07.01.2022

Stefan Forster

«Mir sind drei Drohnen geschmolzen»

Mit seinen Luftaufnahmen fasziniert er Menschen auf der ganzen Welt: Der Ostschweizer Fotograf und Filmemacher Stefan Forster gilt als Spezialist für Drohnenaufnahmen. In seiner neuen Multivisionsshow präsentiert der 35-Jährige die Welt aus der Vogelperspektive.
Stefan Forster: «Mir sind drei Drohnen geschmolzen»
«Meine Multivisionsshow hat mit einem klassischen Diavortrag nichts mehr gemeinsam», so Stefan Forster, Fotograf und Filmemacher aus Diepoldsau. (Bilder: Stefan Forster)
von Christian Beck

Herr Forster, wenn Sie ein Tier sein könnten, wären Sie gerne ein Vogel?
Für mich ist die Freiheit das wichtigste Gut meines Seins. Ich wäre deshalb definitiv ein Adler. Hinfliegen, wo mich der Wind hintreibt.

Was fasziniert Sie an der Welt von oben?
Ich bin seit jeher fasziniert von Satellitenbildern. Ich könnte tagelang mit Google Earth über unsere Welt fliegen und nach einzigartigen Mustern und Farben suchen. Da ich als Reiseleiter, Fotograf und Filmemacher seit 15 Jahren regelmässig in dieselben Länder reise, kam dann relativ schnell der Wunsch nach einer neuen Perspektive auf. Die ursprünglichen Flugzeug- und Hubschrauber-Charter hatten alle gemeinsam, dass sie einerseits extrem kostspielig waren und ich andererseits nicht dann in der Luft sein konnte, wenn das Licht optimal war. Mit der Etablierung von grossen Kameradrohnen hat sich das dann sehr schnell geändert.

«Die Welt von oben» – so heisst auch ihr neuster Vortrag. Was werden die Zuschauenden zu sehen bekommen?
Meine Multivisionsshow hat mit einem klassischen Diavortrag nichts mehr gemeinsam. Während rund 2 Stunden und 20 Minuten präsentiere ich dem Publikum mit Livekommentar einzigartige Filme und Fotos unserer schönen Erde aus der Luft. Gespickt mit spannenden Geschichten und Hintergrundinformationen reise ich mit den Zuschauern durch 14 Länder und zeige ihnen die Welt aus Perspektiven, wie man sie bislang nur selten gesehen hat.

«Ich würde nie vollständig auf Drohnen umsteigen»

Sie sind bekannt für Ihre Drohnenbilder. Fotografieren Sie mittlerweile mehr von oben als von unten?
Ich kämpfe ehrlich gesagt immer ein bisschen dagegen an, dass ich als der «Drohnenfotograf» bezeichnet werde, da ich genau so viel Herzblut in meine Bodenfotografie stecke, wie in die Drohnenfotografie. Auch kommt ein erheblicher Teil meines Umsatzes von der herkömmlichen Fotografie. Dies hat sich jedoch in den letzten Jahren, als ich mit dem Drohnenfilmen begonnen habe, massiv geändert. Mit Grosskunden wie BBC, Netflix, Google, LG et cetera macht das Drohnensegment – davon zirka 90 Prozent Filme – mittlerweile meinen grössten Arbeitsbereich nebst dem Reisebüro für Fotografen aus. Aber um auf die Frage zurückzukommen: Ich würde nie vollständig auf Drohnen umsteigen und probiere immer noch, den grössten Teil vom Boden aus zu fotografieren, weil ich die Orte ja mit meinen eigenen Augen sehen möchte.

Sie erwähnen es: Sie arbeiten als Drohnen-Operator für BBC, Netflix, Google, Samsung und weitere. Wie kommen Sie zu solchen Aufträgen?
Bei mir hat alles mit YouTube begonnen. Ich habe das Glück, durch mein Reisebüro spezielle Expeditionen anbieten zu können und so an Orte zu reisen, wo man allein kaum hinkommt. Dort konnte ich seltene Drohnenaufnahmen machen, welche ich dann über YouTube publizierte und später von Talentscouts von BBC und Co entdeckt wurden.

