Mirjam Mathis, sind Sie ein Sportfan?
Ich schaue sehr gerne Sportarten, die aus einer Mischung von Sport und Kunst bestehen. Zum Beispiel Synchronschwimmen und Gymnastik. Auch Tennis und Beachvolleyball gefallen mir. Und natürlich interessiere ich mich als Zentralschweizerin für Skirennen. Aber ich bin allgemein kein grosser Sportfan.
«Ouvrons grand les Jeux» oder «Offene Spiele»: So lautet der Slogan der Olympischen Spiele, die am Freitag starten. Wie offen erleben Sie derzeit Paris?
Paris ist derzeit wortwörtlich sehr verschlossen. Die halbe Stadt ist abgeriegelt für die grosse Eröffnungszeremonie auf der Seine. Und auch im übertragenen Sinne gab es viel Kritik in den letzten Monaten, dass die Pariser Spiele nicht so inklusiv seien wie der Slogan. Zum Beispiel, weil Obdachlose aus dem Stadtzentrum entfernt wurden oder weil viele Metrostationen in der Stadt immer noch nicht hindernisfrei ausgebaut sind. Auch das Versprechen, die Bevölkerung werde gratis an der Eröffnungsfeier teilnehmen können, wurde nicht eingehalten, weil die Anzahl Besucher aus Sicherheitsgründen halbiert wurde. Aber es ist noch zu früh, Bilanz zu ziehen.
«Die Olympischen Spiele sind derzeit allgegenwärtig in Paris»
Spürt man in der Stadt schon etwas von der olympischen Begeisterung?
Die Olympischen Spiele sind derzeit allgegenwärtig in Paris. Bis vor Kurzem waren aber vor allem die negativen Auswirkungen zu spüren: Strassensperrungen und Baustellen «en masse». Seit ein paar Tagen kommt nun die festliche Dimension hinzu, mit Aktivitäten für die Bevölkerung und der olympischen Flamme, die durch Paris und die umliegenden Städte und Gemeinden zieht.
Paris ist zum dritten Mal Gastgeber der Sommerspiele. Spürt man den historischen Bezug zu den Spielen von 1900 und 1924 in der Stadt?
Die Spiele finden in historischen Gebäuden und darum herum statt, zum Beispiel im Grand Palais, der im Jahr 1900 eröffnet wurde, auf dem «Place de la Concorde» oder im Garten des Schlosses Versailles. Ausserdem sollen wie bei den Spielen von 1900 auch dieses Jahr Wettkämpfe in der Seine stattfinden – wo das Baden in den letzten 100 Jahren verboten war. Aber da die Spiele von 1900 als Nebenanlass der Weltausstellung in Paris nicht als Erfolg in die Geschichte eingingen, will man Parallelen wohl eher meiden.
Wie präsentiert sich bisher das Schweizer Team vor Ort?
Das Schweizer Team trudelt erst langsam ein und ist hier noch nicht sehr präsent. Aber es gibt einen Schweizer, der bei diesen Spielen eine wichtige Funktion hat abseits der Sportplätze: Der Waadtländer Laurent Michaud ist Direktor des Olympischen Dorfes und insofern verantwortlich für das Wohlbefinden aller Athletinnen und Athleten.
Wie wird sich Ihr Arbeitstag als Korrespondentin während der Olympischen Spiele verändern?
Ich werde in der nächsten Zeit wohl etwas weniger über Politik berichten – wenn die Forderung von Emmanuel Macron nach einem «politischen Waffenstillstand» während der Spiele akzeptiert wird. Aber in meinem Job ist sowieso kein Arbeitstag wie der andere, und ich gehe davon aus, dass es auch während der Olympischen Spiele so ist.
«Es ist eine spezielle Situation, auf einmal so viele Kolleginnen und Kollegen von SRF in der Nähe zu haben»
Welche besonderen Herausforderungen stellen sich Ihnen bei der Berichterstattung über ein so grosses Ereignis?
In erster Linie logistische. Wie komme ich am besten und schnellsten durch die Stadt? Wo kann ich eine Liveschaltung machen? An welcher Stelle muss ich anfragen für ein Interview? Die Organisation ist hochkomplex und Neuland für mich. Und es ist eine spezielle Situation, auf einmal so viele Kolleginnen und Kollegen von SRF in der Nähe zu haben.
Wie koordinieren Sie sich mit den Sonderkorrespondenten vor Ort und der Redaktion in der Schweiz? Wer hat den Lead?
Die SRF-Sportredaktion hat ein kompetentes Team vor Ort und ist im Lead. Wenn ich zum Beispiel eine Sportlerin interviewen möchte, koordiniere ich das primär mit der Sportredaktion. Die Themensetzung spreche ich aber mit den Kollegen der Newsredaktion in Zürich ab.
Figurieren Sie auch als eine Art Reiseführerin für Ihre SRF-Kolleginnen und -Kollegen aus der Schweiz?
Nein, meine Kollegen sind sehr gut organisiert und kennen die Welt der grossen Sportanlässe.
Wenn Sie persönlich während der Olympischen Spiele in einer Disziplin antreten könnten, welche wäre es?
Die Königsdisziplin 100-Meter-Lauf. Ich bin Meisterin im Sprint. Eine Disziplin, die ich fast täglich praktiziere: rennen, um einen Bus, Zug oder auch mal ein Flugzeug zu erwischen, ist mein Hobby.