25.06.2019

Schleichwerbung

«Eine einheitliche Lösung ist für alle sinnvoll»

Wie muss Werbung bei Instagram, Facebook und Co. gekennzeichnet werden? Noch gibt es in der Schweiz dazu keinen Entscheid. Der Konsumentenschutz hat nun Beschwerde gegen Roger Federer und Co. eingereicht. Sieben Meinungen von Schweizer Influencer-Experten.
Schleichwerbung: «Eine einheitliche Lösung ist für alle sinnvoll»
Nicht alle Influencer deklarieren in den Sozialen Medien bezahlte Partnerschaften. Was sagen Influencer-Experten dazu? (Bilder: zVg./Pixabay/Daniela Grünenwald)
von Christian Beck

Roger Federer, Michelle Hunziker, Xenia Tchoumitcheva, Iouri Podladtchikov und Jolanda Neff – sie alle sollen Schleichwerbung machen und mit Werbeverträgen verdienen. Diesen Vorwurf macht ihnen der Konsumentenschutz und hat darum Beschwerde bei der Lauterkeitskommission eingelegt. Die fünf prominenten Schweizer wurden vom Konsumentenschutz exemplarisch ausgewählt, weil sie als Influencer* auf Plattformen wie Instagram, Facebook oder anderen ein Parfüm, eine Kleidermarke oder sonst ein Produkt ins Bild gesetzt haben, ohne dies als Werbung zu kennzeichnen. Der Konsumentenschutz fordert, dass Werbung künftig besser gekennzeichnet wird (persoenlich.com berichtete).

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Was sagen Schweizer Influencer-Experten zum Vorgehen des Konsumentenschutzes? Braucht es auf Social Media eine bessere Deklaration von bezahlter Werbung? Oder ist die Forderung zuviel des Guten?


Fabian Plüss
Co-Founder Kingfluencers und Jurypräsident Swiss Influencer Award

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«Wir verstehen diese Forderung. Kingfluencers setzt die Deklarierung der Beiträge schon seit fünf Jahren konsequent um. Ich denke, eine einheitliche Lösung ist für alle sinnvoll – sowohl für die Brands, da sie sich durch die Deklarierung auch vor internationalen Klägern schützen können, aber auch für die Influencer. Den Influencern kann man aber derzeit nichts vorwerfen, da die Gesetzeslage bis anhin sehr unklar war und es keine klaren Regeln oder einen Präzedenzfall in der Schweiz gibt. Die Influencer sollen ihre Posts aber kennzeichnen und die Community informieren, was sie tun und warum sie dies tun. Offenheit und Transparenz ist in dem Fall sympathischer als eine vermeintliche Schleichwerbung. Die Community ist ja auch nicht doof. Man kann ja auch kennzeichnen, wenn es keine bezahlte Partnerschaft ist und man einfach freiwillig für einen Brand arbeitet. Unnötig sind übertriebene auffällige Störer im Bild oder Video, so was ist auch international nicht nötig.»



Daniel Koss
CEO Yxterix, Influencer-Manager

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«In unseren Augen ist die Sachlage ganz klar: Um Konsumenten zu schützen und Werbung längerfristig glaubwürdig zu machen – was auch den Influencern zugutekommt –, muss Werbung transparent als solche gekennzeichnet werden. Von Werbung sprechen wir dann, wenn eine Person – ganz egal wie berühmt – für die Erstellung und Veröffentlichung eines Posts Geld oder eine geldwerte Leistung erhält. Als transparente Kennzeichnung verstehen wir auf Instagram und Facebook die Verwendung des von den Plattformen selbst zur Verfügung gestellten Tools, mit dem man Beiträge sehr klar als ‹bezahlte Partnerschaft mit X› kennzeichnen kann. Auf YouTube sollte die beworbene Marke klar als Werbepartner vorgestellt werden. Irrsinnig finden wir die Idee, dass absolut alle Markennennungen und Darstellungen von Produkten, auch wenn keine Werbepartnerschaft mit den Firmen dahinter besteht, als Werbung gekennzeichnet werden sollen. In Deutschland wurde die Idee der Transparenz so durchgesetzt. Dies hat schlussendlich dazu geführt, dass wirkliche Werbung überhaupt nicht mehr von angeblicher Werbung zu unterscheiden war.»