Ihre Bilder werden ausserdem gedruckt in Geo, Animan oder National Geographic. Was empfinden Sie, wenn Sie ein eigenes Bild in einem Magazin sehen?
Als Berufsfotograf und Filmer empfinde ich nicht mal unbedingt den erwarteten Stolz, sondern mehr eine Erleichterung, denn wer das beruflich macht, muss schlicht einige Male im Jahr publizieren können. Ansonsten ist man weg vom Fenster.

Sie gehören zu den besten Drohnenfotografen weltweit. Was macht Sie besser als andere?
Das ist eine schwierige Frage, da ich mich nicht über andere stellen kann und werde. Ich denke, wichtig ist in diesem Berufsfeld einfach, dass man mit der verwendeten Technik immer einen Schritt voraus ist und Aufnahmen von Orten liefert, welche grad den Nerv der Zeit treffen – Klimawandel, Naturschutz et cetera.

«Mir gelang als Junge eine seltene Aufnahme eines Kugelblitzes»

Zur Fotografie fanden Sie aber eher durch Zufall …
Ja, mir gelang als Junge bei meinen täglichen Gewitter-Fotografie-Abenden eine seltene Aufnahme eines Kugelblitzes. Ich wusste selbst gar nicht, was ich da fotografiert habe, bis mir Wissenschaftler mitteilten, was ich da Einmaliges fotografieren konnte. Spannender war jedoch, diesen Kugelblitz mit eigenen Augen sehen zu können.

Damals waren Sie 18. Hatten Sie bereits eine Lehre begonnen – oder welchen Berufswunsch haben Sie verfolgt? 
Ich zählte aufgrund meiner vielen Interessen zu jenen Jugendlichen und jungen Männern, die nicht wussten, was sie später einmal werden wollten. Deshalb entschied ich mich für eine Lehre als Mediamatiker. Während dieser Lehre fand ich dann zur Fotografie, welche mich danach zu dem brachte, was ich jetzt bin.

Mittlerweile reisen Sie seit 15 Jahren um die Welt. Teilweise müssen Sie mehrmals ein Land bereisen, bis Ihnen gute Bilder gelingen. Gibt es ein Leben ausserhalb der Fotografie?
Ja, zum Glück gibt es das – und es könnte normaler gar nicht sein. Ich wohne mit meiner Frau Iris und meinem sieben Jahre alten Sohn Simon in Diepoldsau im Rheintal. Die Schweiz ist meine Insel, wo ich meist komplett fotografie- und drohnenfrei leben kann und mich körperlich fit halte für kommende Expeditionen.

Und nach Expeditionen hören Sie nicht selten den Vorwurf, es sei eh alles nur «Photoshop». Schmerzen solche Aussagen?
Nicht mehr so wie früher. Ich kann das so oft erklären, wie ich will. Wenn mir jemand, der von der Materie nicht viel bis gar nichts versteht, dies vorwirft, bringt es im Endeffekt nichts, Energie aufzuwenden, um ihn oder sie vom Gegenteil zu überzeugen. Es ist im Leben wichtig, sich auf jene Leute zu konzentrieren, die meine Arbeit nachvollziehen können und den Aufwand dahinter erkennen. Bei Vorträgen – wie dem kommenden – kann ich den Menschen einen Einblick in mein Schaffen vermitteln. Dieser Einblick ändert deren Ansichten meist komplett.

Aber wie «echt» sind die Bilder, die Sie zeigen?
Wie bereits erwähnt, reise ich sehr oft an dieselben Orte – und das über Jahrzehnte hinweg. Wenn nach vielen Jahren und vielen Dutzend Malen, die ich morgens um 5 Uhr an einen Ort gehe und in der Kälte auf den Sonnenaufgang warte, dann einmal ein unglaubliches Licht herrscht, dann sind heute halt viele schnell davon überzeugt, dass es nicht echt ist. Vor allem, wenn man in einem Buch oder in einer Galerie gleich Dutzende solcher Bilder zeigt. Die rund 350'000 Bilder auf meiner Festplatte, bei denen das Licht nicht passte, es regnete oder schlicht langweilig war, publiziere ich ja nicht. Würde ich das tun, wäre die Glaubwürdigkeit sicherlich besser.

