30.05.2003

Jost Wirz zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück

Jost Wirz (Bild), langjähriger Vorsitzender und Mehrheitsaktionär der Wirz-Gruppe, übergibt das operative Geschäft an die nächste Generation. Die Gruppe soll künftig auf zwei Beinen stehen: Corporate Communications einerseits, Marketing-Kommunikation andererseits. Im Interview mit "persönlich", das am Freitag erscheint, äussert sich der 61-Jährige erstmals zu diesen Schritten, aber auch zu schweren Zeiten und schlechter Presse. "persoenlich.com" bringt einen Ausschnitt:
Jost Wirz zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück

Herr Wirz, Ihr Rückzug aus dem operativen Geschäft kommt etwas überraschend. Warum?

Wer mich kennt, der weiss, dass ich nicht erst, seit ich letztes Jahr 60 geworden bin, darüber nachdenke, wie wir die Zukunft der Wirz-Gruppe auch führungsmässig sichern können. Mit neuen Leuten wie zum Beispiel Peter Strub, dem CFO der Gruppe, oder Geri Aebi, dem CEO der Wirz Werbung, fällt es mir nun leicht, die operative Führung der Gruppe gewissermassen der nächsten Generation zu übergeben. Sie, aber auch die beiden anderen Mitglieder der neuen Gruppenleitung, also Tobias Steger von der Wirz PR und Urs Binggeli von der Wirz Identity, haben alle bereits mehrfach bewiesen, dass sie auch in härteren Zeiten das Steuer in die Hand nehmen und richtungsweisende Entscheidungen treffen können.

Erfolgt dieser Rückzug wirklich ganz freiwillig?

Natürlich habe ich diese Frage erwartet. Aber Sie können mir glauben: Als Mehrheitsaktionär der Wirz Partner Holding, der ich ja nach wie vor bleibe, geht es mir einzig und allein um das Wohlergehen des Gesamtunternehmens -- und da macht nun mal ein Generationenwechsel auch auf Gruppenebene zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen Sinn. Im Übrigen bleibe ich ja weiterhin im Geschäft und werde mich als Vertreter des Verwaltungsrates der Holding noch mehr auf die Dinge konzentrieren, die mir besonders am Herzen liegen und mit denen ich der ganzen Gruppe auch in Zukunft am meisten bringen kann. Sprich: als Jost Wirz möglichst viele persönliche Kontakte wahrzunehmen und zu Gunsten unserer Unternehmen einzubringen.

Die Wirz-Gruppe ist in den letzten Monaten in die Schlagzeilen geraten. Warum, glauben Sie, schiesst sich die Presse so stark auf sie ein?

Die starke Marke Wirz und damit unsere gesamte Gruppe war jahrzehntelang in der Schweizerischen Kommunikationslandschaft fast so etwas wie der Inbegriff für Solidität, Fundiertheit und Professionalität. Wir waren der Solid Rock, der Felsen, der trotz aller Stürme unverrückbar in der Brandung steht. Vor diesem Hintergrund war es für die Medien ganz besonders attraktiv, am Lack von Wirz zu kratzen, als die ganze Branche im letzten Jahr immer stärker unter Druck kam und auch wir uns dieser Entwicklung nicht entziehen konnten, weil zum Teil ganze Geschäftsfelder plötzlich einbrachen. Aufgrund unserer Tradition und auch als Ausdruck unserer offenen Grundhaltung haben wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter laufend informiert. Nicht zuletzt deshalb, weil natürlich auch wir gezwungen waren, in einem vernünftigen Rahmen Stellen abzubauen. Diese Informationen führten denn auch zu entsprechenden Gerüchten. Kurz vor Weihnachten konnten wir schliesslich durch eine Kapitalaufstockung auf Holdingebene von drei Millionen Franken die Situation auch finanziell beruhigen.

Um das Bild der Spirale zu gebrauchen, wo steht Wirz heute?

Wir befinden uns in einer Stabilisierungsphase. Wir haben in den letzten Monaten die Voraussetzungen geschaffen, unser Schiff oder besser: unsere Flotte auf Kurs zu bringen. Dabei haben wir nebst der Führung auch die Gruppe selbst umstrukturiert, um sie analog zu den konzentrierten Kundenbedürfnissen auf zwei möglichst starke Beine zu stellen: Corporate Communications einerseits, Marketing-Kommunikation andererseits. Den einen Bereich deckt Wirz Corporate ab, die aus PR, Identity und Corporate Publishing besteht. Den anderen in erster Linie Wirz Werbung, wo Direct und Online Marketing dazukommen, die aber natürlich beide auch im Bereich Corporate Aufgaben übernehmen können.

Einige leitende Mitarbeiter haben in den letzten Monaten gekündigt, zum Beispiel Cary Steinmann und Thomas Ramseier.

Geri Aebi als Geschäftsleiter von Wirz Werbung wollte eine kleinere Geschäftsführung mit klareren Verantwortlichkeiten. In diesem Zusammenhang sind diese Abgänge zu sehen. Im Übrigen freue ich mich ganz besonders, dass es gerade unserem Stammhaus, der Wirz Werbung, nach einem sehr schwierigen Jahr 2002 auch wirtschaftlich wieder gut geht. Und dass wir auch kreativ nach wie vor zu den führenden Agenturen des Landes gehören, beweist beispielsweise auch der Platz drei der Wirz Werbung im aktuellen Kreativitäts-Ranking. Das geht in den ganzen Diskussionen manchmal fast ein bisschen vergessen.

Wie haben Sie persönlich diese schwierige Situation erlebt? Haben Sie bei der Konkurrenz Häme gespürt?

Eigentlich nicht. Zwar frotzelt die Branche gerne, aber bösartige Häme habe ich nicht gespürt.


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