27.11.2008

Suchtklinik

Zwanghafte Videogamer sind nicht süchtig

Problem eher sozial als psychologisch

Zwanghafte Videospiel-Nutzer sind keine klassischen Süchtigen. 90 Prozent der jungen Leute, die sich aufgrund von übermässigem Computerspielkonsum in Behandlung begeben, sind nicht von den Games abhängig. Zu diesem Schluss kommt Keith Bakker, der Gründer und Chef der ersten und einzigen europäischen Suchtklinik für Videospielabhängige. Das Smith & Jones Centre Amsterdam hat seit der Öffnung 2006 hunderte Jugendliche behandelt und beginnt nun seine Therapiemethoden zu verändern, berichtet BBC Online.

Die Ärzte hätten erkannt, dass es sich bei zwanghaften Videospielen eher um ein soziales als um ein psychologisches Problem handle. Mit traditionellen Abstinenz-basierten Behandlungsmethoden erzielte die Klink vor allem gute Erfolge bei Personen, die zusätzlich noch ein anderes Suchtverhalten wie Alkohol- oder Drogenmissbrauch aufwiesen.

Bakker glaubt allerdings, dass diese Art der Suchterkrankung nur zehn Prozent der Gamer betrifft. Die anderen 90 Prozent, die mehrere Stunden täglich mit Spielen verbringen, bedürfen seiner Ansicht nach einer anderen Behandlung. Was die Kinder wirklich bräuchten, seien ihre Eltern und Lehrer, es handle sich um ein soziales Problem.

Für den Klinik-Chef Bakker ist das Gaming-Problem auf die heutigen Gesellschaftsstrukturen zurückzuführen. 80 Prozent seiner Patienten seien zuvor in der Schule gehänselt worden und fühlten sich in irgendeiner Weise isoliert. Viele der Symptome können laut Bakker bekämpft werden, wenn die Jugendliche zu einer traditionellen Form von Kommunikation zurückkehren. Sobald sich die Betroffenen akzeptiert fühlen und ihnen jemand zuhört, ist die grosse Mehrheit in der Lage, das zwanghafte Spielen hinter sich zu lassen.

Was jüngere Videospielsüchtige betrifft, setzt die Klinik vor allem auf Intervention. Manchmal ist es nach Ansicht der Experten schlichtweg notwendig, ein Kind vom Computer fernzuhalten und zumindest für eine Zeit die Spiele wegzusperren, bis eine geregelte Nutzung wieder möglich ist. Bei Smith & Jones wird ausserdem die Meinung vertreten, dass der Griff zu gewalttätigen Games meist auf eine Vorprägung zurückzuführen ist und die Kinder nach einem Weg suchen, bereits bestehende Aggressionen auszuleben. (pte)


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