19.02.2020

Chris von Rohr

«Medien haben versucht, Krokus kleinzumachen»

Der Rockstar aus Solothurn ist im Hoch: Seine Band Krokus hat soeben die internationale Abschiedstournee gestartet. Zudem stürmte der 69-Jährige Ende Jahr mit seiner Autobiografie die Sachbuch-Charts. Chris von Rohr über Mut, Musik und Medien.
Chris von Rohr: «Medien haben versucht, Krokus kleinzumachen»
Der Slogan «Meh Dräck» von Krokus-Gründer und Bassist Chris von Rohr wurde zum «Schweizer Wort des Jahres 2004» gekürt. (Bilder: zVg.)

Herr von Rohr, das Jahresende 2019 muss für Sie ein grosses Happening gewesen sein, Abschiedskonzert mit Krokus im ausverkauften Hallenstadion und erster Platz auf der Schweizer Bestsellerliste mit der eigenen Biografie. Was hat Sie mehr bewegt?
Nun, die Musik ist bei ihrer Ausübung viel angenehmer und bewegender als das Schreiben. Der Hallenstadion-Gig war gigantisch. Aber der Erfolg eines Nummer-eins-Buchbestsellers war für mich neu und daher grossartig. Es tröstete etwas über all die kargen Stunden am Schreibpult hinweg, genauer gesagt 2300 Stunden verlorene Lebenszeit.

Lassen darum so viele Stars ihre Biografien von bezahlten Ghostwritern schreiben?
Genau, und das merkt man dann auch beim Lesen. Du spürst den Menschen nicht gleich gut. Nur das Leben nachzuzeichnen, finde ich langweilig. Bei mir war immer der Ehrgeiz da, etwas Eigenes zu schaffen und auch stilistisch mit eigenen Wortspielereien, Metaphern oder Aphorismen ein Feuerwerk abzuliefern.

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Was war Ihr Motiv, dieses Buch zu schreiben?
Man schreibt oder musiziert, um geliebt zu werden und weil man es selbst liebt. Dazu wollte ich, dass meine Liebsten etwas haben, das sie in ferner Zukunft lesen und anschauen können, falls sie mehr über mich herausfinden wollen. Ich will nebst diversen Lebenstipps mit diesem Buch Lust, Freude, Leidenschaft vermitteln. «Himmel, Hölle, Rock ’n’ Roll» soll vor allem jungen Menschen Mut machen, ihren persönlichen Traum umzusetzen. Es ist möglich, auch wenns am Anfang unwahrscheinlich erscheint.

Am 27. März 1982 schaffte es Krokus zum ersten Mal, als Schweizer Band das Hallenstadion zu füllen, für Sie fast schon ein Erweckungserlebnis. Was ist der Unterschied zu heute?
Heute können wir es (lacht). Beim ersten Mal war die halbe Band krank oder übermüdet vom langen Touren. Wir haben schlechter gespielt, und verdient hat vor allem der Veranstalter. Diesmal konnten wir es auf allen Ebenen voll geniessen. Es war wirklich eine Punktlandung, was bei so einem Grossereignis nicht immer garantiert ist, besonders in der anfälligen Jahreszeit Dezember, wenn die halbe Schweiz am Rumseuchen ist.

Jetzt geht es noch nach Amerika auf Abschiedstournee. Was ist der Unterschied zu den Schweizer Konzerten?
Viele Amis können sich selbst, das Leben und oft auch die Bands mehr feiern. Aber es gibt natürlich auch hier magische Abende.

«Die Amis sind einfach die charmantesten Gangster auf Erden»

Bei Amerikanern müsse man immer auf der Hut sein, schreiben Sie. Haben Sie schlechte Erfahrungen gemacht?
Nur mit dem Management. Ohne zu verallgemeinern, aber die Amis sind einfach die charmantesten Gangster auf Erden. Da muss man schon hellwach sein, sonst ziehen sie dich über den Tisch. Gerade die braven, bescheidenen Schweizer sind das nicht gewohnt.

Wenn man Ihre Biografie liest, hat man den Eindruck, dass sich die Schweiz oder vor allem die Schweizer Medien oftmals mit dem Erfolg von Krokus in den Achtzigern schwergetan haben. Wie hat sich dies geäussert?
Gitarrist Fernando sagte es treffend: Wir sind der Stachel im Fleisch des Schweizer Kulturbetriebs. Gewisse Medien haben immer versucht, Krokus klein- oder schlechtzumachen. Man merkte es regelrecht: Es tat ihnen weh, nach einem erfolgreichen Konzert oder einem Nummer-eins-Album auch nur einen positiven Satz zu formulieren. Sie verstanden uns nicht. Wir waren ihnen zu unbekümmert, zu einfach und zu wenig unterwürfig. Dazu dachten wir immer international. Das war schlicht zu viel für die ewigen Tiefstapler und Kulturpessimisten.

Hat Sie das enttäuscht oder geärgert?
Am Anfang machten wir den Fehler, dass wir auch beim Feuilleton oder beim Staatsradio Anerkennung suchten – was natürlich ein Witz war, weil genau da die Leute sassen, denen unser Sound und unsere lustvolle Lebenshaltung suspekt waren. Heute nehmen wir das lockerer und lassen die Stänkerer sogar gratis an unsere Shows, damit wir danach was zum Lachen haben. Die ganze Halle tobt, wir spielen in Topform, und am anderen Tag liest oder hört man: Krokus ausgepfiffen! Ist es da ein Wunder, dass der Beruf des Journalisten mittlerweile einen ähnlich guten Ruf hat wie der des Bankers oder Rockers: «Welcome to the club, amigos!»

War und ist der Neidfaktor hierzulande gross?
Der ist hier definitiv im Preis inbegriffen.



Letzte Woche starteten Krokus ihre Auslands-Abschiedtournee. Nächster Halt ist Ende März in England. Das letzte Konzert steigt am 10. Oktober in Los Angeles. Krokus-Sänger Marc Storace ist ab Freitag Gast in der TV24-Sendung «Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert».

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Das ausführliche Interview mit Chris von Rohr finden Sie in der aktuellen Ausgabe von «persönlich». Dort spricht er auch über Höhe- und Tiefpunkte seiner Karriere, sein Rezept zum Glücklichwerden und Christoph Blocher.


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