Cyrill Hauser
Chief Client Officer, Jung von Matt/Limmat

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«Ich verstehe die Forderung des Schweizer Konsumentenschutzes und unterstütze die Kennzeichnungspflicht. Alle Influencer-Kampagnen, die wir umsetzen, müssen von Influencern klar gekennzeichnet werden. Auf Instagram mit der offiziellen Funktion (bei verifizierten Profilen) oder aber mit Hashtags wie #ad, #sponsored oder #werbung. Das funktioniert im Rahmen von Kampagnen und einzelnen Posts sehr gut. Nehmen wir aber das Beispiel von Roger Federer. Klar fliesst im Rahmen eines übergreifenden Sponsoringvertrages Geld von Uniqlo für Marketingleistungen. Aber wohl kaum spezifisch für diesen einen Post, den er am 6. Mai publiziert hat. Bei diesem Post geht es primär um ihn als Person und nicht um die Kleidermarke. Müssen wir nun alle Logos von Bildern verbannen? Hoffentlich nicht. Ich appelliere an die Vernunft von Marken und Stars beziehungsweise Influencern. Denn: Banale Werbeposts, die inhaltlich schwach sind, bringen wenig und werden heute von Gen Y und Z gnadenlos enttarnt. Stimmt der Inhalt, stört sich der Konsument auch nicht daran, wenn ein Post bezahlt ist.»



Martin Steiger
Anwalt für Recht im digitalen Raum bei Steiger Legal, Zürich

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«Die Forderung, dass Werbung erkennbar sein muss, ist berechtigt und aus rechtlicher Sicht eine Selbstverständlichkeit. Schleichwerbung widerspricht dem lauterkeitsrechtlichen Trennungsverbot. Insofern muss Werbung auch bei Influencern erkennbar sein. Dazu dient insbesondere eine sichtbare Kennzeichnung mit ‹Anzeige› oder ‹Werbung›. Im Ergebnis zählt die Erkennbarkeit für das jeweilige Publikum. Man muss immer den Einzelfall beurteilen. Influencer können sich an den Grundsätzen der Lauterkeitskommission orientieren, auch wenn diese unverbindlich sind. Mit den vorliegenden Beschwerden hat die Lauterkeitskommission nun Gelegenheit, ihre Grundsätze anhand von praktischen Beispielen zu konkretisieren. Ich gehe davon aus, dass sich die Lauterkeitskommission auch an der deutschen Rechtsprechung orientieren wird. Ich frage mich allerdings, ob der Konsumentenschutz geeignete Beispiele gewählt hat. Die Beschwerden gegen Prominente sind zwar schlagzeilenträchtig, betreffen aber keine offensichtliche Schleichwerbung. Es dürfte beispielsweise jedem Fan von Roger Federer klar sein, dass es sich beim kritisierten Video um kommerzielle Kommunikation handelt. Letztlich ist Roger Federer mit seiner Präsenz in den Medien eine sympathische Dauerwerbesendung für zahlreiche Marken. In jedem Fall halte ich es für falsch, Influencer unter Generalverdacht zu stellen. Nicht jeder Beitrag, den ein Influencer veröffentlicht, ist automatisch Werbung.»