«Das war das Eindrücklichste, was ich im Leben je sehen durfte»

Was fotografieren Sie eigentlich am liebsten?
Eis, Gletscher, Flussläufe, Wälder, Wüsten, Bären, Pumas, Küsten – also fast alles.

Als Sujet beliebt sind auch Vulkane. Erst Drohnen haben es möglich gemacht, spektakuläre Bilder zu schiessen. In jüngster Zeit sieht man auch von anderen Drohnenpiloten gute Videos, wie beispielsweise von Joshua Turner. Woher kommt diese Faszination, über einen Vulkan zu fliegen?
Der Fagradalsfjall in Island war in vielerlei Hinsicht ein Ausnahmevulkan. Er war klein, ungefährlich, stabil aktiv, und man konnte bis auf wenige Meter an die Lava und anfänglich gar an die Caldera heranwandern. Es gab Anfang 2021, als der Vulkan ausbrach, nicht viele Aufnahmen von Vulkanen, die so nahe und so detailliert möglich waren, weil die meisten Vulkane gefährlich und unerreichbar waren. Ich persönlich war viel faszinierter davon, während der ersten zwei Wochen des Ausbruchs einfach nur dazustehen oder dazusitzen und den Vulkan so nahe erleben zu können. Das war das Eindrücklichste, was ich im Leben je sehen durfte.

vulkan

Jüngst hat ein Pilot seine Drohne im Vulkan versenkt. Was ist das Schlimmste, das Ihnen je passiert ist?
Es hat nicht nur ein Pilot seine Drohne im Vulkan versenkt – es waren hunderte. Der Drohnenshop in Reykjavik hat seine Umsätze vom März bis Dezember 2021 aufgrund des Vulkans um ein Vielfaches steigern können. Jeder kaufte eine Drohne, und viele unterschätzten die starken Winde in Island und stürzten ab, weil sie nicht mehr zum Startpunkt zurückkamen. An einem Abend sah ich gar drei Leute ihre Drohnentasche leer einzupacken. Mir sind drei Drohnen geschmolzen und eine abgestürzt, weil ich schlicht zu nahe – einen Meter – an den Hauptvulkan und die spritzende Lava hingeflogen bin. Die drei geschmolzenen Drohnen fliegen noch immer, sind aber optisch eher mit einem Raclettekäse zu vergleichen.

Wie aufwendig ist es, bis Sie jeweils eine Drohne steigen lassen können? In der Schweiz braucht es Bewilligungen für solch schwere Geräte.
Ich hatte den Vorteil, dass ich sehr früh mit dem Drohnen-Business begonnen habe. Die ersten Jahre war es wie im Wilden Westen. Ich konnte ohne Permits oder Ausbildung fliegen, wie ich wollte. Auch jetzt ist in der Schweiz die Situation sehr schwammig, und im Gegensatz zu unseren umliegenden Ländern können wir hier noch sehr viel machen. Ich habe aber auch den grossen Drohnen-Führerschein für die EU sowie viele Spezialpermits, welche ich über meine Auftraggeber erhalten habe.

Viele schöne Bilder sind Ihnen bereits gelungen. Von welchem Bild träumen Sie noch?
Im Gegensatz zu vielen Fotografen, die nach dem Erstellen einer einmaligen Aufnahme eine grossartige Geschichte dazu erzählen, wie lange sie das geplant hätten, bin ich so ehrlich zu sagen, dass ich mich vom Licht und der Natur leiten lasse. Schlussendlich ist die Planung das Ein und Alles, aber die Natur muss auch noch mitspielen. Aber mit jedem Mal, wo der Wecker morgens um 3.30 Uhr losgeht und man sich stundenlang an einen Ort «kämpft», steigt die Chance für eine solche Aufnahme ein bisschen mehr.



Die Multivisionsshow «Die Welt von oben» von Stefan Forster startet am 8. Januar in Luzern und tourt durch die ganze Schweiz. Infos und Tickets finden Sie hier.



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