Philipp Albrecht
Die Rollenverteilung im bisherigen Abstimmungskampf für das Medienpaket könnte deutlicher nicht sein: links dafür, rechts dagegen, Mitte gespalten. Wenn ich Bekannten aus meinem mehrheitlich urbanen, linksliberalen Umfeld erkläre, dass ich die Vorlage ablehne, kommt zurück: Hast du dir mal das Nein-Komitee angeschaut?
Ein guter Punkt.
Natürlich möchte ich eigentlich nicht auf der gleichen Seite stehen wie Markus Somm, Philipp Gut, Martin Janssen und Nicolas A. Rimoldi. In der Diskussion zur Abstimmung der Verlegerinnen und Verleger des Onlinemagazins Republik war das Kontra-Lager sogar das Topargument für ein Ja. Und das nicht allein deshalb, weil diese Männer etwa Corona-Verschwörungstheorien oder Unwahrheiten über den Klimawandel verbreiten, sondern auch, weil sie rechten Mäzenen nahestehen, die Medien kaufen oder gründen, um damit gegen eine vermeintlich linke Übermacht in der Schweizer Medienwelt anzukämpfen.
Gemeint sind Konrad Hummler, Peter Weigelt, Walter Frey, Tito Tettamanti, Christoph Blocher. «Rechte Raubritter ziehen durchs Land, die sich klangvolle Traditionsmarken wie leer stehende Ruinen erobert haben», schrieb im Dezember die WOZ. Auto-Tycoon Frey besitzt ein knappes Dutzend Lokalblätter, Tettamanti bezahlte die «Weltwoche»-Übernahme mit, Ex-Banker Hummler ist Präsident beim «Nebelspalter» und Unternehmer Weigelt gehört «Die Ostschweiz».
Die Hoffnung vieler Linker ist, dass Subventionen den Weiterbetrieb von Medien sichern, die sonst von den «rechten Raubrittern» übernommen und zu politischen Kampfblättern umgebaut werden könnten.
Das Problem dabei: Genau dazu dürfte die Vorlage nicht taugen.
Ich wage zu behaupten, dass die genannten Mäzene die Medienförderung sogar als Teil ihres Geschäftsmodells sehen. Denn sie beziehen schon heute Subventionen und würden erst recht von einem Ausbau profitieren. Auch wenn sie das angesichts ihrer Vermögen nicht nötig hätten.
Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) bestätigt, dass die «Weltwoche» 2020 ein Gesuch für indirekte Presseförderung eingereicht hat. Weil kurz zuvor die Auflage unter 40'000 Exemplare gefallen war, ist sie nun dazu berechtigt. Seit November 2020 hat ihr die Post bei der Verteilung des Magazins 413'151 Franken erlassen.
Auch wenn sich «Weltwoche»-Chef Roger Köppel gegen den Ausbau der Medienförderung ausspricht («Die Schweiz braucht kein Mediengesetz, das die heute schon viel zu grosse Nähe zwischen Regierung und Journalismus durch Millionensubventionen institutionalisiert»), gehe ich davon aus, dass er auch bei einem Ja weiterhin Steuergelder annehmen wird. Und das dürfte er selbst dann tun, wenn die «Weltwoche»-Auflage wider Erwarten plötzlich ansteigen sollte. Das Medienpaket sieht nämlich vor, die 40'000er-Grenze aufzuheben. Darüber hinaus darf Köppel für Weltwoche.ch mit Zuwendungen aus der geplanten Hilfe für kostenpflichtige Onlineportale rechnen.
Auch SVP-Politiker Walter Frey, dessen Vermögen von der «Bilanz» auf 3,5 bis 4 Milliarden Franken geschätzt wird, profitiert von staatlicher Presseförderung. Konkret gilt das für die bezahlpflichtigen Blätter «Klotener Anzeiger», (Opfiker) «Stadt-Anzeiger» und «Anzeiger von Wallisellen», die Teil seiner Lokalinfo AG sind.
Eine Posttaxenverbilligung von 29 Rappen pro Exemplar erhält er dabei nicht nur für den wöchentlichen Versand der abonnierten Ausgaben, sondern erstaunlicherweise auch für die einmal im Monat erscheinenden Grossauflagen, welche gratis in jeden Briefkasten der Gemeinden gelegt werden. Das sei rechtens, sagt das Bakom, obschon Gratiszeitungen eigentlich von der Medienförderung ausgeschlossen sind.
