Das UKW-Debakel geht ungebremst weiter – und diesmal gleich mit einer dreisten Vertuschungsaktion. So hat das Bakom vor Kurzem das neue Konzessionskonzept für Privatradios in die Vernehmlassung geschickt. Doch etwas Entscheidendes fehlte in der Ausschreibung: der Bezug auf die Verbreitungstechnologien. Also genau jener Aspekt, der die jüngsten hitzigen öffentlichen Diskussionen beherrscht hat. Erst auf Nachfrage hin erklärte ein Bakom-Sprecher kleinlaut: UKW wird es ab 2025 nicht mehr geben. Punkt. Eine inhaltliche Begründung lieferte er nicht. Damit aber will sich das zuständige Bundesamt schon wieder in die Büsche schlagen. Zuerst taten sie das mit dem Hinweis auf eine «Branchenvereinbarung», die dann grandios kollabierte. Jetzt im Hinblick auf die Neukonzessionierungen.
Die Gründe für dieses blamable Verhalten sind evident. Es war das Bakom, das zusammen mit der SRG die DAB-Strategie über viele Jahre und mit Dutzenden von Millionen von Steuergeldern in einer Weise gepusht hat, wie es keine andere Behörde in Mitteleuropa getan hat. Während immer mehr Länder die Nachteile von DAB erkannten und ihre UKW-Abschaltpläne allesamt schredderten, blieb das Bakom pickelhart auf seinem Kurs. Damit will man vertuschen, dass man seit den 90er-Jahren auf eine inzwischen bereits veraltete Zwischentechnologie gesetzt hat, die sich nicht wie erwünscht durchsetzen konnte. So ist auch heute noch nicht einmal die Hälfte aller Schweizer Autos mit DAB-Empfängern ausgerüstet. Bis man diesen Anteil auf 90 Prozent steigern kann – was aus Gründen der Verkehrssicherheit notwendig ist, wie alle Fachleute betonen – wird es wohl noch etwa sieben Jahre dauern.
Doch dieses und weitere wichtige sachliche Argumente – wie etwa die Information der Bevölkerung in Krisensituationen – rühren das Bakom und ihre Vorgesetzte, Bundesrätin Simonetta Sommaruga, in keiner Weise. Klammheimlich wollen sie das Problem auf rein formalistische Weise entsorgen. Dagegen gilt es nochmals anzutreten. Jetzt ist die Politik gefordert. Als nächstes wird sich der Ständerat der Sache annehmen. Er soll nicht auf den nächsten Trick der Bieler Behörde hereinfallen, sondern nach rein sachlicher Beurteilung die Weichen stellen. Dies heisst: UKW kann erst dann ersetzt werden, wenn die dafür notwendigen Bedingungen geschaffen sind. Diese sind von der Entwicklung der realen Radionutzung abhängig und nicht vom zufälligen Auslaufdatum der Konzessionen. Affaire à suivre!
Roger Schawinski ist Medienunternehmer. 1979 gründete er Radio 24. Heute betreibt er Radio 1 in Zürich.
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16.09.2021 12:21 Uhr
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Das UKW-Debakel geht weiter