Herr Bachmann, die Initiative «Kinder ohne Tabak» ist am Sonntag mit 56,6 Prozent angenommen worden. Wie gross ist die Enttäuschung?
Die ist natürlich da. Wie immer, wenn man nicht überzeugen kann. Wir werden jetzt zunächst überprüfen, wieso es nicht gelungen ist, den Stimmbürgerinnen und -bürgern aufzuzeigen, dass es die Initiative nicht gebraucht hätte, weil das neue Tabakproduktegesetz die Anliegen der Initiantinnen und Initianten bereits erfüllt. Persönlich hat mich enttäuscht, dass die Initiative nicht zurückgezogen wurde, nachdem das Parlament die meisten deklarierten Anliegen aufgenommen hat. Jetzt kommt es zu einem faktischen Totalverbot für Tabakwerbung und nicht zu einem für Werbung, die sich nur an Kinder und Jugendliche richtet, wie die Initianten vorgaben, zu wollen.
Schon früh zeichnete sich ab, dass die Initiative gute Chancen beim Volk hat. Sie hofften, dass diese am Ständemehr scheitert. War das nicht der berühmte Griff nach dem Strohhalm?
Nein. Erstens gehört das Ständemehr zu den eidgenössischen politischen Abläufen und es ist richtig, dass es bei Initiativen erreicht werden muss. Zweitens war unsere Botschaft klar: Wer einen griffigen und zielgerichteten Jugendschutz will, ohne die Wirtschafts- und Informationsfreiheit zu torpedieren, sagt Ja zum Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament – und Nein zur Initiative. Leider haben die Initiantinnen mit ihrem Anliegen und Plakaten, die übrigens genau das darstellten, was sie verbieten wollen, mehr überzeugt.
In der Schlussphase des Abstimmungskampfs wurde die Agentur Kommunikationsplan engagiert (persoenlich.com berichtete). Haben Sie zu spät reagiert?
Die Agentur Kommunikationsplan wurde schon früh engagiert und hat gute Arbeit geleistet. Der Abstimmungstermin im Februar ist immer schwierig, weil die Kommunikation erst nach den Weihnachtsferien richtig beginnen kann. Sie muss in einer extrem kurzen Zeit erfolgen.
«Da fehlt mir auch als Staatsbürger eine gewisse Redlichkeit»
Wenn Sie auf die Resultate schauen: Was fällt Ihnen auf?
Mir fällt auf, dass es Ja- und Nein-Stimmen im ganzen Land verteilt gibt, sicher eher mehr Nein-Stimmen auf dem Land als in städtischen Agglomerationen. Neben diesem mehr quantitativen Aspekt beunruhigt es mich, dass eine Vorlage Anklang findet, die mehr verlangt als sie verspricht. Abgesehen davon, dass es schon bis jetzt einen Kinder- und Jugendschutz gab, hat das Parlament das sehr legitime Anliegen des Jugendschutzes der Initiantinnen und Initianten im Tabakproduktegesetz aufgenommen und Werbung verboten, die sich an Kinder und Jugendliche richtet. Die Initiative zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, die zwar so heisst, geht aber viel weiter und führt de facto zu einem totalen Werbeverbot. Da fehlt mir auch als Staatsbürger eine gewisse Redlichkeit.
Eine Studie untersuchte die Wirksamkeit der Abstimmungsplakate. Dem Cervelat-Plakat fehlte es an Glaubwürdigkeit und einer überzeugenden Botschaft. Würden Sie es heute anders machen?
Das ist im Nachhinein schwer zu sagen. Die Kampagne führte auf jeden Fall zu einem wichtigen Diskurs. Und sie wollte aufzeigen, dass wir in einer Welt leben, in der die Politik immer leichtfertiger zu Verboten greifen will. Und meistens die Werbung prügelt, weil sie das Sachthema nicht lösen kann. Heute ist es Tabak, morgen etwas anderes. Im Parlament sind zahlreiche Vorstösse hängig, die in diese Richtung gehen. Das ist eine Entwicklung, die mich beunruhigt – und gegen die wir uns bei KS/CS Kommunikation Schweiz wehren werden. Denn eine gesunde Volkswirtschaft braucht Werbung, die Transparenz schafft.
In den letzten Tagen tauchte online plötzlich ein neues Sujet mit einem wütenden Rotstift auf. War das ein weiterer Versuch, die Stimmung noch zu kippen?
Nein, es gab keine Verzweiflungstaten, denn solche bringen erfahrungsgemäss nichts. Es war die gleiche Botschaft, einfach anders dargestellt.
Und nun, wie geht es politisch weiter? Wann wird die Initiative umgesetzt?
Die Initianten haben während dem Abstimmungskampf wiederholt versichert, dass sie nur Tabakwerbung einschränken möchten, welche sich an Kinder und Jugendliche richtet. Das Parlament ist aufgerufen, sich an dieser Vorgabe zu orientieren und die Initiative mit dem nötigen Augenmass umzusetzen. Dabei kann es sich auf das im Herbst 2021 verabschiedete neue Tabakproduktegesetz abstützen.
Und was bedeutet dies nun konkret für die Medien- und Kommunikationsbranche?
Die Werbewirtschaft muss die Bedeutung ihrer Arbeit für Konsumentinnen und Konsumenten noch klarer kommunizieren. Und auch aufzeigen, dass sie sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung schon heute sehr wohl bewusst ist. Dazu gehört auch ihre Tradition der Selbstregulierung. Wir müssen Sorge tragen zur Werbewirtschaft. Sie bietet auch viel jungen Menschen Raum für Kreativität und Entfaltung.