02.05.2021

Bundesanwaltschaft

Strafverfahren gegen André Marty

Der Informationschef nimmt den Hut. Er ist laut Tages-Anzeiger im Visier eines Sonderermittlers. Der 55-Jährige soll Geheimtreffen mit der Fifa eingefädelt und selber daran teilgenommen haben. Nun geht Marty zur SBB. Es gibt noch einen zweiten Abgang bei der Bundesanwaltschaft.
Bundesanwaltschaft: Strafverfahren gegen André Marty
Gegen André Marty, Mediensprecher der Bundesanwaltschaft und früherer TV-Korrespondent, soll ein Strafverfahren eröffnet worden sein. (Bild: Keystone/Peter Schneider)

Bei der Schweizer Bundesanwaltschaft kommt es zu zwei weiteren Abgängen in der Geschäftsleitung. Einer der beiden, Informationschef André Marty, hat bereits einen neuen Job bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) in Aussicht.

Nach Bundesanwalt Michael Lauber im letzten Jahr nimmt nebst Marty, gegen den ein Strafverfahren läuft, auch Generalsekretär Mario Curiger den Hut. Die Bundesanwaltschaft bestätigte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA Informationen von Tamedia-Medien in einer Mitteilung.

Curiger und Marty würden die Behörde auf eigenen Wunsch in den nächsten Monaten verlassen, erklärte die Bundesanwaltschaft. Die Abgänge erfolgten unabhängig voneinander.

Zu den Gründen der Abgänge erklärte die Bundesanwaltschaft am Samstag, dass während einer Übergangs- und Transitionsphase Abgänge auch unter Kaderangestellten nichts Ausserordentliches seien. Der Wunsch nach persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung sei in beiden Fällen nachvollziehbar und zu respektieren, hiess es in der Mitteilung. Die Regelung der Nachfolge sei in die Wege geleitet worden.

In der Geschäftsleitung der obersten Schweizer Strafverfolgungsbehörde verbleiben damit noch zwei Mitglieder. Es handelt sich um die beiden stellvertretenden Bundesanwälte Ruedi Montanari und Jacques Rayroud. Die beiden stellvertretenden Bundesanwälte sowie ihre Behörde bedauerten in der Stellungnahme die Abgänge.

Verfahren gegen Marty eröffnet

Kommunikationschef Marty geriet ins Visier des ausserordentlichen Bundesanwalts Stefan Keller. Dieser eröffnete im Zuge von Vorwürfen rund um Ermittlungen gegen den Weltfussballverband Fifa gegen Marty ein Strafverfahren, wie der Tages-Anzeiger publik machte. Keller sagte zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA lediglich, dass er über den Stand des Verfahrens aus ermittlungstaktischen Gründen zurzeit keine Auskunft erteilen könne. Von Marty lag keine Stellungnahme vor.

Marty soll 2017 der Zeitung zufolge während laufenden Ermittlungen der Bundesanwaltschaft rund um die Fifa bei einem umstrittenen Treffen zwischen dem damaligen Bundesanwalt Michael Lauber und Fifa-Präsident Gianni Infantino anwesend gewesen sein. Gemäss früherer Aussagen konnte sich jedoch keiner der Beteiligten an dieses Treffen erinnern.

Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft hatte im Juni 2020 Keller als ausserordentlichen Staatsanwalt damit beauftragt, Strafanzeigen gegen Lauber, Fifa-Präsident Infantino sowie weitere Personen im Zusammenhang mit mutmasslichen Ungereimtheiten bei den Fifa-Ermittlungen zu prüfen. Der Vorwurf lautet auf Amtsmissbrauch respektive Anstiftung zum Amtsmissbrauch.

Neuer Job ab Herbst

Marty übernimmt ab dem 1. September bei den SBB die Leitung der Kommunikation Personenverkehr. Ein Firmensprecher bestätigte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA einen entsprechenden Beitrag der SonntagsZeitung. Es sei bekannt gewesen, dass gegen Marty ein Strafverfahren laufe, hiess es.

Natürlich habe man sich darüber Gedanken gemacht, doch es gelte die Unschuldsvermutung, teilte die SBB-Medienstelle mit. Marty habe sich in einer offenen Stellenausschreibung durchgesetzt.

Stelle weiter vakant

Die Stelle des Bundesanwalts ist zurzeit vakant. Der ehemalige Bundesanwalt Lauber bot nach monatelanger Kritik an seiner Amtsführung und möglichen Ermittlungsfehlern im Verfahrenskomplex zur Fifa seinen Rücktritt an und reichte darauf seine Kündigung ein.

Lauber schied per Ende August 2020 vorzeitig aus dem Amt aus. Die parlamentarische Gerichtskommission hat nach zwei Ausschreibungen bislang keine Kandidatur für Laubers Nachfolge gefunden. Sie will den Posten ein drittes Mal ausschreiben. (sda/cbe)



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Kommentare

  • RUDOLF BOLLI, 03.05.2021 14:38 Uhr
    In dem Kaffeekränzchen-Verfahren, in das Marty hineingeraten ist, geht es nach dem, was bisher zu vernehmen war, um die Frage, ob bei dem Treffen, über das man nichts weiss, etwas strafrechtlich Relevantes hätte geschehen können, von dem aber nicht bekannt ist, dass es passiert wäre. Genügt das, um jemanden zu diskreditieren?
  • Victor Brunner, 02.05.2021 18:42 Uhr
    Riecht nach Berner Filz. Marty verlässt die BA und kommt dank Postenschacher bei den SBB unter. Mindestens sollte das Ergebnis der Untersuchungen gegen ihn abgewartet werden. Ergibt die Untersuchung kein Fehlverhalten kann man den Vorgang akzeptieren, auch wenn es bestimmt geeignetere Personen für diesen Job gibt. Wird ein Strafverfahren eröffnet ist die Rochade hinfällig. Bei der SBB geht es um den Ruf den sie wieder aufbaut. Eine Person auf der Payroll die nicht den besten Ruf hat schadet. Und Vermittlung von Informationen an die Presse kann nur über respektable Personen glaubwürdig vermittelt werden!
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