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Verlagsübergreifendes Medienabo als Lösung?

Geschätzte Medienhäuser,

Als engagierter Medienkonsument möchte ich einige Gedanken zur aktuellen Situation und möglichen Zukunftsperspektiven teilen. Die schlechten Nachrichten lassen nicht nach. Jüngste Entwicklungen in der Medienbranche, wie zum Beispiel bei Ringier und der TX-Group, zeigen deutlich, dass Herausforderungen anstehen, die jedes Medienunternehmen für sich allein wohl nicht bewerkstelligen kann. Gleichzeitig erhöht sich der Anteil globaler Tech-Unternehmen wie Google, Meta und Co. auf dem Schweizer Werbemarkt immer weiter. Grob und sehr konservativ geschätzt sind das 1,5 Milliarden Schweizer Franken, ohne dass sie in der Schweiz dafür entsprechende Steuern bezahlen. Dies entspricht einem Marktanteil von über 50 Prozent des digitalen Werbemarktes. Viel Geld, welches man unter anderem auch den Medienhäusern zukommen lassen könnte.

Und trotzdem: Eure bisherigen Digitalangebote erachte ich als Sackgasse. Das Zusammenlegen von Redaktionen oder Bilden von Ressourcenpools mag kurzfristig vielleicht helfen, ist in meinen Augen aber nicht mehr als Symptombekämpfung. Die Zeit des Gärtchendenkens ist vorbei.

Aber was tun? Warum beispielsweise nicht ein verlagsübergreifendes Medienabo? Ähnlich wie beim Fernsehen, wo wir auch verschiedene Kanäle nutzen können, aber nur eine Rechnung zu bezahlen haben. Das System müsste flexibel sein. Es müsste es Konsumentinnen und Konsumenten ermöglichen, Inhalte von unterschiedlichen Quellen, sprich Medienanbietern, frei nach ihren Interessen auszuwählen.

Konkret könnte dies so aussehen:
– Ein Verbund aller Medienhäuser, ob nun national oder regional
– Ein monatliches Abo mit einem festen Betrag
– Ein Punktesystem für den Zugriff auf Artikel
– Eine Möglichkeit, das Punktekontingent bei Bedarf zu erweitern
– Eine gemeinsame Abrechnungssoftware im Hintergrund, während die Artikel weiterhin auf Ihren eigenen Webseiten konsumiert werden können. Die Basis hierzu ist mit OneLog vielleicht ja schon geschaffen worden.

Für die Leserschaft würde dies auf jeden Fall eine grössere Flexibilität und einen individualisierten Medienkonsum bedeuten. Die Verlage bekämen ausserdem die Möglichkeit, neue Lesergruppen zu erreichen und zusätzliche Einnahmequellen zu erschliessen.

Die Umsetzung eines solchen Konzepts wäre mit grossen Herausforderungen verbunden. Es würde eine Zusammenarbeit in einem traditionell wettbewerbsintensiven Umfeld erfordern, und technische Fragen, wie die Verteilung der erzielten Einnahmen und Fragen des Datenschutzes müssten sorgfältig bedacht werden. Ich bin aber überzeugt, dass mit Kreativität und Zusammenarbeit ein Modell entwickelt werden könnte, welches sowohl den Bedürfnissen der Leser als auch den wirtschaftlichen Anforderungen der Verlage gerecht wird. Meiner Meinung nach ist das auch wichtig, haben sich die Lesegewohnheiten der letzten Jahre doch stark verändert.

 


 

Guido Von Deschwanden (54) ist selbstständiger Creative Director aus Luzern und Co-Präsident des Content Marketing Forums in der Schweiz. Bevor er 2019 seine eigene Agentur gründete, war er über 20 Jahre lang Creative Director bei verschiedenen Agenturen und Verlagen. Das Herzblut seiner Arbeit liegt im Magazindesign sowie im Content Marketing.

Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.

 

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KOMMENTARE

Simone Ott
29.10.2024 15:28 Uhr
Bin ganz deiner Meinung, lieber Guido. Es ist wie in der Musikindustrie – man kauft Singles und kaum mehr ganze Alben.
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