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Die Schweizer Presse klammert einen Punkt aus

Der Bundesrat sowie alle Parteien ausser der SVP ziehen eine durchaus positive Bilanz aus der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock. Im Gegensatz zum Eigenlob in der Schweizer Presse fällt aber das Echo der europäischen Medien nicht so schön aus. Für Le Monde gab es kaum Fortschritte. Die Abschlusserklärung sei zaghaft. Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist der Abschluss dürftig. Der Sender CNN betont: «Die wichtigsten Mächte haben die Abschlusserklärung nicht unterschrieben. China hat nicht teilgenommen.» Die Global Times lässt verlauten: Die Konferenz ist kaum förderlich für Friedensgespräche.

Dass die russische Regierungszeitung Rossijskaja Gaseta die Schweiz als Gastgeberin der Ukraine-Konferenz kritisiert, war absehbar: «Es ist schwer zu verstehen, womit die Schweiz gerechnet hat, indem sie als vorgeblich neutraler Staat eine Konferenz zur Ukraine veranstaltete. Es verwundert nicht, dass die Schweizer Präsidentin Viola Amherd in ihrer Eröffnungsrede sagte: «Ein Friedensprozess ohne Russland ist undenkbar.» Doch warum das teure Spektakel, wenn die Schweizer von vornherein verstanden haben, dass diese Aktion null praktische Wirkung hat?

Die Russen erwähnen im Grunde genommen in ihrer Kritik den grössten Mangel der hochgejubelten Konferenz. Eine Friedensverhandlung mit nur einer Seite ist zum Scheitern verurteilt. Die Schweizer Presse klammert erstaunlicherweise einen wunden Punkt bei der Bürgenstock-Konferenz ebenfalls aus: Es wird in den Echos nicht betont, dass Russland die Schweiz schon vor dem Treffen nicht mehr als neutrales Land akzeptiert hatte, nachdem die Eidgenossenschaft sich am Wirtschaftsboykott beteiligt hatte. Für sie wurde unser Land rasch zur Kriegspartei. Wir hätten punkten können, wenn wir ein Treffen in Genf mit beiden Parteien als neutrales Land zur Verfügung gestellt hätten. Wer sich mit Verhandlungstechniken befasst, weiss, dass wichtige Treffen im Stillen erfolgen sollten, an einem neutralen Ort.

Es muss daran gezweifelt werden, dass es in der Schweiz zu einer Fortsetzung kommen wird. Wir können uns jedoch keinen jahrelangen Stellungskrieg mehr leisten. Alle weiteren Toten, Verletzten, zertrümmerten Häuser und Infrastrukturen sind zu viel. Die Schweiz hat ihre Chance vertan. Sie hatte einseitig Hand geboten zu einer Werbeveranstaltung von Selenskyj und rechtfertigt nun dieses parteiische Treffen mit der Begründung: Die Ukraine ist von einem Aggressor angegriffen worden und da darf man nicht mehr neutral sein. Die Schweiz muss auf der Opferseite stehen und Farbe bekennen. Verankert bleiben jedoch die Fotos unserer Magistratin an der Seite von Selenskyj. Und Bilder wirken nachhaltig.


Marcus Knill ist Experte für Medienrhetorik, Berater und Autor von rhetorik.ch.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

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KOMMENTARE

Suzanne Hübscher
22.06.2024 07:21 Uhr
Danke Markus, dein Artikel ist das Beste was ich in unseren Schweizer Presse lesen konnte!
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