantwortung zu übernehmen. Diese Option ist aber unbequem und deshalb wählen viele Führungskräfte lieber eine andere Option.

Als Ihr Abgang bekannt wurde, sagten Sie zu persoenlich.com, dass Sie nun zuerst eine Pause einlegen. Konnten Sie diese geniessen?
Sie können mir glauben, diese Pause habe ich gebraucht und sehr genossen, auch wenn die Umstände Corona und Wetter diese etwas getrübt haben. Ich hatte wieder Zeit für die einfachen Dinge im Leben und für meine Familie und Freunde. Wer mich aber kennt, der weiss, lange werde ich den beruflichen Ausstand nicht aushalten. Ein früherer Vorgesetzter hatte meine Persönlichkeit einmal als «rastlos» beschrieben, das war sicher nicht ganz daneben (lacht). Ich will eben bewegen und gestalten können.

«Die Digitalisierung hat die Karten für zahlreiche Unternehmen ganz neu gemischt»

Und deshalb haben Sie Ihr eigenes Unternehmen gegründet. Was bieten Sie mit ReMindset an?
ReMindset bietet Beratung für digitale Transformation an. Der Name setzt sich aus dem Claim «Reset your Mindset» zusammen und soll zum Umdenken anregen. Denn die Digitalisierung, wie sie jetzt voranschreitet, hat die Karten für zahlreiche Unternehmen ganz neu gemischt. Gerne möchte ich mein Wissen aus dem SRF-Projekt anderen Führungskräften zur Verfügung stellen. Denn obwohl jede Branche natürlich auch ihre eigenen Gesetze hat, sind im Vorgehen strukturell kaum Unterschiede. Meine Beratungsleistung in Anspruch zu nehmen, rechtfertigt sich schon alleine durch die finanzielle Tatsache, Lehrgeld einsparen zu können.

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Verraten Sie uns: Haben Sie bereits erste Aufträge an Land gezogen?
Zuerst einmal war ich über die vielen proaktiven Jobangebote positiv überrascht. Meine Erfahrung scheint, übrigens auch über die Landesgrenzen hinaus, ein echtes Bedürfnis zu sein. Ich hab nun aber bewusst den Weg der Selbstständigkeit gewählt. Und ja, ein erstes Projekt wird konkret, obwohl ich offiziell noch gar nicht richtig gestartet und noch mit Gründungsaufgaben beschäftigt bin. ReMindset im Betamodus sozusagen.

Wenn SRF bei Ihnen als Kunde anklopfen würde: Welchen Rat würden Sie geben?
Erstens: den Mut und vor allem auch den Drive nicht verlieren. Der Markt entscheidet über die notwendige Geschwindigkeit, nicht das Unternehmen, das wird oft unterschätzt. Zweitens: Ausdauer beweisen, denn einige Aufgaben brauchen einfach auch mehr Zeit. Drittens: sich immer wieder die ursprünglichen Ziele vor Augen führen, denn an deren Erreichung wird das Transformationsprojekt letztendlich von allen Stakeholdern gemessen. Und viertens: die Mitarbeitenden eng einbeziehen, denn eine Transformation ist nur so erfolgreich, wie sie von diesen verstanden, akzeptiert, mitgestaltet und getragen wird.



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