24.04.2009

Pirate Bay

Schwedisches Bündnis unterstützt Online-Piraten

Angeklagte erhalten Gratis-Anwalt und Geld.

Die Verurteilung der vier Betreiber der Torrent-Webseite The Pirate Bay hat in Schweden eine heftige Diskussion über die Anti-Piraterie-Strategie der Unterhaltungsindustrie vom Zaun gebrochen. Um Privatpersonen bei drohenden Klagen besser unterstützen zu können, wurde nun ein eigener Fonds ins Leben gerufen.

Dieser soll mutmassliche Online-Piraten nicht nur durch einen kostenlos zur Verfügung gestellten Rechtsbeistand unter die Arme greifen, sondern auch mit finanziellen Geldmitteln in Höhe von 50'000 bis 100'000 schwedischen Kronen (rund 4'600 bis 9'200 Euro) pro Fall versorgen. "Bei Strafrechtsfällen stellen wir dem Angeklagten gratis einen Verteidigungsanwalt zur Seite. Dies gilt aber nicht für zivile Verfahren", so Maria Ferm, Mitglied der Grünen-Partei Schwedens und Mitinitiatorin des geplanten Fonds, gegenüber der nationalen Tageszeitung Dagens Nyheter.

Wie Ferm erklärt, sei der aktuell angekündigte Fonds lediglich ein Bestandteil eines grösser angelegten "Integritätsbündnisses", das sich aufgrund der zunehmend verschärften Rechtssprechung in Urheberrechtsangelegenheiten in Schweden gebildet habe. Mitinitiatoren des Bündnisses sind neben Ferm selbst auch Lage Rahm, ein weiterer Grünen-Politiker, und Peter Sunde, einer der erst kürzlich zu einem Jahr Gefängnisstrafe verurteilten Pirate-Bay-Betreiber.

"Wenn multinationale Plattenlabels und Musikkonzerne individuelle Personen verklagen können, ergibt sich ein sehr unausgeglichenes Mächteverhältnis. Unser Bündnis sieht hier ein grosses Risiko, dass die Beschuldigten sich durch die übermächtigen Kläger einschüchtern lassen und klein beigeben", kritisiert das Trio. Mit dem geplanten Fonds wolle man zumindest dafür sorgen, dass die Betroffenen einen ordentlichen Rechtsbeistand zur Verfügung gestellt bekommen.

Hintergrund des Zusammenschlusses ist laut Ferm aber nicht nur das Urteil im Fall der Torrent-Webseite, sondern vor allem auch das neue Anti-Piraterie-Gesetz, das am 1. April in Schweden in Kraft getreten ist. Unter den neuen Bestimmungen haben Rechteinhaber nun die Möglichkeit, die Internetprovider mithilfe einer richterlichen Befugnis zur Auskunft über die Identität von mutmaßlichen Online-Piraten zu zwingen. Seitdem das auf der Intellectual Property Rights Enforcement Direktive (IPRED) der Europäischen Union basierende Urheberrechtsgesetz gilt, ist der Online-Datenverkehr in Schweden um rund 30 Prozent zurückgegangen (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/090403016/). Während sich das neu formierte "Integritätsbündnis" stärker für die Rechte mutmasslicher Online-Piraten einsetzen will, sorgt bereits eine neue Meldung im Pirate-Bay-Fall für Aufsehen. So hat ein schwedischer Radiosender aufgedeckt, dass der vorsitzende Richter des Verfahrens eingetragenes Mitglied in zwei Urheberrechts-Organisationen ist, denen auch einige Vertreter der Anklage angehören. Kritiker des Urteils orten nun eine Befangenheit des Richters und fordern, dass der Prozess gegen die Betreiber der schwedischen Torrent-Seite noch einmal neu aufgerollt werden muss. (pte)


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