08.03.2022

Lex Netflix

Alain Berset präsentiert die Pro-Argumente

Die Landesregierung will Streaminganbieter wie Netflix oder Disney+ stärker in die Pflicht nehmen. «Es geht um gleich lange Spiesse für alle», sagte der Kulturminister am Dienstag vor den Medien in Bern.
Lex Netflix: Alain Berset präsentiert die Pro-Argumente
Bundesrat Alain Berset spricht an der Seite von Carine Bachmann, Direktorin des Bundesamtes für Kultur (BAK) über die sogenannte «Lex Netflix». (Bild: Keystone/Anthony Anex)

Mit der sogenannten «Lex Netflix» sollen in- und ausländische Fernsehsender und Streamingdienste rechtlich gleichgestellt werden. Kulturminister Alain Berset hat am Dienstag vor den Medien in Bern die Argumente für die Annahme des geänderten Filmgesetzes präsentiert.

Die Gesetzesänderung sieht vor, dass auch Streamingdienste wie Netflix, Amazon oder Disney vier Prozent ihres in der Schweiz generierten Umsatzes in das Schweizer Filmschaffen investieren müssen, wie Berset vor den Medien in Bern sagte. Sie können dazu entweder direkt in Schweizer Produktionen investieren oder eine Ersatzabgabe leisten, die zur Unterstützung des Schweizer Films eingesetzt wird. Eine solche Investitionspflicht gilt heute bereits für private Schweizer Fernsehsender.

Bundesrat und Parlament wollen mit der Gesetzesänderung eine Lücke schliessen, die durch die Digitalisierung entstanden sei, so Berset. «Es geht um gleich lange Spiesse für alle.» Die Ungleichbehandlung von Fernsehen und Streamingdiensten solle damit beendet werden, der Schweizer Film gefördert und die Vielfalt des digitalen Angebots gestärkt werden. Andere Länder würden die Investitionspflicht bereits umsetzen, und teilweise mit weit mehr als den vorgesehenen vier Prozent, sagte Berset.

Am 15. Mai wird sich die Stimmbevölkerung zur Vorlage äussern können, sofern das Referendum formell zustande kommt. Das Referendum gegen die geplante Investitionspflicht für Netflix und Co. haben die Jungparteien von FDP, SVP und GLP ergriffen und eingereicht (persoenlich.com berichtete).

Jährlich 18 Millionen Franken

Streamingdienste sollen zudem neu verpflichtet werden, zu mindestens dreissig Prozent Serien oder Filme zu senden, die in Europa produziert wurden. Der Zusatzbetrag zugunsten des Schweizer Filmschaffens aus dieser erweiterten Investitionspflicht wird laut EDI auf 18 Millionen Franken pro Jahr geschätzt. Ausländische Fernsehsender mit Schweizer Werbefenstern werden ebenfalls einen Beitrag an die Vielfalt des Filmangebots leisten müssen.

Die Vorlage stelle sicher, dass ein Teil des in der Schweiz erzielten Umsatzes in der Schweiz bleibe, sagte der EDI-Vorsteher weiter. Das Geld würde ansonsten in andere Länder fliessen. Die Gesetzesänderung habe damit eine grosse wirtschaftliche Bedeutung, es würden Arbeitsplätze in der Schweiz geschaffen.

Laut Berset ist eine Auswirkung der Investitionspflicht auf die Preise der Streaminganbieter unwahrscheinlich. Diesen Effekt habe man in anderen Ländern nicht beobachten können. Zudem seien die Preise für Streamingdienste in der Schweiz wegen der Kaufkraft bereits die höchsten auf dem Kontinent.

Die Verpflichtung für Streamingdienste, mindestens dreissig Prozent europäische Filme und Serien zu zeigen, komme in der EU bereits zur Anwendung und liege unter den Vorgaben für Fernsehsender. Die Streamingdienste hielten sich bereits daran. Für die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz werde sich nichts ändern. Es sei nicht zu befürchten, dass wegen der Gesetzesänderung die Schweizer Kinos leer blieben, sagte Ivo Kummer, Leiter Sektion Film beim Bundesamt für Kultur (BAK).

Konsumenten eingeschränkt

Das Referendumskomitee ist der Auffassung, dass Streamingdienste wegen der geplanten Gesetzesänderung ihre Preise erhöhen könnten. Das sei insbesondere gegenüber jungen Menschen unfair. Die Gegner der Vorlage erachten es ausserdem als ungerecht, dass Streamingdienste dreissig Prozent ihres Programms für europäische Filme zur Verfügung stellen müssten. Diese Vorgabe schränkt laut dem Komitee die Freiheit der Konsumentinnen und Konsumenten ein und benachteiligt Produktionen aus anderen Teilen der Welt.

Auch ein Nein zur Revision des Filmgesetzes empfiehlt der Verband Schweizer Privatfernsehen (VSPF). Das revidierte Filmgesetz führe neue Filmsubventionen durch die Hintertür ein und schwäche die privaten Fernsehsender in der Schweiz. «Das Filmschaffen profitierte in den letzten Jahrzehnten von massiv steigenden Subventionen und wird heute mit 120 Millionen Franken pro Jahr aus Steuer- und Gebührengeldern unterstützt», heisst es in einer Mitteilung. Der VSPF wehre sich gegen eine weitere Aufstockung auf dem Buckel seiner Mitglieder und der Konsumentinnen und Konsumenten.

Cinésuisse, den Dachverband der Schweizerischen Film- und Audiovisionsbranche, befürwortet das neue Filmgesetz. Bei einem Nein würden alle Einnahmen der Streaminganbieterinnen weiterhin aus der Schweiz ins Ausland fliessen, hiess es in einer Mitteilung. (sda/cbe)


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