BLOG

SBB-Meyer ist es unwohl

SBB-Chef Andreas Meyer ist ein berühmter Mann: schon bald wird er freudestrahlend in die Kameras lachen und den neuen Neat-Tunnel eröffnen. Auch sonst ist er omnipräsent: sei es in der TV-Show «Schweizer des Jahres», wo er Tickets verlost, oder sonst bei irgend einem glamourösen Auftritt, der mit Bahn zu tun hat und bei welchem er seiner Chefin, Bundesrätin Doris Leuthard, assistiert. Ein bisschen salopp formuliert: Keine Feier ohne  Meyer. Dafür – aber nicht nur dafür – wird der SBB-CEO ausreichend honoriert.

Doch nun taucht ein Problem auf. Im Zürcher – und später Genfer Hauptbahnhof – wird ein äusserst geschmackloses Hakenkreuzplakat aufgehängt, das nach heftigen Protesten wieder entfernt wird. Und dies zu Recht. Zum einen verdient nicht jede Provokation diese Bezeichnung, zum andern ist es doch widersinnig, dass ausgerechnet jene Leute, die im Sekundentakt auf politische Korrektheit pochen, das Nazisymbol als Ausdruck politischer Meinungsbildung verstehen wollen. Aber das ist eine andere Geschichte. Die SBB jetzt zum alleinigen Sündenbock zum machen, ist gar aber billig. Schlussendlich sind sie weder Urheber noch Sponsor der ganzen Aktion. Das Plakat wurde routinemässig gebucht und höchstwahrscheinlich ohne weitere Kontrolle des Motivs im Hauptbahnhof aufgehängt, wie täglich hunderte andere Plakate auch. 

Die SBB hätte nach dem ganz Wirbel drei Varianten: zu schweigen und den Ball ganz flach zu halten. In der heutigen Kommunikationswelt ist dies kaum machbar. Ein Kommunique zu veröffentlichen (was sie getan haben) oder gar eine Pressekonferenz abhalten. Höchstwahrscheinlich – und davon ist auszugehen – haben die PR-Profis alle drei Möglichkeiten durchgespielt und sich für die mittlere entschieden. So gut so recht.

Speziell ist nur, dass die SBB parallel dazu auch noch eine vierte Variante eingeführt haben: Sie verweisen auf die Tweets ihres obersten Chefs. Wohl eine Weltpremiere: Problembewältigung mit 140 Zeichen. Und dies aus der Erkenntnis heraus, dass in der Kürze die Würze liegt.

Wie ein Unbeteiligter twittert Meyer aus der Tiefe des Raums:  «Verstehe die Reaktionen. Wohl war mir bei anderen Plakaten auch nicht. Hakenkreuz geht zu weit und verletzt Kunden gravierend.» Wir staunen: welche «andere Plakate» meint er? Die «schwarzen Schäfchen», die neben dem Hakenkreuz fast schon kunsthauswürdig wirken?  Die «Benetton»-Werbung oder vielleicht diejenige der UBS (wovon aber nicht auszugehen ist)? Eindruck eines Aussenstehenden nach der Tweet-Lektüre: manchmal staunt der SBB-Boss selbst, was in seinen Bahnhöfen alles geschieht, wenn nicht gerade ein Festakt ansteht.

Vielleicht nicht zu Unrecht: Hätte unsere Journalistin Lucienne Vaudan am vergangenen Montagmorgen nicht im Zürcher Hauptbahnhof mit ihrem iPhone dieses – mittlerweile berühmte – Hakenkreuzbild geschossen, wäre ihm der ganze Wirbel erspart geblieben. Es gibt nämlich kein anderen Beweis, dass das vielzitierte Plakat wirklich dort gehangen ist. Doch es kommen bessere Zeiten für die SBB: Am 1. Juni wird der neue Gotthardtunnel eröffnet werden. 

Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE

Kommentarfunktion wurde geschlossen