Ein weiterer Haken im Medienpaket ist für mich die Förderung von kostenlosen Onlinemedien, die unter anderem von Spenden der Leserschaft leben. Diese Ausnahme fand den Weg ins Paket, weil sonst Medien wie «Bajour» oder «Tsüri», die sich keine Paywall leisten können, umgangen worden wären. Aber es führt – nebenbei – dazu, dass auch das profitable Newsportal «Watson» Subventionen erhalten könnte, weil das Medium seit 2020 offen für Spenden ist.
Viel problematischer für die Gegnerinnen rechter Pressemäzene ist in diesem Zusammenhang aber ein anderes Portal, das nach eigenen Angaben «eine grosse Spendergruppe» hinter sich hat und deshalb bei Annahme des Medienpakets Geld erhalten wird: «Die Ostschweiz» mit ihrem Financier Peter Weigelt.
Im Gespräch mit «Inside Paradeplatz» hat Ex-FDP-Nationalrat Weigelt, ein Freund von Konrad Hummler, angekündigt, dass er im Falle einer Annahme der Vorlage das Geld vom Staat sehr wohl nehmen und «in eine Stiftung, die sich für Medienvielfalt und Medienfreiheit» einsetzt, einbringen würde.
Wahrscheinlich bin ich nicht der Einzige, der Zweifel hat, dass Weigelt mit «Medienvielfalt» auch «politische Vielfalt» meint.
Auf weitere Löcher und Unsicherheiten gehe ich hier nicht ein. Sie sind auch jenen Abstimmungswilligen bekannt, die ein misstrauisches Ja in die Urne legen werden, weil es für sie keine bessere Alternative gibt zu dieser Vorlage.
Was sehr bedauerlich ist. Denn ich kann dieses Paket drehen und wenden, wie ich will: Am Ende sehe ich mehr Widersprüche als Lösungen, weil Bundesrat und Parlament so viele Akteure wie möglich berücksichtigt haben, um eine höhere Zustimmung zu erreichen – mit dem Preis, dass die 151 Millionen Franken letztlich mit der Giesskanne verteilt würden.
Der Kabarettist Lorenz Keiser, einer der wenigen Republik-Verleger, die sich für ein Nein aussprechen, hat es so formuliert: «Das Mediengesetz ist eine Missgeburt, die es allen recht machen will und es eben absolut nicht recht macht.»
Zur Transparenz
Von der staatlichen Medienförderung, über die das Schweizer Stimmvolk am 13. Februar abstimmt, würde auch die Republik profitieren. Wie viel Geld sie erhielte, ist derzeit unklar. Klar ist: Über die Frage, ob sie das Geld überhaupt annehmen würde, müsste die Verlegerschaft entscheiden.
Philipp Albrecht ist Wirtschaftsredaktor beim Onlinemagazin Republik. Dieser Blog-Beitrag ist zuerst als Kommentar auf republik.ch erschienen.
Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.
Kommentare
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Stefan Millius, 01.02.2022 12:35 Uhr
Das Märchen wird langsam zum Selbstläufer, weil es einfach weitererzählt wird. Peter Weigelt gehört «Die Ostschweiz» nicht. 2017 von Marcel Baumgartner und mir gegründet, wurde die Ostschweizer Medien GmbH 2019 zur AG umgewandelt. Peter Weigelt ist Verwaltungsratspräsident und einer der Aktionäre. Jeder dieser Aktionäre hält einen bescheidenen Anteil am Gesamtpaket. «Den» Besitzer von «Die Ostschweiz» gibt es bewusst nicht. Wenn ein Wirtschaftsredaktor Besitzverhältnisse beschreibt, dann sollten sie wenigstens stimmen. -
Victor Brunner, 20.01.2022 18:06 Uhr
Selbstverständlich sind auch Frey, Weigelt, Köppel und andere auch an den Honigtöpfen der SteuerzahlerInnen interessiert. Auch sie sind linke Etatisten wenn es etwas zu holen gibt. Albrecht bringt die Bedenken vieler zum Ausdruck. Die Vorlage ist grottenschlecht. Ein Pfusch von BR Sommaruga und den eidgenössischen Räten von links bis rechts. Weil sie die Situation der Medien nicht richtig gewichten konnten haben sie zur Giesskanne gegriffen, mit etwas grösseren Löchern für die "big four".
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Nur weil die dagegen sind, bin ich nicht dafür