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Helmut-Maria Glogger über das Ende von "Wetten, dass..?"

Werte Freunde der Freunde der Freunde

Wer Fernsehen Heute verstehen will, der lese das "Handelsblatt". Okay – früher standen die hinterfotzigen Marginalien, die sich zu medialen Blizz-Bomben austaktierten, in BLICK, BILD, HörZu, TR7 oder direkt bei Tele-Chefredaktor Hans-Ulrich Indermaur. Heute orte ich die wichtigsten TV-News zwischen Zeilen wie "Drogeriemarkt-Riese – Milliardär mit Prinzipien" oder "Baustoffe – Megafusion in der Zementindustrie". Und nicht zwischen "Knuddelige Schlafmütze" und "Tumult im Legoland". Ergo stiess ich auf ein Interview des "Handelsblatt" mit dem ZDF-Intendanten Thomas Bellut. Wahrlich: erhellend! So sagte Bellut über die Zukunft von "Wetten, dass...?": "In diesem Jahr werden wir sehen, wie stark die Marke noch ist." Sinkt die Quote weiter, gibt es sehr bald ein Ende für Markus Lanz?  "Ein weiterer Quotenschwund würde die Show sehr schwächen." Bellut erklärt die Quoten-Schmerzgrenze: "Die wäre erst erreicht, wenn Markus Lanz wirklich Schaden nähme." Seine Talk-Show "Markus Lanz", mit drei Shows pro Woche, weist eine konstante Quote aus. Würde sich das ändern, dann "müssten wir wirklich verhindern, dass auch noch Markus Lanz demontiert wird" Im Klartext: ZDF-Intendant kündigte an, dass ihm ein Markus Lanz wichtiger ist als das ZDF-Flagschiff "Wetten, dass..?". Dass er, der ZDF-Intendant, "Wetten, dass..?" über die Klinge springen lässt – um Lanz zu schützen? Schützen? Vor was? Vor wem? Der ZDFler Bellut bewies stets ein Händchen, das Fallbeil dem Publikum zu widmen: So trat er sein hoch dotiertes Amt am 14./15. März 2012 an. Am Vorabend der einzigen, intelligenten Runde im ZDF-Promi-Zirkus, liess er seine letzten Denker vom Publikum abstrafen: Kurz vor Ausstrahlung der Sendung "Das Philosophische Quartett" unterrichtete er den wort-witzigen Peter Sloterdijk und den wort-amüsanten Rüdiger Safranski über das Ende ihrer Sendung. Spötter auf dem Mainzer Lerchenberg sehen darin bis heute einen Kniefall vor einer "munter grassierenden Deppen-Kultur – mit BILD in Bild". Und heute? Heute munkeln ganz offen ZDFler beim Abschiedstrunk in Offenburg (also in Fessenbach, Rammersweier und Zell-Weierbach ohne ZDF-Beamte) zum Aus von "Wetten, dass..?", dass ihr Intendant die Sendung auch aus anderen Gründen abservierte – Gründe, die viele nach dem dritten Drittele gerne formulieren. Aber stumm bei jeder Zitierung werden. Nun also: "Wetten, dass..?" ist weg – Markus Lanz bleibt. Was zu Fragen führt:

  • Wer entscheidet eigentlich beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Wir Gebührenzahler jedenfalls nicht – wir werden ausgenommen wie Weihnachtsgänse. In der Schweiz ohne jede Chance!
  • Wer entscheidet bei Milliarden-schweren öffentlichen TV-Sendern wie dem ZDF, der ARD? Jedenfalls – so scheint es – nicht der Intendant? Auch nicht der Programmdirektor?