Markus Berger
Leiter Unternehmenskommunikation Schweiz Tourismus

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«Die Forderung des Konsumentenschutzes nach Transparenz ist richtig und nachvollziehbar. Aber ob dafür eine starre Regelung die beste Lösung ist, wage ich zu bezweifeln. Es sollte allerdings stets klar sein, dass die Person und die erkennbare Marke auf dem Bild in einer (kommerziellen) Beziehung stehen. So wie etwa Roger Federer und seine Bekleidungsmarke. Da ist die Beziehung allgemein bekannt, dies ist somit definitiv keine Schleichwerbung. Ein Influencer verliert seine Glaubwürdigkeit, wenn er bei seinen Posts nicht transparent macht, weshalb er über ein Produkt oder eine Destination schreibt. Und ohne Glaubwürdigkeit verliert er seine Community, seine wirtschaftliche Basis. Darum wird jeder seriöse Influencer stets darauf hinweisen, von wem er eingeladen wurde. Dazu braucht es keine zwingende ‹Advertising›-Kennzeichnung oder zusätzliche gesetzliche Regelungen.»



Irène Messerli
Co-Inhaberin/CEO Bernet Relations, Mitglied Vorstand BPRA

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«Seit vielen Jahren werden Meinungsmacher dafür bezahlt, dass sie Marken, Produkte zeigen. Mit Social Media nahmen Reichweite und Sichtbarkeit zu – die Nähe zum Konsumenten ist für Marken auf Instagram und Co. interessant und die Interaktion grösser. Ob man Konsumenten davor schützen kann, bezweifle ich, der Diskurs über Influencer-Werbung finde ich aber wichtig. Werden einzelne Beiträge extra zu Werbezwecken publiziert und fliesst dafür Geld, bringt eine Kennzeichnung dem Konsumenten Transparenz. Das steigert die Glaubwürdigkeit von Marken und Influencern. Ich glaube auch nicht, dass eine Kennzeichnung beim Konsumenten negativ auf die Marke, das Produkt einwirkt – eher im Gegenteil.»



Martin Faltl
Head of Research & Business Development Reachbird

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«Grundsätzlich sollte explizite Werbung auch in Social Media gekennzeichnet werden. Dafür stellen die Plattformen selbst Möglichkeiten zur Verfügung, wie beispielsweise Instagram mit der Option ‹bezahlte Partnerschaften›. Alternativ kann die Werbekennzeichnung sprachlich verständlich an den Anfang von Inhalten gestellt werden. Der konkrete Fall von Roger Federer zeigt jedoch, wie schwammig die Grenzen von Werbung sind. Er trägt lediglich die Kleidung seines Ausrüsters, ohne direkt darauf einzugehen, genau wie er das auch in einem Interview bei Turnieren tut, wo das nicht gekennzeichnet wird. Dass die Rechtsprechung hier alles andere als schlüssig und einheitlich ist, zeigt sich in Deutschland, wo in zwei getrennten Fällen, die prominente Influencer betreffen (Cathy Hummels und Pamela Reif), widersprüchliche Urteile gefällt wurden. Für die gesamte Branche ist es von höchster Bedeutung, dass endlich Klarheit von regulatorischer Seite geschaffen wird, damit alle Beteiligten auf einer sicheren rechtlichen Basis arbeiten können.»



* Als Influencer werden Personen bezeichnet, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in einer oder mehreren Internet-Plattformen als Träger für Werbung und Vermarktung in Frage kommen. In der Regel kassieren sie Werbe- oder Sponsorengelder und sind häufig Sportler oder Künstler. (sda)

 



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Kommentare

  • Rainer Kuhn, 26.06.2019 07:04 Uhr
    So ist dann in Zukunft jedes Sportstudio und jeder im Fernsehen oder in den Printmedien portraitierte Anlass als Dauerwerbesendung zu deklarieren, da dort konstant die Logos der Ausrüster zu sehen sind. Jedes Skirennen, wo die Skier im Zielraum sofort ausgezogen und in die Kamera gehalten werden. Jedes Siegerinterview. Auch Abseits der sportlichen Tätigkeit, wenn Shirts mit Logo auf dem Kragen getragen werden.
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