20.02.2006

Oswald Sigg

Wird Regierungsprecher allein gelassen?

Bundesrat Blocher zu Publikation geraten.

Bundesrat Christoph Blocher hatte kürzlich zwei Vorschläge zur Terrorbekämpfung und zur Sterbehilfe öffentlich machen lassen, ohne dass sie von anderen Ämtern mitgestaltet und vom Gesamtbundesrat behandelt worden waren. Dies provozierte Protest und letzte Woche wurde entschieden, das Publizieren in dieser Phase zu verbieten.

Nun hat sich herausgestellt, dass die Publikation keine Idee von Bundesrat Blocher war, sondern dass ihn Regierungssprecher Oswald Sigg dazu ermuntert hat, wie der Tages-Anzeiger berichtet. "Bundesrat Blocher hat mich einmal darauf angesprochen, dass er es als problematisch erachte, wenn Papiere bruchstückhaft per Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangten. Ich habe ihm gesagt, ich würde dem zuvorkommen und die nicht vertraulichen Papiere einfach ins Internet stellen", so Sigg im TA. Mit dem Öffentlichmachen könne einem Papier die Brisanz genommen werden.

Nachdem das Vorpreschen Blochers in den anderen Departementen für Gesprächsstoff gesorgt habe, habe die Kanzlei zwei Varianten vorgeschlagen: entweder die vorzeitige Publikation in gewissen Fällen zu erlauben oder sie ganz zu untersagen. Der Bundesrat habe sich zu Letzterem entschlossen.

Sigg wird allein gelassen

Gemäss TA ist dieser Entscheid typisch für das Regierungskollegium. Ausser Blocher mache sich niemand für Transparenz stark, Sigg werde allein gelassen. Man habe als Nachfolger von Achille Casanova einen offeneren Kommunikator gesucht und mit Sigg einen gefunden, der mehr Transparenz versprach. Doch das Gegenteil ist laut TA der Fall, die Kommunikation des Bundesrates sei "kryptisch wie eh und wirr wie kaum je: jeder erzähle, was ihm zupass kommt, was ihn am besten aussehen lässt". Sigg lasse man auflaufen.

Die Informationschefs der einzelnen Departemente würden sich breit machen und Sigg als zu defensiv kritisieren, wobei sie zugleich einen schwachen Bundesratssprecher wollten. Die Informationschefs der einzelnen Departemente würden sich selbst zunehmend als Imagepoliteure ihrer Bundesräte sehen. Den Grund sieht der TA in den kommenden Bundesratswahlen in zwei Jahren. Seit der Abwahl von Ruth Metzler könne sich keiner mehr seines Amtes sicher sein.



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