Wer entscheidet dann? Etwa Markus Lanz & Co? Also ein geistiger Dünnbrett-Bohrer der schleimigen Art. Der "Gigi aus Geiselsberg", der Funker aus Südtirol, der Stifti von  „Radio Holiday“ aus Bruneck! Der als politisches Fliegengewicht unter dem Namen "Le Camembert radioaktiv" die Single "F… ! Chirac" veröffentlichte. Die ausser seiner Familie wohl niemand käuflich erwarb. Die als Beleidigung nie zu Frankreichs damaligem Präsident Jacques Chirac durchdrang. Für RTL Leistungsausweis genug: Lanz moderierte als Italiener die Sendung "Guten Abend RTL", im norddeutschen Bundesland Schleswig-Holstein. Daneben übernahm Lanz die Moderation weiterer Rammel-Töten-Lallen (also RTL-) Sendungen wie "Der Hochzeitsplan", "Outback“ und "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus: Special“. Und schwängerte Zielgruppen-gerecht als "Junger“ die ältere RTL-Diva Birgit Schrowange. Der Wechsel von RTL zum ZDF gelang mühelos. Die Seilschaften zogen. Ein Netzwerk formierte sich. Das ich "mediale Inzucht" nenne! Genauer? Seit Januar 2011 produziert Markus Lanz seine Sendungen über die Produktionsfirma "Mhoch2 TV“, an der er selbst sowie Markus Heidemanns je zur Hälfte beteiligt sind. Beim Namen Heidemanns müssten alle Alarmglocken Sturm läuten! Selbst beim ZDF. Natürlich nicht bei ZDF-Intendant Thomas Bellut! Wie auch? Markus Lanz und Markus Heidemanns trafen erstmals 2005 aufeinander. Lanz war damals Moderator des RTL-Boulevardmagazins "Explosiv" und Gast in Johannes B. Kerners Talkshow im ZDF. Die wer produzierte? Genau: Heidemanns mit Kerner. Heidemanns hatte schon damals das Ohr von Thomas Bellut, damals Programmdirektor und heute Intendant des ZDF. Was Wunder, dass Bellut sich bei Heidemanns im November 2011 meldete – wegen Lanz und "Wetten, dass..?“ Als sich Bellut im Februar ein zweites Mal meldete, wurde es ernst: Innerhalb kürzester Zeit wurde man per Handschlag handelseinig. Soweit, so gut. Nun kommt ein weiterer Heidemanns ins Spiel. Der ist der Bruder von Markus und heisst Martin Heidemanns. Dieser Martin ist heute stellvertretender Chefredaktor von BILD und war – wen wundert`s – mal "Unterhaltungschef“ von BILD. Heute leitet er in der Chefredaktion den Bereich "Reporter / Investigative Recherche". Ein wahrlich "feiner“ Herr! Der sich via "Gegendarstellung“ im Berliner "Tagesspiegel" dagegen wehren musste: "Ich schreie nicht, ich drohe nicht und ich erpresse auch nicht.“ Martin Heidemanns – klar ein Gast der von Lanz präsentierten ZDF-Sendung "Menschen 2012". In der Heidemanns erzählte, wie er den unglaublichen Skandal  um den Deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff aufdeckte. Was – wie wir heute wissen – ein Rohrkrepierer war. Wulff wurde freigesprochen. Die Schadenssumme – um die 800 Franken. Heidemanns ("Ein unsympatischer Mensch, kein bisschen vertrauenswürdig, von dem würde ich nie es was kaufen wollen. So Mailer Peter Jacobs) bekam für den Wulff-Sturz den renommierten Henri-Nannen-Preis. Peinlich, dass Ex-Spiegel und Süddeutsche Zeitung-Journalist Hans Leyendecker seine Auszeichnung in der gleichen Kategorie ablehnte: Er wollte nicht zusammen mit Heidemanns ausgezeichnet werden. Verständlich? Fragen darf man doch noch stellen dürfen? Oder? So frage ich: Wie kommt ein ach so seriöser Herr wie ZDF-Intendant Bellut dazu, sich – na, sagen wir es mal salopp – „In ein Heidemanns-Boot setzt? Mit Lanz als Steuermann?“ Irgendwie absurd! Ich glaube kaum, dass Verlegerin Friede Springer gleich die BILD-Zeitung einstellt – nur, weil sie mit Halb-Dirnen-Enthüllungen und Schamhaar-Diskussion ihres Noch-Chefredaktors immer unzufriedener wird. Ich glaube kaum, dass der FC Bayern München in die 3. Liga absteigt – weil Uli Hoeness echtes von Monopoly-Geld nicht unterscheiden konnte. Ich glaube kaum, dass selbst die SVP gleich das Finanz-Departement abschafft – nur, weil sie mit Eveline Widmer-Schlumpf selbst nach deren Abgang unzufrieden ist. Es bleibt: Ein öffentlich-rechtlicher Sender, dem eine eigene Sendung ("Wetten, dass..?“ ) schnurz-piep-egal ist. Ein ZDF-Intendant, dem das Seelen-Heil eines via Auftrag bezahlten Moderator wichtiger ist als eine von Europas wichtigster TV-Shows. Ein Moderator (Markus Lanz), der irgendwelchen "Küchenschlachten“ gewachsen ist – aber nicht einer grossen Samstagabend-Kiste. Und zwei Brüder, die sich in die geballte Faust lachen können! Ich bleibe dabei: "Wetten, dass..?“ JA – aber ohne Markus Lanz! PS: Wetten, dass Markus Lanz beim ZDF bleibt! Dass Markus Heidemanns mit ZDF-Intendant Bellut weiter auf bestem Fusse agiert. Und Martin Heidemanns sich wie einst die beiden „Watergate“-Enthüller Carl Bernstein und Bob Woodward "aufmandelt“. Wie man in Südtirol sagt.

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