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Ueli Maurers verpasste Chance

Marcus Knill

Bundespräsident Ueli Maurer störte sich vor dem vereinbarten «SRF Eco»-Studiogespräch zur Steuervorlage an der Bildsprache des Beitrags und verliess einmal mehr das Studio. Ihn störte vor allem die Aussage «alter Wein in neuen Schläuchen». Ausserdem trete ein falscher Kritiker der Vorlage (Christoph Schaltegger) auf (persoenlich.com berichtete).

Mit seiner Weigerung hatte zwar Maurer Aufmerksamkeit generiert. Doch verpasste er damit die Chance, vor den Medien seine Botschaft und sein Kernargument vor einem Millionenpublikum zusätzlich zu verbreiten. Wer eine Medienplattform verlässt, kann auch verlieren. Aufmerksamkeit schaffen allein genügt nicht. Maurer hatte schon einmal einen TV-Moderator mit den Worten «kä Luscht» im Regen stehen lassen. Auch damals verpasste er die Chance, der Bevölkerung seine Dachbotschaft zu vermitteln.

Im Gegensatz zu Maurer verstand es hingegen der damalige SP-Parteipräsident Peter Bodenmann vor Jahren, mit seinem Verlassen der «Arena» die eigene Botschaft und das Kernargument mehrmals zu verbreiten. Als er abrupt das Studio verliess, folgte ihm im Gang des Studios ein Kamerateam. Bodenmann wurde gefragt, weshalb er das Studio verlasse. Er blieb stehen und antwortete: «Wenn die Kontrahenten nicht erscheinen, sei es ihm ja gar nicht möglich, sie mit dem Argument XY zu konfrontieren. Wenn sich ihm jedoch die Gegner stellen, sei er bereit, wieder zu kommen und er werde dann die Kontrahenten gerne fragen, was sie zum Argument XY sagen.»

Bodenmann kam dann in der Folgesendung, als die Gegner doch noch persönlich erschienen und verstand es, sein Kernargument XY in der neuen Sendung erneut anzubringen. Bodenmann nutzte das Verlassen des Studios, indem er in der Folge sein Hauptargument drei Mal wiederholen konnte. Im Gegensatz zu Maurer verstand es Bodenmann damals, die Medienpräsenz stets zu nutzen. Als alter Fuchs wusste er genau, dass man mit jedem Auftritt eine Chance hat.

Nicht so Bundespräsident Maurer. Schade – zumal es Ueli Maurer bei der offiziellen Medienkonferenz sehr gut verstanden hatte, seine Kernargumente verständlich und nachvollziehbar mit seiner gewohnten adressatengerechten Sprache vorzutragen. Mit seiner Trotzreaktion verlor er aber beim Publikum wertvolle Punkte.



Marcus Knill ist Experte für Medienrhetorik und Autor der virtuellen Navigationsplattform für Kommunikation und Medien rhetorik.ch.

Unsere Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

 

 

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Kommentare

  • Ueli Custer, 10.04.2019 09:09 Uhr
    Als Befürworter der STAF habe ich mich auch geärgert, dass es Ueli Maurer verpasst hat, die Chance zu nutzen den im Film dargestellten Vorwurf "Alter Wein in neuen Schläuchen" mit Argumenten zu widerlegen. Jetzt entsteht der Eindruck, dass er keine entsprechenden Argumente hat. Er hat damit der Vorlage einen Bärendienst erwiesen.
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